In jedem Menschen steckt eine Geschichte
“In jedem Menschen steckt eine Geschichte,
ein Grund, warum sie so sind, wie sie sind.
Denke daran, bevor du über jemanden urteilst.”
Hinter jedem Menschen steht eine Geschichte, Gedanken stehen hinter dem Gesagten, Emotionen hinter seinem Fühlen und eine Seele unter seiner Haut.
Jeder von uns durchläuft im Laufe seines Lebens Augenblicke, lebt Erfahrungen, trifft auf Menschen, die unvermeidlich eine Spur in uns hinterlassen. Sogar einige Situationen und Personen, die wir für unwichtig gehalten haben, können später auf irgendeine Weise wieder in unserem Leben auftauchen.
Wenn all dies geschieht, verändert und differenziert es unsere Erfahrung und unser Empfinden, egal auf welche Weise: manchmal intensiv, manchmal nur beiläufig; manchmal sehr bewusst, manchmal, ohne dass wir es bemerken. Sie sorgen für Licht und Schatten und ebenso für alle Schattierungen dazwischen.
Deshalb müssen wir uns fragen, wenn wir manchmal jemanden beobachten und wir denken, er oder sie habe ein unerwartetes oder unerklärliches Verhalten: Was bringt es uns, ihm oder ihr unsere Auslegung oder unseren Eindruck mitzuteilen?
Zumindest werden wir aus unserer Sicht heraus verstehen, dass es nicht mehr ist als das, was sich aus den Erfahrungen zusammensetzt, aber: Was wissen wir über den Anderen? Was wissen wir über sein Inneres?
Wenn es schon schwer ist, in sich selbst hineinzugehen, um sich besser kennenzulernen, wie sollen wir denn wissen, was die Absichten und die Motivation der Anderen sind? Oder wie diese Menschen diese Situation erleben?
Wir verbringen unser halbes Leben damit, dies herauszufinden und fast die andere Hälfte damit, das Verhalten der Anderen zu verurteilen, als ob wir nicht genug damit zu tun hätten, uns mit uns selbst zu beschäftigen.
Jede Person hat ihre Geschichte und zeigt gegenüber einigen Dingen mehr Sensibilität als andere Menschen; das gilt für dich wie für mich. Dass es für uns einfach oder leicht ist, uns einer Situation zu stellen oder uns in einer bestimmten Art und Weise auszudrücken, bedeutet nicht, dass es für den anderen genauso sein muss.
“Die Schuhe, die dem einen Menschen passen, drücken dem anderen; es gibt für das Leben kein Rezept, das in allen Fällen funktioniert.”
Carl Gustav Jung
“Wenn ich Maria wäre, würde ich mich mehr ausruhen…”, “Ich kann nicht verstehen, warum Sebastian seine Freundin nicht verlässt, ich kann sie nicht ausstehen”; “Ich könnte mein Leben nicht so führen wie Christina…”
Vielleicht hatte diese Person eine Mutter, die ihr ständig Vorwürfe machte und für die sie nie genug war, und deshalb immer alles perfekt machen musste, in dem Gedanken, das sie immer besser werden kann und muss. Oder vielleicht hatte sie eine Beziehung voller Kritik ihrer Person gegenüber und nun ist sie nicht in der Lage, sich so zu zeigen und zu geben, wie sie ist…
Es könnte auch sein, dass die Person sich die Zuneigung ihrer Eltern so sehr gewünscht hat, dass sie sich auf eine dauerhafte Suche nach Liebe und Zärtlichkeit gemacht hat, oder im Gegenteil sich nun widerwillig zeigt, Liebe anzunehmen.
In jeder Geschichte gibt es mehr als nur eine Seite und mehr als nur eine Antwort auf jede Frage.
Es ist normal, dass wir Dinge anders machen würden, wenn wir uns in den Situationen anderer Menschen befänden. Aber wir sind nicht sie, noch haben wir deren Leben gelebt. Wir wissen gerade einmal ein bisschen über unser Leben. Und ich sage “ein bisschen”, weil wir manchmal glauben, wir würden auf eine bestimmte Art und Weise regieren und wenn wir uns in der Situation befinden, verhalten wir uns doch ganz anders…
Wir müssen über das Offensichtliche und Oberflächliche hinausgehen und uns dessen bewusst werden, dass jeder Mensch seine eigene Geschichte hat; eine Sammlung an Erfahrungen, Gefühlen, Eindrücken, Begegnungen mit verschiedensten Wesen, zu denen wir noch die Macht der Situation, der Kontextes usw. addieren müssen.
Blindlings oder von außen zu urteilen, bringt nicht viel.
Dafür sind wir auch nicht da und nicht einmal in einem Gespräch kann die gesamte Gefühlswelt eines Menschen vermittelt werden; manchmal weil man nicht die richtigen Worte finden kann, manchmal weil unsere Erfahrung bereits die Benutzung von Worten eingrenzt.
Stattdessen wird es uns helfen, den Anderen zu verstehen, wenn wir ihm zuhören und uns bewusst werden, wie er sich durch seine Vorgeschichte, seine Erfahrungen und seine Gefühle verändert hat. Und wenn wir das manchmal nicht können, macht das gar nichts, vielleicht ist es durch unsere Geschichte in diesem Momenten unmöglich für uns.
Also denk immer daran, dass unter jeder Haut auch eine Person steckt, eine starke, aber auch sensible Seele, die ihre Wunden und Narben trägt, die ihre eigene Geschichte hat.