Langes Sitzen macht krank, auch psychisch!

Zu langes Sitzen wirkt sich nicht nur Probleme wie Rückenschmerzen, Bluthochdruck oder Diabetes Typ 2 zur Folge, sondern kann auch psychische Störungen begünstigen. Erfahre mehr über dieses Thema.
Langes Sitzen macht krank, auch psychisch!
Macarena Liliana Nuñez

Geschrieben und geprüft von der Psychologe Macarena Liliana Nuñez.

Letzte Aktualisierung: 18. Oktober 2023

Langes Sitzen macht krank: Häufige Folgen sind Rückenschmerzen, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes Typ 2. Doch nicht nur das körperliche, auch das psychische Wohlbefinden ist in Gefahr. Wir sprechen heute über die Auswirkungen von zu langem Sitzen und Bewegungsmangel auf die psychische Gesundheit. 

Zu langes Sitzen hat Folgen

Viele Menschen bewegen sich kaum: Sie fahren mit dem Auto zur Arbeit und zum Einkaufen, nehmen, wann immer möglich, den Aufzug und sitzen viele Stunden im Büro. Dazu kommt oft, dass Bewegung auch in der Freizeit Mangelware ist. Sie vermeiden körperliche Anstrengung jeder Art und bevorzugen Bequemlichkeit, obwohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Erwachsenen wöchentlich mindestens 2,5 Stunden moderate oder 1,25 Stunden intensive körperliche Aktivitäten empfiehlt. In Deutschland erreichen nur 45 % der Erwachsenen diese Empfehlungen.

Wir dürfen nicht vergessen, dass langes Sitzen die psychische Gesundheit beeinträchtigt und unter anderem das Risiko für Ängste und Depressionen erhöht. Es wirkt sich auch negativ auf die Stimmung und Motivation aus. Wir analysieren anschließend weitere mögliche Konsequenzen.

Langes Sitzen und Gedächtnisprobleme

Eine aktuelle, in der Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlichte Studie weist auf den direkten Zusammenhang zwischen langem Sitzen und einer geringeren Dicke des medialen Temporallappens bei Erwachsenen mittleren und höheren Alters hin. Diese Region ist für die Gedächtnisbildung entscheidend: Beeinträchtigungen können zu kognitiven Problemen und Demenz führen.

Auch andere Studien deuten darauf hin, dass Inaktivität das Gedächtnis und die Lernfähigkeit schwächt und das Risiko für neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer erhöht (Askarova et al., 2020).

Wie anfangs kurz erwähnt, führt langes Sitzen häufig zu Diabetes Typ 2, eine Krankheit, die ebenfalls mit der Beeinträchtigung von Lern- und Gedächtnisprozessen assoziiert wird. Ein in der Fachzeitschrift Nature Reviews Neuroscience erschienene Studie macht deutlich, dass Diabetes Typ 2  ein Risikofaktor für kognitive Beeinträchtigungen und Demenz ist. Zudem kommt es dadurch zu strukturellen und funktionellen Defiziten bei der synaptischen Plastizität, vor allem im Hippocampus, der für die Gedächtnisfunktion entscheidend ist.

Ein in der Zeitschrift Sport Sciences for Health veröffentlichter Artikel weist darauf hin, dass 150 Minuten Bewegung pro Woche nicht ausreichen, um die negativen psychischen Auswirkungen des langen Sitzens (mehr als acht Stunden Sitzen am Tag) wiedergutzumachen.

Um die Gesundheit des Gehirns zu erhalten und das Risiko einer kognitiven Beeinträchtigung zu verringern, ist es wichtig, neben der körperlichen Aktivität auch das sitzende Verhalten zu reduzieren.

Langes Sitzen und Depression

Wir haben gesehen, dass langes Sitzen und Bewegungsmangel Diabetes Typ 2 auslösen kann. Die Centers for Disease Control and Prevention weisen darauf hin, dass das Risiko für Depressionen für Menschen mit dieser Stoffwechselkrankheit zwei- bis dreimal höher ist. Wie aus der Zeitschrift Diabetes Care hervorgeht, haben Betroffene auch ein erhöhtes Risiko für andere psychische Störungen, unter anderem unipolare Depressionen, bipolare Störungen, Angstzustände und stressbedingte Störungen.

Dies wird auch in einem Artikel des Saudi Medical Journal bestätigt, der daran erinnert, dass sich biologische und verhaltensbedingte Faktoren wie Entzündungen, eine nährstoffarme Ernährung, eine sitzende Lebensweise und Schlafstörungen negativ auf die psychische Gesundheit auswirken.

Diabetes Typ 2 führt zu Schwankungen des Blutzuckerspiegels, was sich schädlich auf das Gehirn auswirken und zu Stimmungsschwankungen führen kann (Lee et al., 2016).

Langes Sitzen und Angst

Angst und Bewegungsmangel nähren sich gegenseitig. Eine in der Zeitschrift BMC Public Health kann zwar nur geringe Zusammenhänge bestätigen (die bei Erwachsenen deutlicher als bei Kindern und Jugendlichen sind), doch weitere Forschungen sind nötig, um dieses Thema tiefgehender zu durchleuchten.

Eine Studie der General Hospital Psychiatry geht davon aus, dass Ängste durch Mobilitätseinschränkungen (46,8 %), Schlaf- und Energieprobleme, Schmerzen, Unwohlsein, Behinderungen und kognitive Schwierigkeiten begünstigt werden, wobei insbesondere Erwachsene davon betroffen sind.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass bei jüngeren Menschen vorwiegend lange Bildschirmzeiten das Gehirn beeinflussen und Ängste auslösen können. Das International Journal of Behavioral Medicine veröffentlichte einen Artikel, der übermäßige Bildschirmaktivitäten mit Schlafstörungen und Stress assoziiert, was wiederum zu Angstzuständen führen oder dies verstärken kann.

Langes Sitzen, Stress und Angstzustände erfordern Ausgleich durch tägliche Bewegung.

Langes Sitzen und Migräne

Eine sitzende Lebensweise wird auch mit dem metabolischen Syndrom in Verbindung gebracht. Eine von der Internationa Headache Society durchgeführte Studie zeigt, dass Menschen mit diesem Syndrom eher an Migräne leiden. Es handelt sich um eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen, die sich in folgenden Bereichen auf die psychische Gesundheit auswirkt:

  • Stimmung: Chronische Schmerzen und starke Einschränkungen im Alltag beeinträchtigen die Stimmung und die Lebensqualität erheblich und erhöhen die Gefahr, eine Depression zu entwickeln.
  • Angst: Die Ungewissheit über den nächsten Migräneanfall kann zu Angst und Stress führen.
  • Isolation: Migräneanfälle führen oft dazu, dass Pläne und Aktivitäten abgesagt werden. Diese soziale Isolation trägt zu Depressionen und Ängsten bei, da sich die Betroffenen von ihrem Umfeld ausgeschlossen fühlen.
  • Leistungsschwäche: Während eines Migräneanfalls haben manche Menschen kognitive Schwierigkeiten, wie z. B. Probleme mit der Konzentration und der geistigen Klarheit. Das kann sich auf die Leistung bei der Arbeit oder in der Schule auswirken und zu Frustration und Stress führen.

Es gibt Belege dafür, wie wichtig regelmäßige, moderate Bewegung ist, um häufige Gesundheitsprobleme, die mit diesen Kopfschmerzen einhergehen (Depressionen, Angstzustände, Stress und Schlaflosigkeit), zu lindern. Außerdem verringert Sport die Häufigkeit der Attacken und verbessert die Lebensqualität der Patienten.

Das Journal of Headache and Pain empfiehlt aerobes Training und andere körperliche Aktivitäten. Konsequentes, nicht übermäßiges Training kann auch Entzündungen im Gehirn minimieren, die ein wichtiger Faktor bei Migräne sind.

Ein aktiver Lebensstil hilft, Migräneanfällen vorzubeugen und kann die psychische Gesundheit von Migränepatienten verbessern.

Langes Sitzen und Motivation

Eine mit Kindern durchgeführte Studie, die im Journal of Nutrition Education and Behavior veröffentlicht wurde, fand Folgendes heraus: Kinder, die mehr als zwei Stunden pro Tag vor Bildschirmen verbringen, haben eine weniger negative Einstellung zu langem Sitzen und empfinden die elterlichen Regeln für die Nutzung elektronischer Geräte als lockerer. Dies verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Motivation und Einstellung zu einem sitzenden Lebensstil.

Langes Sitzen kann die Motivation verringern, was wiederum das lange Sitzen begünstig.

Eine in Frontiers in Psychology veröffentlichte Studie untersucht die Motivation aus einer emotionalen und affektiven Perspektive. Sowohl negative als auch positive Verstärkung fördern den Wunsch, sich zu bewegen, sogar bei Menschen mit psychischen Problemen. Die Motivation ist jedoch auch entscheidend, um aktiv zu werden und sich zu bewegen. Motivierte Menschen neigen dazu, sich sportliche Ziele zu setzen und Bewegung in ihren Alltag einzubauen.

Fitness-Tracker und andere Apps sind sehr motivierend: Sie können bewegungsarmen Menschen helfen, sportlich aktiv zu werden.

Prävention: Zu langes Sitzen verhindern, um die (psychische) Gesundheit zu schützen

Kleine Veränderungen im Alltag helfen dir, dich öfter zu bewegen und so deine (psychische) Gesundheit zu schützen:

  • Setze dir erreichbare und realistische Ziele für körperliche Aktivität: Plane Bewegung in dein Wochenprogramm ein und halte dich daran.
  • Nimm, wann immer möglich, die Treppe statt des Aufzuges.
  • Begranze die Bildschirmzeit.
  • Verabrede dich mit Freunden, um Sport zu treiben oder einen Spaziergang zu unternehmen.
  • Achte auf ausreichend Schlaf, um deine körperliche und psychische Gesundheit zu fördern.
  • Aerobic, Yoga oder andere Aktivitäten, die dir Spaß machen, sollten regelmäßig auf deinem Trainingsplan stehen.
  • Wenn du zu Hause bist, mache Kniebeugen, wenn du von einem Stuhl aufstehst.
  • Im Büro solltest du mindestens jede Stunde kurz aufstehen und dir die Beine vertreten.
  • Steige eine Haltestelle früher aus und gehe das letzte Stück zu Fuß, wenn du mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs bist.
  • Lasse das Auto öfter zu Hause und fahre mit dem Rad zur Arbeit.
  • Nutze die Mittagspause für eine Spaziergang an der frischen Luft.

Kümmere dich um deine psychische Gesundheit

Du musst deinen eigenen Weg finden, um dich zu motivieren und Bewegung in deinen Alltag einzubauen, wenn du zu den Couch-Potatoes zählst. Versuche, ein gesundes Gleichgewicht zu erreichen, um deine psychische Gesundheit zu fördern. Kleine Veränderungen können große Auswirkungen haben und deine Lebensqualität verbessern!


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