In meinen schlimmsten Zeiten war ich ganz allein

In meinen schlimmsten Zeiten war ich ganz allein

Letzte Aktualisierung: 10. August 2017

In meinen schlimmsten Zeiten war ich allein. Ich fühlte mich, als habe die ganze Welt mir den Rücken zugewandt oder zumindest, dass die Leute in meinem Umfeld es getan hätten. In den guten Zeiten war es wirklich einfach, unter Leute zu kommen. Aber niemand mag es, in schlechten Zeiten bei jemandem zu sein. Und um auf meinen Kummer noch eins draufzusetzen, wurde ich kritisiert, enttäuscht und von einer Kälte befallen, die mir regelrecht den Atem nahm. Ich fühlte mich sehr, sehr traurig.

„Ich fühle mich allein, wenn ich nach einer Hand Ausschau halte und nur Fäuste finde.“

Tom Wolfe

Ich habe meinen Glauben in menschliche Wesen verloren. Ich versteckte mich, ähnlich wie eine kleine Schnecke, die sich in ihr Haus zurückzieht und darauf wartet, dass die Sonne endlich rauskommt – doch leider kommt sie nicht. Ich wollte mit niemandem reden, ich wollte nicht ans Telefon gehen und jedes Gespräch endete einfach in einem Gefühl der Leere und Herzlosigkeit.

Trotz alledem strengte ich mich an, um zu lernen, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Ich legte all diese Menschen beiseite, all diese wichtigen Treffen, die mich einfach nur noch trauriger machten und mir das Gefühl gaben, allein zu sein. Denn es gibt nichts Schmerzhafteres, als sich an einem Ort zu befinden, den andere als Paradies empfinden, während er einem selbst ausgedörrter als eine Wüste erscheint.

Dann begann ich, meinen Horizont zu erweitern. Ich begann mich auf jene Menschen zu verlassen, die mir mit ihren kleinen Gesten ein gutes Gefühl gaben: ein freundliches Wort, eine Umarmung oder ein offener und ehrlicher Blick. Und an diesem Punkt begann ich dann auch, die Dinge in einem anderen Licht zu sehen. Vielleicht hatte die Schnecke wieder begonnen, zu fühlen, wie die Sonnenstrahlen von außen ihr kleines Schneckenhäuschen zu wärmen begannen.

Im Regen

Vielleicht ist es so, dass wir alle allein in unserem Leben sind und dass wir diese Wahrheit auf realistische Art und Weise akzeptieren müssen. Niemand kann uns ständig zur Hilfe eilen, um uns zu beschützen. Jeder von uns hat mit eigenen Problemen und Anforderungen zu kämpfen, aber selbst die kleinste Geste kann schon eine entscheidende Hilfestellung in den schlechten Zeiten sein, durch die wir gerade durchgehen müssen.

Glücklicherweise wirst du immer wieder auf Menschen stoßen, die diese einzigartige Fähigkeit, dich zu trösten, besitzen. Wenn du es am wenigsten erwartest, tauchen sie auf wie ein lang ersehnter Atemzug voll frischer Luft, der für dich wie Wind in den Segeln ist – und das nur mit ein paar kleinen Worten. Und dies ist so simpel, dass wir auch niemals vergessen sollten, andere Menschen mit solchen kleinen Gesten zu beschenken. Solche Gesten lassen uns als Menschen wachsen.

Verzweiflung

Denn das Traurigste, was uns passieren kann, ist, dass wir unsere Menschlichkeit verlieren. Und dies passiert in unserer Gesellschaft, in der die entscheidenden Werte eben nicht Freundlichkeit, Selbstlosigkeit und Respekt sind, nur allzu schnell. Es ist eine Gesellschaft, in der man ständig Dinge hört wie „ich bin wichtiger“, „ich, ich, ich“  oder „ich kann dir gerade kein Lächeln schenken, denn ich bin mit etwas anderem zu beschäftigt“.

Die Kälte und der Mangel an Menschlichkeit bringen uns nirgendwohin und vielleicht liegt in der goldenen Regel eine wichtige Lektion, die wir nur allzu schnell vergessen können: Was du nicht willst, das man dir tut, das füg’ auch keinem anderen zu. Oder anders: Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden möchtest.

Aus diesem Grund sollten wir immer mal wieder einen Blick auf andere werfen und sich sagen: „Wir alle brauchen einander, warum sollte ich also nicht den Anfang machen und gut gemeinte Worte weitergeben – anstelle von Stichen, die durch Herz und Seele gehen?“  Warum übernehmen wir alle nicht eine kleine Rolle und erschaffen so etwas Großes?

„Wir werden einsam geboren, wir leben einsam und wir sterben einsam. Allein durch unsere Liebe und Freundschaft können wir für einen Moment die Illusion aufrechterhalten, dass wir eben doch nicht allein sind.“

Orson Welles

Dieser Artikel ist all jenen Menschen gewidmet, die sich mit diesen Worten identifizieren können und harte Zeiten durchleben müssen. Dieser Artikel ist all jenen Menschen gewidmet, die ihren Glauben an die Welt, in der sie leben, verloren haben. Dieser Artikel ist all jenen Menschen gewidmet, die in einer Welt, die immer unmenschlicher zu werden scheint, von der Verzweiflung überwältigt werden.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.