Hat dein Kind das Rich-Kids-Syndrom?

Hat dein Kind das Rich-Kids-Syndrom?
Gema Sánchez Cuevas

Geprüft und freigegeben von der Psychologe Gema Sánchez Cuevas.

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 18. Mai 2023

Die Eltern von heute haben es wahrlich nicht leicht. Oftmals stehen sie vor dem Problem, sehr lange arbeiten zu müssen und dadurch weniger Zeit mit ihren Kindern verbringen zu können. Das hat zur Folge, dass Kinder ein Vakuum erfahren, das manchmal zweckwidrig kompensiert wird. Dann entsteht das Rich-Kids-Syndrom (zu Deutsch: Reiche-Kinder-Syndrom), auch Affluenza genannt.

Das Rich-Kids-Syndrom beschreibt ein Kind, das verwöhnt ist. Es beschreibt das Ergebnis der Erziehung eines Kindes im Überfluss. Daher ist dieses Syndrom kein Leiden, dass nur in einer definierten gesellschaftlichen Schicht vorkäme. Es ist damit in Zusammenhang zu bringen, wie Eltern ihre Kinder erziehen und welche Beziehung sie miteinander haben. Dieses Syndrom betrifft deshalb nicht nur diejenigen, die in einer wohlhabenden Familie aufwachsen. Es betrifft sowohl reiche als auch mittelständische Kinder. Das „reiche Kind“ wird durch die Form der Erziehung und nicht durch den sozioökonomischen Status erschaffen.

Bringe deinem Kind nicht bei, reich zu sein. Bringe ihm bei, glücklich zu sein, damit es den Wert und nicht den Preis der Dinge schätzt.

Was ist das Rich-Kids-Syndrom?

Das Syndrom des reichen Kindes wird als ein Komplex von Störungen definiert, die bei einem Kind auftreten, wenn es alles im Überfluss hat. Vielleicht ist „alles“ nicht das richtige Wort. Eher haben betroffene Kinder alles, was sie sich wünschen. Und zusätzlich noch Privilegien, Zugang zu außerschulischen Erfahrungen und vielem mehr.

Worauf es ankommt, ist, dass das Verhalten der Eltern eine zentrale Rolle in der Entstehung des Syndroms spielt. Es ist egal, ob sie überfürsorglich sind oder ihren Kindern materielle Dinge im Überfluss geben. Ihre Taten haben negative Auswirkungen auf die emotionale Entwicklung des Kindes.

Gelangweiltes Kind auf Bobbycar

Ralph Minear, Professor für Pädiatrie an der Harvard University (Massachusetts, USA), schlägt eine Reihe von Fragen an Eltern vor, die dazu dienen sollen, beurteilen zu können, ob ein Kind an einem Rich Kids-Syndrom leiden könnte.

  • Kaufen Sie dem Kind oft kostspielige Geschenke, selbst wenn es keinen besonderen Anlass gibt?
  • Dienen die Haushaltskosten dem Zweck, die Launen des Kindes zu befriedigen?
  • Wird dem Kind erlaubt, mehr als zwei Stunden pro Tag fernzusehen?
  • Ist es für Freizeitaktivitäten angemeldet, nach denen es nicht gefragt hat?
  • Belohnen Sie das Kind mit Geld oder Geschenken, wenn es eine gute Tat verrichtet?
  • Beschwert sich das Kind häufig, weil es Langeweile hat? Weiß es nicht, wie es sich selbst beschäftigen soll, selbst in einem Raum voller Spielzeuge?

Falls eine dieser Fragen bejaht wurde, entwickelt das Kind vielleicht ein Rich-Kids-Syndrom. Die Schuld gebührt in den meisten Fällen den Eltern, die nicht genug qualitativ hochwertige Zeit mit ihren Kindern verbringen. Dies kompensieren sie, indem sie ihren Kindern zu viele Freiheiten geben. Indem sie die Regeln flexibler gestalten und ihnen jedes Mal Spielzeuge, Erfahrungen und Geld geben, wenn das Kind danach fragt. Dadurch hoffen sie, ihnen ein „besseres Leben“ zu bieten. Oder sie bereiten sie darauf vor, „besser“ als andere zu sein.

Der Kreislauf

Die meisten dieser Eltern tun nichts anderes, als zu arbeiten, um ihren Kindern ein Leben voller Komfort zu bieten. Sie nehmen an, dass es das ist, was Kinder wollen: kostspielige Dinge, wenige Einschränkungen und viele geplante Aktivitäten, um die Zeit zu vertreiben. Sie glauben, ein Mensch sei glücklicher, je „voller“ er mit Dingen sei. Dagegen kommen unerfüllte Wünsche und das Gefühl der Leere für sie Leid und Unglück gleich.

Junge mit Geld

Diese Eltern wollen ihre Kinder auch schnellstmöglich auf den Weg des Erfolges führen. Sie erlauben ihren Kindern daher nicht das, was sie mögen oder worin sie gut sind, wenn sie darin kein Sprungbrett zum Erfolg sehen. Sie erlauben ihnen nicht, ihre Fähigkeiten auf natürliche Weise zu entwickeln. Sie wollen sie so erziehen, dass sie in allem, was sie tun, über dem Durchschnitt liegen. Deshalb melden sie sie bei unzähligen Kursen und Freizeitaktivitäten an. Diese Kinder betreten die Erwachsenenwelt in zu jungem Alter.

Druck und Unzufriedenheit

Die Kinder von heute unterscheiden sich nicht so sehr von den Kindern von früher. In ihren Herzen haben sie dieselben Bedürfnisse, wie sie Kinder vor 20, 50 und 100 Jahren hatten. Sie wollen spielen, lachen und mit der Natur und Tieren interagieren. Und vor allem wollen sie geliebt werden. Die Anwesenheit ihrer Eltern gibt ihnen Zuversicht und ein allgemeines Wohlbefinden, das unersetzlich ist. 

Manche Eltern verstehen nicht, warum ihr Kind so frustriert ist, oft krank wird oder bestimmte Phobien entwickelt. Sie verfolgen ja gute Absichten. Doch sie scheitern daran, den gewissen Unterschied zu erkennen. Dieser liegt zwischen dem, einem Kind dabei zu helfen, sein Potenzial auszuschöpfen, und dem, es dorthin anzutreiben, wo man es glücklich vermutet.

Nachdenkliches Kind

Der Kinderarzt Ralph Minear hat fünf Erziehungstipps für Eltern. Sie sind die Überlegung wert:

  • Zu viele materielle Geschenke ersetzen die Gesellschaft und die aufrichtige Zuwendung der Eltern nicht.
  • Wenn es zu viele Freiheiten gibt, kann das Ergebnis eine moralische Desorientierung und eine mangelnde Disziplin sein.
  • Wenn zu viel Druck auf die Kinder ausgeübt wird, damit sie in etwas hervorstechen, antworten sie oft mit Stress. Ebenso haben sie dadurch oft Schwierigkeiten, ihre eigenen Ziele festzulegen.
  • Zu viele Informationen können zur Desorientierung führen.
  • Zu viel Schutz hindert sie daran, sich auf die Herausforderungen des Lebens vorzubereiten.

Es ist wichtig, zu verstehen, dass die gesunde Entwicklung eines Kindes weitgehend von einem Gleichgewicht zwischen erfüllten Wünschen und erlebter Frustration abhängt. Zwischen der Eroberung der persönlichen Freiheit und der Einhaltung auferlegter Grenzen. Eine gute Erziehung basiert auf der aufrichtigen Liebe und der Fähigkeit, einem Kind beizubringen, Dinge und Erfahrungen wertzuschätzen.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.