Mimikry: Wenn Menschen andere nachmachen

Das Gefühl, dass jemand versucht, sich deine Identität anzueignen, ist unangenehm. Die Gründe dafür sind jedoch verständlich und logisch. Erfahre mehr darüber!
Mimikry: Wenn Menschen andere nachmachen
Elena Sanz

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Elena Sanz.

Letzte Aktualisierung: 09. September 2023

Wir können häufig beobachten, dass sich Menschen, die viel Zeit miteinander verbringen, ähnlich sind. Du ahmst unbewusst die Gesten und Mimik deiner Eltern, deines Partners oder deiner Freunde nach. Es handelt sich um ein natürliches Phänomen, das in unserer Natur liegt. Soziale Chamäleons sind jedoch geschickt darin, diese Fähigkeit bewusst einzusetzen, um anderen zu gefallen, sympathisch zu wirken oder Vorteile zu erlangen. Soziale Mimikry kommt beispielsweise im beruflichen Umfeld häufig zum Einsatz, um bei den Vorgesetzten besser zu punkten.

Diese Synchronizität kann Vorteile haben, ist jedoch in ihrer übertriebenen Form sehr unangenehm. Wir gehen heute der Frage nach, warum wir andere imitieren und welche Vor- oder Nachteile dieses Verhalten hat.

Mimikry bedeutet, andere Menschen unbewusst und automatisch nachzuahmen. Dadurch können zwischenmenschliche Beziehungen gefestigt werden, doch wenn dieses Phänomen überdimensionale Ausmaße annimmt, ist es schädlich. 

Mimikry: Warum ahmen wir andere nach?

Wir sprechen über ein natürliches Phänomen, das wir alle unbewusst nutzen. Die Gründe dafür sind einfach und logisch:

1. Empathie

Menschen mit großem Einfühlungsvermögen passen sich besser an andere Personen an und ahmen diese auch häufiger nach. Diese natürliche Tendenz können wir bereits bei Babys beobachten. Die Mimikry scheint einen evolutionären Nutzen zu haben, denn diese Fähigkeit hilft uns, andere besser zu verstehen, uns einzufühlen und eine effektivere Kommunikation aufzubauen.

Wenn wir den Tonfall, die Körperhaltung oder die Einstellung unseres Gegenübers nachahmen, können wir diese Person besser verstehen und ihr das auch deutlich machen. Diese Fähigkeit hilft uns auch, Bewegungen oder Worte vorherzusagen und so schneller und effizienter zu reagieren. In diesem Sinne stärkt die Mimikry menschliche Beziehungen und macht sie harmonischer. 

2. Sympathie

Oft ahmen wir andere nach, da wir ihnen gefallen möchten und sympathisch wirken wollen. Tatsächlich funktioniert diese Methode ausgezeichnet, denn wir wecken damit Vertrauen und können auf derselben Ebene kommunizieren. Eine in der Fachzeitschrift Journal of Personality and Social Psychology veröffentlichte Studie macht deutlich, dass die Interaktion mit anderen Personen bedeutend besser funktioniert, wenn sie unsere Haltung und unsere Bewegungen nachahmt, und wir ihr gegenüber mehr Sympathie empfinden.

In einem Artikel der Zeitschrift Social Influence ist nachzulesen, dass das Nachahmen anderer dazu führen kann, dass sie uns körperlich, persönlich und gesellschaftlich attraktiver wahrnehmen. Deshalb kopieren manche Menschen andere, bewusst oder unbewusst, um interessant, erfolgreich oder attraktiv zu wirken.

3. Akzeptanz

Menschen, die ein geringes Selbstwertgefühl haben und unsicher sind, ahmen andere häufiger nach, um selbst akzeptiert zu werden. Hier kommt die Angst vor Ablehnung, Verlassenwerden, Kritik oder Ausgrenzung ins Spiel, die manche dazu veranlasst, die Gruppe oder eine beliebte Person nachzuahmen. Sie erhoffen sich damit, den gleichen Status zu erreichen.

4. Bewunderung

Soziale Mimikry kann auch durch Bewunderung ausgelöst werden. Wir versuchen, unsere Idole, Vorbilder oder inspirierende Menschen nachzuahmen, um ihnen ähnlich zu sein. Wir bewundern ihre Einstellungen, Fähigkeiten oder Erfolge und eifern ihnen deshalb nach.

5. Neid und Konkurrenzdenken

Mimikry ist nicht immer positiv. Manche Menschen lassen sich von ihrem Neid antreiben und versuchen, andere nachzuahmen, um selbst Erfolge zu erzielen. In diesem Fall ist die Ausgangsbasis jedoch Unmut oder Frustration, das Konkurrenzdenken ist der Motor, der diese Personen dazu bewegt, andere zu imitieren. Es geht vielfach um Besitz, beruflichen oder privaten Erfolg und einen besseren sozialen Status.

“Ein neidischer Mensch ist ein schielender Narr.”

Thomas Fuller

Der Umgang mit Menschen, die soziale Mimikry einsetzen

Wenn dich eine Person nachahmt, solltest du dich einfühlsam zeigen und dir über die möglichen Ursachen bewusst sein. Vielleicht versucht diese Person (unbewusst), ihr geringes Selbstwertgefühl zu verbergen. Betrachte diese Situation als Zeichen für Bewunderung und versuche, deinem Gegenüber zu helfen, wenn es sich um eine Person handelt, die für dich wichtig ist. Du kannst ihr Selbstvertrauen stärken und ihre eigenen Stärken hervorheben.

Wenn du dich in dieser Situation unwohl fühlst oder es für dich negative Konsequenzen geben könnte, sprichst du die Person am besten direkt an. Sie wird es vielleicht abstreiten oder in die Defensive gehen, deshalb musst du klare Grenze setzen und dich durchsetzungsstark, jedoch respektvoll ausdrücken. Es ist nicht deine Aufgabe, andere Menschen zu verändern. In manchen Fällen ist es besser, sich zu distanzieren und getrennte Wege zu gehen. Denk daran, dass du dich auch um dein eigenes Wohlbefinden kümmern musst.


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