Kindesmissbrauch und Impulsivität

Gewalttäter handeln in der Regel sehr impulsiv. Erfahre heute mehr über den Zusammenhang von Impulsivität und Kindesmissbrauch.
Kindesmissbrauch und Impulsivität
Gorka Jiménez Pajares

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Gorka Jiménez Pajares.

Letzte Aktualisierung: 11. August 2023

Häusliche Gewalt und Vernachlässigung führen zu seelischen und körperlichen Verletzungen, die tiefe Spuren hinterlassen. Wir sprechen über eine enorme gesellschaftliche Herausforderung, da gewaltsame erzieherische Methoden oder andere Arten von Misshandlung oft im Verborgenen bleiben, verleugnet und vergessen werden. Heute betrachten wir einen Aspekt, der bei Kindesmissbrauch eine wichtige Rolle spielt: die Impulsivität. 

Missbrauchstäter reagieren in der Regel sehr impulsiv: Kleine, als Provokation interpretierte Handlungen können schlimme gewalttätige Reaktionen auslösen. Erfahre anschließend mehr über dieses Thema.

“Impulsivität ist wie eine Droge: Je mehr du davon nimmst, desto mehr brauchst du, um die gleiche Wirkung zu erzielen.”

Roy Baumeister

Impulsivität

In einer Übersicht definiert die Psychologin Cristina Arias (Arias et al., 2021) Impulsivität als “Reaktion auf einen Reiz, die ohne Planung erfolgt”. Impulsive Personen berücksichtigen die Folgen ihrer Reaktionen nicht. Diese Verhaltensweisen sind oft kurzlebig, können jedoch sehr unangenehme Auswirkungen haben.

“Impulsivität ist die Unfähigkeit, einem Impuls, einer Emotion oder einer Versuchung zu widerstehen, selbst wenn wir wissen, dass sie schädlich ist.”

John Ratey

Misshandlung eines Kindes: Mann reagiert mit Impulsivität
Impulsive Menschen denken nicht über die Auswirkungen ihres Handelns nach.

Negative Dringlichkeit, der Ausgangspunkt der Impulsivität

Die Wahrnehmung von “Dringlichkeit” ist der unstillbare und scheinbar unbezwingbare Motor, der impulsives oder unüberlegtes Verhalten auslöst. Dringlichkeit ist in diesem Zusammenhang mit negativen Emotionen verbunden (z. B. Not, Gereiztheit oder Wut) und löst Verhaltensreaktionen aus, die im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch belastende, verzweifelte und sogar tödliche Folgen haben können.

Impulsivität kann also als die mangelnde Fähigkeit verstanden werden, eine aus einem Impuls entstandene Antwort oder Reaktion zu hemmen. Ein Beispiel dafür sind impulsive Einkäufe: Der Drang etwas zu kaufen ist so groß, dass die Konsequenzen (Schulden) in diesem Augenblick den Impuls nicht zügeln können. Die negative Dringlichkeit gibt das Gefühl, etwas tun zu müssen, deshalb handeln Betroffene unüberlegt, unkontrolliert oder maladaptiv.

“Negative Dringlichkeit kann dir das Gefühl geben, dass du keine Optionen hast, aber es gibt immer eine Wahl.”

Judith Orloff

Kindesmissbrauch: zwischen Leben und Tod

In den 1960er-Jahren prägten britische Kinderärzte und Radiologen den Begriff “Battered Child Syndrom” (kurz BCS – Syndrom des geschlagenen Kindes), um die Konsequenzen von körperlicher Gewalt an Kindern zu beschreiben. Heute wird meistens der Ausdruck “Child Abuse Syndrome” (kurz CAS – Kindesmissbrauchssyndrom) verwendet, um die spezifischen Symptome, die infolge von physischem oder psychischem Kindesmissbrauch entstehen, zusammenzufassen (Tsranchev et al. , 2022).

Die Folgen von Kindesmissbrauch sind allerdings vielfältig: Von körperlichen Verletzungen (Knochenbrüche, Prellungen…) bis zu psychologischen Folgen (posttraumatischer Stress, Sprachstörungen, Persönlichkeitsstörungen…) gibt es eine lange Liste möglicher Konsequenzen und Symptome.

“Kindesmissbrauch ist eine Form von Gewalt, die unsichtbare Narben in den Köpfen und Herzen der Kinder hinterlässt.”

Alice Miller

Kindesmissbrauch und Impulsivität
Die Folgen von Kindesmissbrauch reichen von Persönlichkeitsstörungen bis zu tödlichen Folgen.

Kindesmissbrauch: eine potenziell tödliche Form der Gewalt

Eine in Folia Médica veröffentlichte Studie erinnert daran, dass Kindesmissbrauch im schlimmsten Fall tödlich endet, wobei b ei tödlicher Gewalt die Impulsivität eine besonders große Rolle spielt (Tsranchev et al., 2022). Impulsive Missbrauchstäter reagieren explosiv und mit unersättlicher Wut. Dr. Ivan Tsranchev von der Abteilung für Gerichtsmedizin der bulgarischen Universität Plovdiv berichtet unter anderem über wiederholte Schläge und Gewaltausbrüche, die ernste körperliche und seelische Wunden hinterlassen.

Das Syndrom der Kindesmisshandlung ist weitverbreitet. Die Folgen sind beunruhigend, erschütternd und herzzerreißend. Wenn das Kind überlebt, kann es schwerwiegende Folgen wie eine posttraumatische Belastungsstörung oder eine Borderline-Persönlichkeitsstörung entwickeln. Wie wir gesehen haben, spielt dabei die Impulsivität eine entscheidende Bedeutung, deshalb ist es besonders in der Prävention wichtig, diese Verhaltensform zu berücksichtigen.

“Kindesmissbrauch ist oft das Ergebnis von impulsivem, gewalttätigem Verhalten mit minimaler Provokation, das einen tödlichen Ausgang haben kann.”

Ivan Tsranchev


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