Flüchtlingskinder: Gebrochene Herzen auf der Suche nach Hoffnung

Flüchtlingskinder: Gebrochene Herzen auf der Suche nach Hoffnung

Letzte Aktualisierung: 08. Oktober 2016

Die verzweifelte Lage von Flüchtlingskindern und ihren Familien ist längst eine humanitäre Katastrophe. Ihre verwundeten Herzen sehnen sich nach Hoffnung und ihr junger Geist hat mit psychologischen Traumata zu kämpfen, die sie zutiefst prägen werden.

Wir müssen uns daran erinnern, dass im Gehirn eines jeden Kindes die schon fast instinktive Vorstellung liegt, dass ihre Eltern sie vor jeglichem Unheil beschützen könnten. Wenn dies nicht geschieht, wenn sie Familienmitglieder verlieren und die Welt vor ihren Augen auseinanderbricht, zerbricht auch etwas im Geiste der Kinder.

Psychologische Unterstützung sollte ebenso Teil der Hilfsmaßnahmen sein, die allen Flüchtlingslagern zukommen. Erwachsene, aber insbesondere junge Kinder und Heranwachsende benötigen seelische Unterstützung, um eben jene Wunden versorgen zu können, die oberflächlich nicht gesehen werden, die aber bis an ihr Lebensende in Geist und Seele verbleiben können.

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Die Tragödie der Flüchtlingskinder

Eine Minute in den Nachrichten genügt nicht, um die Situation zu erfassen, die all diese Kinder und ihre Familien erleben.
Syrische Geflüchtete beispielsweise tragen auf ihren Schultern weitaus mehr Gewicht als die paar Besitztümer, die sie mit sich bringen konnten. Sie tragen ebenso das Gewicht von Massakern, Vergewaltigung, Bomben, Schusswechseln und gesamten Nachbarschaften, die nun in Schutt und Asche liegen.

Viele dieser Kinder verlassen ihre Heimatländer mit ihren Familien in Richtung des Mittelmeeres. Ein Floß voller Menschen und Rettungswesten aus schlechter Qualität sind das Einzige, an das sie sich klammern können, um eine bessere Welt zu finden. Aber das Meer ist heimtückisch und fügt den meist schon ohnehin zerbrochenen Seelen manchmal noch weitere Traumata zu.

Jan Kizilhan, ein Experte in Kinderpsychologie, sagte der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin in München, dass eines von fünf Flüchtlingskindern unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) leidet und fast alle Betroffenen lebenslang schmerzende, seelische Narben davontragen.

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Die Auswirkungen von Krieg und Vertreibung bei Flüchtlingskindern

Organisationen wie das International Medical Corps haben psychologische Tests mit etwa 8000 syrischen Geflüchteten durchgeführt, die sich noch vor einigen Monaten an der Grenze zu Jordanien befanden. Die Ergebnisse waren wie folgt:

  • 28% der Erwachsenen waren so verzweifelt, dass sie sich wie gelähmt fühlten.
  • 25% sagten aus, sie wollten nicht mehr leben. Der Rest sagte, dass die Stärke, die ihnen noch übrig blieb, dem Willen entstamme, ihren Kindern eine Zukunft geben zu können.
  • Dabei litten Kinder, die sich in diesen Flüchtlingslagern befanden, an Migräne, Durchfall, Inkontinenz und Alpträumen. Diese sichtbaren Symptome von schwerem posttraumatischen Stress sowie psychosomatische Beschwerden konnten die Eltern nicht benennen.
  • Das klinische Bild der Flüchtlingskinder ist fast immer dasselbe: Distanziertheit, ernsthafte Schlafstörungen, Depressionen und Stress zeigen, dass sie die traumatischen Erlebnisse immer wieder erleben, bis zu dem Punkt, dass sie die Realität nicht mehr unterscheiden können von dem, was nur in ihrer Vorstellung geschieht.

Wie wir sehen können, ist die Gesundheit all dieser Menschen und insbesondere der jüngeren etwas, das noch viel tiefgreifender ist als Kälte und Hunger. Die Sprache ist von inneren Verletzungen, die bis ins Erwachsenenalter schmerzen und den Charakter des Betroffenen beeinflussen werden, und es gibt nicht Herzzerreißenderes als ein Kind, das nicht mehr weiß, was ein Lächeln ist und das hoffnungslos in die eigene Zukunft sieht.

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Psychologische Unterstützung für Flüchtlingskinder

Regierungen und internationale Organisationen können den ersten Schritt machen, um eine wirkliche und umsetzbare Lösung für dieses Problem zu finden. Psychologische Unterstützung, die Kindern und ihren Familien im Camp angeboten werden kann, wird aber nicht hinreichenden Einfluss haben, um eine langfristige Verbesserung zu bewirken. Sie ist jedoch absolut notwendig, um Stabilität, eine geschützte Umgebung, Gewohnheiten und Routinen zu vermitteln, um sie sich sicher fühlen zu lassen.

Etwas so Essentielles wie wieder normal zur Schule gehen zu können und in Routinen integriert zu sein, wird ihnen erlauben, sich weniger um ihre Familien und sich selbst Sorgen zu machen. Sie müssen ihren “Sinn für Sicherheit und Kontrolle” für ihr eigenes Leben wiederfinden.

Sobald diese Grundbedürfnisse gedeckt sind, kann damit begonnen werden, an ihren Ängsten, Erinnerungen und natürlichen ihren Traumata zu arbeiten. Strategien wie Zeichnen können dabei helfen, viele dieser fürchterlichen Ereignisse, die in ihren Köpfen bleibende Spuren hinterlassen haben, zu kanalisieren.

All diese Kinder haben eine Qualität, die Widerstandsfähigkeit heißt, um die Schrecken der Vergangenheit zu überwinden. Durch angemessene Psychotherapie in Verbindung mit Liebe seitens ihrer Familien sowie einer Gesellschaft, die sie aufnehmen und integrieren kann, können wir ihnen definitiv eine zweite Chance bieten.

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Wir hoffen zweifelsohne, dass die momentane Politik einen angemesseneren Kurs nehmen wird. Wir hoffen, dass der momentane Trend zur Radikalisierung ein Ende findet. Denn das Grauen kennt weder Heimatländern noch Flaggen und der Schmerz all dieser Familien und ihrer Kindern ist ein Ruf, den wir nicht überhören dürfen.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.