Humor in der Philosophie
Im antiken Griechenland wurde Humor nicht unbedingt geschätzt, doch im Laufe der Zeit haben wir gelernt, die Vorteile darin zu sehen. Aristoteles stellte fest, dass der Mensch, das einzige Wesen ist, das lacht. Heute wissen Wissenschaftler allerdings, dass auch andere Säugetiere wie Hunde, Katzen, Elefanten, Gorillas, Bonobos oder Schimpansen lachen können.
Wir laden dich heute ein, verschiedene Ansichten über dieses Thema kennenzulernen.
Philosophen über den Humor
Wir können drei wichtige philosophische Theorien über den Humor hervorheben:
- Theorie der Überlegenheit,
- Theorie der Inkongruenz
- und die Entspannungstheorie.
Zu ihren Vertretern gehören große Philosophen wie Platon, Aristoteles und Henri Bergson.
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Die Theorie der Überlegenheit
Der Spaßverderber Platon
Der griechische Philosoph war davon überzeugt, dass wir uns nur über das Versagen und die Unzulänglichkeiten anderer amüsieren. Wir spotten aus einer überlegenen Situation heraus über die Fehler oder Schwächen unserer Mitmenschen. Er betrachtete das Lachen kritisch, da er darin eine Form der Demütigung und Herabsetzung sah.
Im Dialog Philebos finden wir die Theorie des Lächerlichen: Das Lächerliche definiert die Unfähigkeit eines Menschen, sich selbst zu erkennen. Dies gibt Anlass, über Ungeschicklichkeit oder Fehler zu lachen. Ein Beispiel dafür sind die Komödien, in denen wir lachen, wenn anderen etwas Übles zustößt, da sie sich selbst überschätzen und lächerlich machen.
Für Platon gehört der Humor in die Kategorie der alltäglichen und unvollkommenen Welt. Im Gegensatz zur idealen und gerechten Welt herrscht die Freude über das Unglück anderer vor.
Der Mittelweg: Wie Aristoteles Humor interpretiert
Aristoteles betrachtet Spott als Hauptelement jeder Komödie. Er nimmt den Mittelweg, denn für ihn ist die beste Tugend des Menschen die Klugheit. Wenn wir einen Weg zwischen zwei Extremen finden, erreichen wir diese Fähigkeit.
Wenn die aristotelische Mimesis als Merkmal des Tragischen die Nachahmung überlegener Menschen im Normalen vorschlägt, entsteht in der Komödie die Nachahmung minderwertiger Menschen. Wir sehen also Charaktere, denen es an Tugend mangelt (Cifuentes Acuña, 2016).
“Komödie ist, wie gesagt, eine Nachahmung von Menschen, die schlechter sind als der Durchschnitt.”
Aristoteles
Wenn das negative Extrem die Abwesenheit von Humor ist, d. h. unhöfliche Menschen, die nicht lachen und sich nicht in Anmut üben, dann wäre das Übermaß der Possenreißer, also eine Person, die zu unpassenden Zeiten über alles und jeden lacht. Folglich ist Humor laut Aristoteles nicht an sich etwas Negatives, sondern sollte maßvoll und den Umständen angemessen sein, in denen wir uns befinden.
Die Theorie der Inkongruenz
Diese Theorie geht davon aus, dass Humor aus der Norm und dem zu Erwartenden herausfällt. Es handelt sich um Situationen, die uns überraschen und deshalb zum Lachen bringen. Der Sinn für Humor wird also durch zwei gegensätzliche oder ungleiche Elemente geweckt.
Immanuel Kant definiert das Lachen als einen “Affekt aus der plötzlichen Verwandlung einer gespannten Erwartung in nichts”. Wir haben Erwartungen, die verschwinden, nachdem ein Witz erzählt wurde. Das erzeugt ein Gefühl der Frustration für unseren Verstand. Humor hat jedoch eine wohltuende Wirkung auf unsere menschliche Physiologie, da er unsere inneren Organe belebt.
Die Entspannungstheorie
Diese Theorie besagt, dass Lachen nervöse oder psychische Spannungen löst. Ein Artikel der Zeitschrift Arbor untersucht diesbezüglich die Einstellungen der Denker Bergson und Freud, welche die soziale Funktion des Humors untersucht haben. Diesen Autoren zufolge werden negative Gefühle und Situationen durch Lachen aufgelöst. Der Mechanismus ist einfach:
- Bruch der sozialen Norm
- Linderung durch Lachen
- Wiederannahme der Norm
- Wiedereingliederung in die soziale Welt
Allerdings muss die Subjektivität des Humors oder Lachens berücksichtigt werden. In diesem Fall ist das, was für die einen lustig ist, für die anderen vielleicht eine Tragödie. Je tiefgreifender der Normbruch ist, desto abrupter wird der Humor und führt zu sozialer Intoleranz.
Henri Bergson über Humor
In seinem Buch Das Lachen¹ erklärt der französische Philosoph Henri Bergson die soziale Funktion des Humors. Er weist darauf hin, dass das Lachen die Starrheit unseres Verhaltens abschwächt.
Es ist gleichzeitig eine soziale Bestrafung für jene, die wie Maschinen oder Roboter reagieren. Dies ist auch in manchen Theaterstücken zu beobachten, die das Publikum durch roboterhafte Bewegungen der Hauptdarsteller zum Lachen bringen wollen.
Salvador Castro veröffentlichte in der Zeitschrift Areté eine hypermoderne Lesart des Buches von Bergson: Jemand wird zum Objekt des Lachens, wenn er von seinem sozialen Umfeld und von sich selbst abgekoppelt ist. In diesem Sinne kann eine Person, die von der Alltäglichkeit des Lebens entfremdet ist, zum Ziel des Lachens ihrer Mitmenschen werden.
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Humor und Ethik
Ein in der Zeitschrift International Journal of Applied Ethics veröffentlichter Artikel argumentiert, dass eine Ethik des Humors möglich ist, wenn wir lernen, zu den richtigen Zeiten und aus den richtigen Gründen zu lachen. Die Grenze liegt dort, wo sich die andere Person beleidigt oder erniedrigt fühlt. In dem Moment, in dem wir Humor nutzen, um andere zu entwerten, ist dieses Verhalten nicht mehr ethisch.
Sinn für Humor bedeutet, das Humorvolle wahrzunehmen. Diese Fähigkeit kann trainiert werden und sich zu einer Lebenseinstellung entwickeln. Das Ziel sollte jedoch immer Respekt anderen Menschen gegenüber sein.
Lachen und Humor sind Teil unserer zwischenmenschlichen Beziehungen und tragen maßgeblich zu unserem Glück bei. Allerdings sollte der Humor nicht aus einer erhöhten Position heraus entstehen oder anderen gegenüber respektlos sein.
▶ Lese-Tipp
- Das Lachen: Ein Essay über die Bedeutung des Komischen, Henri Bergson, Meiner 20011
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- Cifuentes Acuña, Luis. (2016). La manifestación de lo general en la comedia según Aristóteles. Revista chilena de literatura, (92), 33-51. https://dx.doi.org/10.4067/S0718-22952016000100002
- Sánchez Álvarez-Insúa, A. (2007). Freud y Bergson. El chiste y la risa y su relación con lo social. Arbor 183(723): 103-121. https://digital.csic.es/handle/10261/7223
- Schere, M. J. (2017). Los matices del humor en Platón y Aristóteles y su proyección sobre la comedia de Aristófanes. Florentia Iliberritana, no. 28. http://sedici.unlp.edu.ar/handle/10915/97899
- Siurana, J. C. (2012). Filosofía del humor: estado de la cuestión. Diálogo Filosófico, 28(82), 4–33. https://www.dialogofilosofico.com/index.php/dialogo/article/view/215
- Siurana, J. C. (2014). Ética del humor y diversidad cultural. Dilemata, 15, 215–231. https://www.dilemata.net/revista/index.php/dilemata/article/view/304
- Solís Castro, S. (2019). Una lectura hipermoderna de La risa de Henri Bergson. De la risa como pequeño enigma malicioso a su comprensión como ethos de las sociedades. Areté, 31(1), 235–245. http://www.scielo.org.pe/scielo.php?pid=S1016-913X2019000100009&script=sci_arttext