Persönlichkeitsbildung: Warum bin ich so?

Deine Art zu sein, ist einzigartig. Es gibt keinen anderen Menschen wie dich. Aber warum bist du so, wie du bist? Prägen einzig und allein Erziehung und Genetik deine Persönlichkeit? Oder gibt es auch andere Einflussfaktoren und Veränderungsmöglichkeiten?
Persönlichkeitsbildung: Warum bin ich so?
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 18. Oktober 2022

Warum bin ich so, wie ich bin? Bin ich das Ergebnis meiner Umstände, hat mich meine Familie zu der Person gemacht, die ich jetzt bin? Die meisten von uns stellen sich diese Fragen irgendwann im Leben. Der Biologe Julian Huxley erklärt, dass die Vielfalt der individuellen Persönlichkeiten so groß, komplex und wunderbar ist, dass sie unserer Welt wahre Schönheit verleiht.

Manchmal ist das Zusammenleben jedoch schwierig, da unsere Persönlichkeit mit anderen kollidieren kann. Manche Menschen fühlen sich sogar durch ihre eigene Wesensart eingeschränkt. Nicht jeder ist mit seinem Persönlichkeitstyp zufrieden und so manche setzen sich zum Ziel, bestimmte Eigenschaften zu verstärken und andere abzulegen. Ist das  tatsächlich möglich? Können wir unseren Charakter ändern?

In der Psychologie werden diese Aspekte schon seit Jahrzehnten untersucht. Carl Gustav Jung weist in seinen Werken darauf hin, dass die Persönlichkeit die höchste Verwirklichung der angeborenen Eigenart eines Lebewesens ist. Diese Dimension vereint mehrere Faktoren, die von genetischen, umweltbedingten, erfahrungsbedingten bis zu motivierenden Aspekten reichen. Wir analysieren sie im Folgenden.

Persönlichkeitsbildung: Warum bin ich so?

Warum bin ich so? Faktoren, die unsere Persönlichkeit prägen

Wir suchen kausale Ursachen auf die Frage: “Warum bin ich so, wie ich bin?” Oft vergessen wir allerdings, dass wir in gewisser Weise auch selbst dafür verantwortlich sind. Zum Beispiel in der Art, wie wir reagieren und unsere Realität interpretieren. Jeder Mensch hat die Möglichkeit, sich zu verändern, kleine Eigenschaften zu variieren, um sich besser an die Umwelt anzupassen und sich glücklicher und zufriedener zu fühlen.

In der Psychotherapie kann oft beobachtet werden, dass Menschen ihre Persönlichkeit und ihr Verhalten auf ihre Erziehung zurückführen. Natürlich haben die Eltern und das Umfeld einen wichtigen Einfluss, doch auch andere Aspekte dürfen nicht unterschätzt werden. Wie Dr. Nick Haslam, Professor für Psychologie an der Universität von Melbourne und Persönlichkeitsexperte, betont, können wir alle bestimmte Aspekte verbessern und heilen, um ein stärkeres und gesünderes Profil zu erreichen.

Denn die Persönlichkeit ist nicht definitiv oder unveränderbar. Tatsächlich zeigen Studien wie die von Dr. Nathan Hudson an der Universität von Illinois, dass wir einige der Merkmale, die in der bekannten Big-Five-Theorie der Persönlichkeit definiert werden, verändern können. Es handelt sich um folgende fünf Aspekte: Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus.

Die Wechselwirkung zwischen Biologie und Umwelt

Sowohl die Genetik als auch das Umfeld, in dem wir aufwachsen, beeinflussen die Bildung unserer Persönlichkeit. Unsere Umgebung, unsere Kommunikationsgewohnheiten und die Beziehung zur Familie sowie Bildungseinrichtungen, Erfahrungen, erhaltene Zuneigung und sozioökonomische Variablen prägen unsere Persönlichkeit.

Auch können wir so wichtige Aspekte wie Ernährung, körperliche Gesundheit und neuropsychologische Entwicklung nicht außer Acht lassen.

Unsere Erfahrungen und die Art und Weise, wie wir sie interpretieren

Gordon Allport, einer der großen Vertreter der Persönlichkeitsforschung, erklärt in seinen Werken, dass die Persönlichkeit sehr komplex ist und deshalb nicht in eine begriffliche Zwangsjacke gesteckt werden kann. Doch nur wenige Dinge interessieren uns mehr als der Versuch, sie zu definieren und zu verstehen.

Die Frage “Warum bin ich so?” ist deshalb so schwierig, weil wir alle Erfahrungen, Erlebnisse, Ängste, Verluste, Schmerzen und Freuden, Erziehung, Umfeld sowie viele andere Aspekte berücksichtigen müssen, um eine Antwort zu finden. Doch noch viel mehr beeinflusst uns die Art und Weise, wie wir unsere Realität interpretieren.

Warum bin ich so? Charakter, Temperament und Intelligenz

Hans J. Eysenck war ein englischer Psychologe, der sein ganzes Leben der Erforschung der Persönlichkeit widmete. Ihm zufolge wurde die Persönlichkeitsstruktur durch folgende drei Bereiche definiert:

  • Charakter, der durch die Erziehung, den kulturellen Kontext und das Umfeld, in dem wir aufwachsen und uns entwickeln, bestimmt wird.
  • Temperament, das mit unserer Biologie und mit Gehirnprozessen im Zusammenhang steht (Neurotransmitter  beeinflussen die Extrovertiertheit, Introvertiertheit, Impulsivität usw.).
  • Intelligenz, der kognitive Faktor, der nicht nur unser Potenzial zeigt, sondern auch unsere Persönlichkeit formt.
Mann stellt sich die Frage: Warum bin ich so?

Warum bin ich so? Konzentriere dich auf deine Motivationen

In einem Artikel, den Dr. Carol Dweck in der American Psychological Association (APA) veröffentlichte, weist sie auf etwas Interessantes: Unsere Persönlichkeit orientiert sich eher an unseren Motivationen (Bedürfnisse und Ziele). Das bedeutet, dass Menschen nicht durch feste, unveränderliche Eigenschaften definiert werden.

In gewisser Weise ist diese Idee eine Kritik am klassischen Big-Five-Modell (Goldberg 1993). Die Psychologie orientiert sich heute mehr an der Vorstellung, dass wir alle in unser menschliches Wachstum investieren und bestimmte Dimensionen verändern können, um Wohlbefinden zu erreichen.

Es hängt alles von unseren Motivationen und Bedürfnissen ab. Wenn du dich zum Beispiel durch deine Unsicherheit und Schüchternheit eingeschränkt fühlst, kannst du daran arbeiten, um selbstbewusster und offener zu werden.  Veränderung ist immer möglich.


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  • Hudson, N. W., & Chris Fraley, R. (2015). Volitional personality trait change: Can people choose to change their personality traits? Journal of Personality and Social Psychology109(3), 490–507. https://doi.org/10.1037/pspp0000021

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