Muss man seinem Peiniger verzeihen, um den Schmerz zu überwinden?

Muss man seinem Peiniger verzeihen, um den Schmerz zu überwinden?

Letzte Aktualisierung: 12. Februar 2022

Verzeihen ist eine Handlung, die uns manchmal ausgesprochen schwerfällt. Verzeihen besteht darin, demjenigen, der uns Schmerz und Leid erzeugt hat, die Botschaft zu senden, dass unser Leben weitergeht, trotz allem, was passiert ist, und dass wir nicht weiter unsere wertvolle Zeit damit verlieren werden, an jemanden zu denken, der weder unsere Gedanken noch unsere Tränen verdient hat, und dem wir nicht noch eine Sekunde mehr widmen werden.

Verzeihen hat ganz klar die Fähigkeit, uns zu befreien, sofern es aufrichtig ist und wir daran glauben. Wir lassen unsere Bitterkeit, unseren Rachedurst und Hass los, Gefühle, die anstatt zu helfen, nur uns selbst schaden, je mehr wir sie befeuern.

Jedoch ist es wichtig, Verzeihen nicht mit dem Vergessen zu verwechseln. Wenn uns jemand viel körperlichen und psychologischen Schaden verursacht hat, wie es bei sexuellem Missbrauch etwa der Fall ist, dann werden wir es nicht vergessen, da unser Gehirn stets auf Erfahrungen zurückgreift, um seine Lehren zu ziehen.

Was heißt verzeihen und was nicht?

Wie wir erklärt haben, bedeutet verzeihen, dass wir aufhören, unsere Zeit zu vergeuden, unser Sein und unser Leben in Leiden zu verbringen, wegen etwas, was schon nicht mehr rückgängig zu machen ist. Was passiert ist, ist passiert, und leider haben wir nicht die Fähigkeit, diese schmerzliche Tatsache der Vergangenheit auszuradieren, aber wir haben sehr wohl die Macht, unsere Gegenwart und unsere Zukunft aufzubauen.

Maedchen-schlaeft-in-der-Kaelte

Verzeihen heißt zu verstehen, dass noch viel Zeit vor uns liegt, um neue leidenschaftliche Projekte zu realisieren, um wunderbare Personen kennenzulernen, die uns viel Weisheit und Wohlbefinden bringen werden, um uns zu verlieben, zu reisen, unsere Interessen zu genießen.

Verzeihen heißt, dass in unseren Gedanken mehr die Gegenwart und die Zukunft existiert als die Vergangenheit. Es heißt, von unseren Klagen darüber abzusehen, was schon nicht mehr in unseren Händen liegt und es stattdessen mit neuer Hoffnung für die Zukunft zu ersetzen. Es bedeutet, unseren Verstand nicht der Gnade unserer verängstigenden und dunklen Erinnerungen auszuliefern, sondern ihn dazu zu zwingen, in das Hier und Jetzt zu kommen.

Aber Achtung: Verzeihen heißt nicht, einfach über alles Geschehene hinwegzugehen, als wäre es nichts Wichtiges, denn das ist es selbstverständlich. Deshalb bedeutet verzeihen, etwas zu akzeptieren, aber nicht sich mit ihm zufrieden zu geben. Man muss handeln, sich bewegen, versuchen, dass der Peiniger für das büßt, was er gemacht hat, dass sein Handeln Konsequenzen hat.

Du hast das Recht und es ist auch gut für dich, eine Therapie zu besuchen, jemanden zu haben, der dir zuhört, der versteht, wie du dich fühlst und bei dem du alles herauslassen kannst. Mit der Zeit vernarben die Wunden.

Frau-geniesst-Regen

Die Trauer wird uns zum Verzeihen führen

Verzeihen ist ganz klar ein sehr schwieriger Akt. Wir müssen uns nur bewusst darüber sein, dass zum Beispiel im Falle von sexuellem Missbrauch unser Selbstwertgefühl völlig erdrückt wurde, uns ständig die Angst überkommt und nun die Hoffnungslosigkeit völlig unser Sein durchdringt. Dies ist ganz normal und deshalb ist es auch wichtig, zu wissen, dass wir nur dann verzeihen können, wenn wir bereits an der Trauer gearbeitet haben.

Wenn Emotionen da sind, dann hat dies einen gerechtfertigten Grund. Die Natur hat keine Dinge nur einfach so gemacht. Negative aber gesunde Emotionen, wie etwa die Traurigkeit, helfen uns dabei, alles Erlebte zu verarbeiten und unserem Schmerz Ausdruck zu verleihen. Ist dieser Prozess einmal abgeschlossen, können wir den Akt des Verzeihens durchführen und unser Leben kann wieder in seinem gewohnten Gang weitergehen, oder sogar einige Veränderungen erfahren, die es noch besser machen.

 
Frauenbild-mit-Reh

Dazu musst du dir denken, dass die Menschen, die schlechte Handlungen begehen, keine schlechten Menschen sind, sondern kranke oder verwirrte. Im tiefsten Sinn trifft dies glücklicherweise bei der großen Mehrzahl zu und ich sage glücklicherweise, weil man gegen die beiden erwähnten Ursachen etwas machen kann.

 

Was können wir tun, um Misshandlungen zu verhindern?

Ist es vielleicht möglich, dass ich schwach aussehe? Warum ich und nicht jemand anders? Missbrauch ist selektiv, oder zumindest wirkt es…>>>Mehr


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.