Peritraumatische Risikofaktoren: Was ist das?

Warum sind manche Personen in der Lage, traumatische Situationen zu überwinden, während andere eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln?
Peritraumatische Risikofaktoren: Was ist das?
Gorka Jiménez Pajares

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Gorka Jiménez Pajares.

Letzte Aktualisierung: 25. Februar 2023

Warum entwickeln manche Menschen nach traumatischen Situationen eine posttraumatische Belastungsstörung und andere nicht? Peritraumatische Risikofaktoren spielen in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle, denn sie fassen die wahrgenommene Belastung und die Umstände zum Zeitpunkt des Traumas zusammen.

Zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) kommt es, wenn die Person die Traumaschwelle überschreitet (Belloch 2020), da sie von der traumatischen Situation überrollt wird. Erfahre anschließend mehr über dieses Thema.

“Vielleicht ist der Verstand viel mächtiger, als uns bewusst ist, und isoliert negative Gedanken und traumatische Erinnerungen.”

Armando Rodera

Peritraumatische Risikofaktoren: Was ist das?
Im Zusammenhang mit einer posttraumatischen Belastungsstörung ist die Einstellung und Wahrnehmung des traumatischen Ereignisses wesentlich.

Posttraumatische Belastungsstörung – eine Annäherung

Ich lebe gefangen in meinen Gedanken und habe Angst vor dem, was mir angetan wurde. Jeden Tag fühle ich mich wieder verletzt. Es ist, als würde es nie enden. Jedes Mal, wenn ich das Geräusch eines Schlüssels höre, denke ich, dass mich ein Einbrecher töten wird. Wenn ich diesen Geruch wahrnehme, denke ich sofort an das traumatische Ereignis. Diese und ähnliche Gedanken definieren Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Lebensbedrohliche und stark belastende Ereignisse prägen sich manchmal tief ein und belasten die Seele. Der kleinste Reiz, der mit der traumatischen Erfahrung im Zusammenhang steht, führt zu intensiven Schmerzen. Betroffene erleben Flashbacks, in denen sich das Ereignis erneut wiederholt, so, als ob es gerade jetzt passieren würde. Dies führt dazu, dass sie sich gelähmt fühlen, Ängste entwickeln und mit Vermeidungsverhalten reagieren.

Außerdem beobachten sie ihre Umgebung ständig: Das kleinste Geräusch oder Anzeichen für Gefahr lässt sie aufschrecken. Die posttraumatische Belastungsstörung hat ernste Auswirkungen auf den Alltag der betroffenen Menschen (WHO 2021) und kann sie monatelang gefangen halten.

“Angstzustände, Albträume und Nervenzusammenbrüche. Es gibt nur so viele Traumata, wie ein Mensch ertragen kann, bevor er auf die Straße geht und anfängt zu schreien.”

Cate Blanchett

Peritraumatische Risikofaktoren

Traumatische Verletzungen zerreißen Geist und Seele. Es sind die gewaltreiche Erfahrungen mit starken emotionalen Nachwirkungen, welche die Gegenwart und Zukunft beeinträchtigen und Betroffene in ihrer Hoffnungslosigkeit gefangen nehmen.

In diesem Sinne sind peritraumatische Risikofaktoren eine Ansammlung von Elementen, die erklären, warum manche Menschen angesichts desselben traumatischen Ereignisses eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln und andere nicht. Es handelt sich unter anderem um folgende Faktoren (Belloch, 2020):

  • Wenn eine Person zum Zeitpunkt eines traumatischen Ereignisses emotional unstabil ist, ist die Wahrscheinlichkeit einer PTBS größer.
  • Angesammelter Stress durch Missbrauch begünstigt die Entwicklung einer PTBS ebenfalls.
  • Ein weiterer Risikofaktor ist eine schwache Bindung zu Familie oder Freunden und die fehlende Unterstützung in schwierigen Situationen.
  • Mangelnde Anpassungsfähigkeit, Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit machen eine PTBS ebenfalls wahrscheinlicher.
  • Außerdem beeinflussen die Dauer und Häufigkeit der traumatischen Erfahrung die Entwicklung einer PTBS.
  • Wenn Personen das Trauma auslösen, ist die Gefahr für eine PTBS größes, als wenn es sich um ein Naturereignis (wie etwa ein Erdbeben) handelt.
  • Die Kontrolle, welche die betroffene Person über das Ereignis hat, bestimmt ebenfalls die Wahrscheinlichkeit für eine PTBS.
  • Ein weiterer peritraumatischer Risikofaktor ist die Schwere des Traumas.
  • Soldaten, die sich gezwungen sehen, andere Menschen zu töten, oder den Tod eines Kameraden erleben, sind besonders gefährdet, eine PTBS zu entwickeln.
  • Reagiert die Person während des Ereignisses mit dem Abwehrmechanismus der Dissoziation, ist die Gefahr einer PTBS ebenfalls erhöht.
Mann denkt über peritraumatische Risikofaktoren nach
Peritraumatische Risikofaktoren erklären zumindest teilweise, warum manche Menschen eine PTBS entwickeln und andere nicht.

Wie wir gesehen haben, gibt es ein ganzes Bündel von peritraumatischen Risikofaktoren. Sie beziehen sich also auf das, was “während des traumatischen Ereignisses” passiert und erklären zu einem großen Teil, warum manche Menschen die Störung entwickeln und andere nicht.

In diesem Sinne muss mehr geforscht werden, wie man die Entwicklung der Störung verhindern kann, indem man in diese Variablen eingreift, denn ihre Stärkung kann den Unterschied zwischen PTBS oder nicht machen.

“Das Unglück ist nie rein, ebenso wenig wie das Glück. Ein Wort erlaubt es, eine andere Art zu organisieren, um das Geheimnis derer zu verstehen, die davongekommen sind: Resilienz, die die Fähigkeit bezeichnet, erfolgreich zu sein, zu leben, sich trotz Widrigkeiten zu entwickeln.”

Boris Cyrulnik


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  • Lensvelt-Mulders, G., van Der Hart, O., van Ochten, J. M., van Son, M. J., Steele, K., & Breeman, L. (2008). Relations among peritraumatic dissociation and posttraumatic stress: A meta-analysis. Clinical psychology review, 28(7), 1138-1151.
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  • Belloch, A. (2023). Manual de psicopatología, vol II.
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