Paul Fraisse über die Zeitwahrnehmung
Hast du das Gefühl, dass die Zeit schneller vergeht, wenn du dich entspannst, aber die Stunden im Büro scheinen ewig zu dauern? Für dieses Phänomen gibt es eine psychologische Erklärung, die Paul Fraisse in seinen Forschungen über die Zeitwahrnehmung definiert.
Der französische Psychologe leistete wichtige Beiträge zur Psychologie der Zeit, ein Konzept, das unter anderem im organisatorischen Bereich grundlegend ist, da es in direkter Verbindung mit der Produktivität steht.
Paul Fraisse über die Zeitwahrnehmung
Oft hören wir Aussagen wie “Das Wochenende verging wie im Flug”. Angenehme Situationen oder Aktivitäten scheinen in Windeseile zu vergehen, doch die Zeitwahrnehmung bei der Arbeit im Büro zieht sich oft in die Länge. Paul Fraisse führte verschiedene Studien zur Zeitwahrnehmung durch, die dieses Phänomen erklären. Er spricht in seinen Werken von zwei Dimensionen, der objektiven und messbaren sowie der subjektiven Zeitwahrnehmung.
Die Uhr zeigt uns die objektive Zeit an, doch diese stimmt oft nicht mit unserer subjektiven Zeitwahrnehmung überein. Diese psychologische Zeitschätzung variiert bei jeder Person in Abhängigkeit von den Aktivitäten, die sie ausführt.
Wenn du etwas tust, das dir Spaß macht, hast du das Gefühl, dass die Zeit schnell vergeht. Eine langweilige, unangenehme Aufgabe hat hingegen in vielen Fällen zur Folge, dass die subjektive Zeitwahrnehmung langsamer ist als die Uhr anzeigt.
Das Phänomen der Zeitwahrnehmung
Nicht nur Fraisse, auch andere Wissenschaftler haben über die subjektive Zeitwahrnehmung geforscht. Wir können deshalb heute die psychologischen Mechanismen, die dazu führen, besser verstehen.
Dieses Phänomen scheint eine neurobiologische Komponente zu haben. Simen und Matell (2016) erklären in einer Studie, warum die Zeit zu verfliegen scheint, wenn wir Spaß haben. Wie wir wissen, ist Dopamin ein Neurotransmitter, der bei angenehmen, erfreulichen Situationen vermehrt ausgeschüttet wird und uns mit Wohlbefinden belohnt. In der genannten Studie konnte das Forscherteam herausfinden, dass dieser Neurotransmitter auch unsere Zeitwahrnehmung verändert.
Gable und Poole (2012) untersuchten den Einfluss der Motivation auf die Zeitwahrnehmung. Sie erklären, dass die Zeitverzerrung größer ist, wenn wir uns auf eine Tätigkeit konzentrieren und sehr motiviert sind.
Ebenso scheinen Persönlichkeitsmerkmale die Zeitwahrnehmung erheblich zu beeinflussen. Ein wissenschaftlicher Artikel weist darauf hin, dass Menschen mit narzisstischen Persönlichkeitsmerkmalen dazu neigen, langweilige Aufgaben als Zeitverschwendung zu betrachten. Folglich ist ihre Zeitwahrnehmung langsamer (O’Brien, Anastasio und Bushman, 2011).
Die Bewertung angenehmer Tätigkeiten
Die subjektive Zeitwahrnehmung hat verschiedene Auswirkungen auf unterschiedliche Lebensbereiche, unter anderem auf die Bewertung angenehmer Tätigkeiten. Die Forschung hat gezeigt, dass Menschen die subjektive Zeitschätzung nutzen, um zu bestimmen, wie angenehm eine Erfahrung ist (Sackett et al., 2010).
Viele Menschen haben beispielsweise das Gefühl, dass ihre Lieblingsmusik zu kurz ist. Dieses subjektive Zeitempfinden gilt dann als Maßstab für die Bewertung der Erfahrung. Mit anderen Worten: Wenn wir das Gefühl haben, dass etwas zu kurz ist, neigen wir dazu, diese Erfahrung besser zu bewerten als andere.
Zeitwahrnehmung und Leistung
Die subjektive Zeitwahrnehmung hat auch Einfluss auf die Produktivität. Wir haben oft das Gefühl, dass die Stunden im Büro langsam vergehen, die Arbeit ist langweilig und wir sind wenig produktiv.
Das Gefühl, dass die Zeit schnell vergeht, erhöht die Leistungsfähigkeit und schützt vor Ablenkungen. Bei einer langsamen Zeitwahrnehmung denken wir jedoch, viel Zeit zu haben und legen Pausen ein. Am Ende des Tages werden wir uns jedoch darüber bewusst, dass wir unsere Tagesziele nicht erreicht haben.
Die Prokrastination reduziert die Produktivität, deshalb ist es am besten, jede Aufgabe mit Motivation durchzuführen oder zumindest nicht als unangenehme Erfahrung, sondern neutral wahrzunehmen.
Die subjektive Wahrnehmung der Zeit ist ein Schlüsselfaktor für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Je länger wir die Zeit wahrnehmen, desto weniger wohlfühlen wir uns. Wenn wir jedoch das Gefühl haben, dass die Zeit in Windeseile vergeht, nimmt unser Gehirn diese Situation als angenehm und positiv wahr.
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Fraisse, P. (1963). The psychology of time.
- Gable, P. A., & Poole, B. D. (2012). Time flies when you’re having approach-motivated fun: Effects of motivational intensity on time perception. Psychological science, 23(8), 879-886.
- O’Brien, E. H., Anastasio, P. A., & Bushman, B. J. (2011). Time crawls when you’re not having fun: Feeling entitled makes dull tasks drag on. Personality and Social Psychology Bulletin, 37(10), 1287-1296.
- Sackett, A. M., Meyvis, T., Nelson, L. D., Converse, B. A., & Sackett, A. L. (2010). You’re having fun when time flies: The hedonic consequences of subjective time progression. Psychological science, 21(1), 111-117.
- Simen, P., & Matell, M. (2016). Why does time seem to fly when we’re having fun?. Science, 354(6317), 1231-1232.