Fällt es dir schwer, Kontakte mit anderen Menschen zu knüpfen?

Fällt es dir schwer, mit anderen Menschen in Beziehung zu treten? Probleme im Umgang mit anderen Menschen sind nicht immer auf Schüchternheit oder Introvertiertheit zurückzuführen. Oftmals hängt die Schwierigkeit, Kontakte zu knüpfen, mit der Art und Weise zusammen, wie du aufgewachsen bist, mit Kindheitstraumata und sogar mit Ängsten.
Fällt es dir schwer, Kontakte mit anderen Menschen zu knüpfen?
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 17. Februar 2023

“Mir fällt es schwer, Kontakte mit anderen Menschen zu knüpfen. Stimmt denn irgendetwas nicht mit mir?”. Das ist eine Frage, die sich viele stellen, die Schwierigkeiten damit haben, soziale Kontakte zu pflegen, Freundschaften zu schließen, einen Partner zu finden oder sich in einem sozialen Kontext selbstbewusst zu verhalten. Obwohl du das vielleicht nicht glauben magst, handelt es sie hierbei um ein ziemlich häufig auftretendes Problem.

Agatha Christie sagte einmal, dass sie große Angst vor öffentlichen Auftritten und Interviews habe. Und Jorge Luis Borges war sogar so schüchtern, dass er seinen Freund Oliverio Girondo zu jeder öffentlichen Veranstaltung schickte, um ihn dort zu vertreten.

Keiner von ihnen war gut darin, Kontakte mit anderen zu knüpfen und sie wollten dies auch gar nicht. Diese Menschen bevorzugten es, in ihrem persönlichen kreativen Raum zu verbleiben. Viele Menschen mit sozialen Einschränkungen bevorzugen dies, auch wenn sie sich nach größerer Entschlossenheit und mehr Sozialkompetenz sehnen, um sich in ihrem Umfeld besser bewegen zu können.

Während also Persönlichkeiten wie die oben genannten und Albert Einstein sowie die Schriftsteller Cormac McCarthy und Harper Lee offensichtliche Züge von Schüchternheit zeigen, ist nicht jeder, der sozial unbeholfen zu sein scheint, tatsächlich auch schüchtern.

Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, was sich hinter derartigen Verhaltensweisen verbirgt, solltest du einfach weiterlesen!

Kontakte mit anderen - Frau bedeckt ein Auge mit ihrer Hand

Gründe, warum es schwer ist, Kontakte mit anderen Menschen zu knüpfen

Wenn sich ein Mensch fragt, warum es ihm (oder ihr) so schwerfällt, Kontakte mit anderen Menschen zu knüpfen, dann grübelt er tatsächlich über ein allgemeines Rätsel. Die heutige Gesellschaft preist in extremem Maße Extrovertiertheit, einen offenen Charakter und soziale Figuren. Das liegt daran, dass sie (zumindest äußerlich) mit einer überragenden Fähigkeit ausgestattet zu sein scheinen, Kontakte mit anderen zu knüpfen, Verbindungen herzustellen und aufzufallen.

Allerdings ist diese Annahme zumindest teilweise falsch. In der Tat können sowohl introvertierte als auch extrovertierte Menschen beliebt sein. Außerdem haben einige extrovertierte Menschen Probleme damit, Beziehungen einzugehen und aufzubauen. Dieser Aspekt ist relevant, weil Schwierigkeiten beim Knüpfen von Beziehungen nicht immer auf Schüchternheit oder Introvertiertheit zurückzuführen sind. Tatsächlich sind dies durchaus Faktoren, aber es gibt daneben auch noch weitere.

In der Kindheit verinnerlichte Beziehungsregeln

Deine Kindheit ist ein entscheidender Faktor, der deine Fähigkeiten oder Schwierigkeiten in der Beziehung zu anderen erklärt. Die meisten Menschen haben die Beziehungsregeln, die ihnen von ihren primären Bezugspersonen beigebracht wurden, unbewusst verinnerlicht. Allerdings solltest du hierbei bedenken, dass diese Regeln auch für dich nicht funktionieren werden, wenn sie schon damals für deine Bezugspersonen nicht funktioniert haben.

Das Gleiche gilt für die Art und Weise, wie du kommunizierst, wenn deine Eltern keine geschickten Kommunikatoren waren oder nicht viel mit dir interagiert haben.

  • Emotional abwesende Bezugspersonen haben immer einen Einfluss auf die verbalen, emotionalen und verhaltensbezogenen Fähigkeiten eines Kindes.
  • Daher gibt es viele extrovertierte Kinder mit schwerwiegenden sozialen Einschränkungen, da ihnen als direkte Auswirkung dieser Erziehung grundlegende Beziehungsfähigkeiten fehlen.
  • Auch dysfunktionale, autoritäre Familienumfelder können die Ursache für limitiere Beziehungsfähigkeiten sein. Insbesondere wenn die Kinder in einem Umfeld aufwachsen, in dem es nur wenig soziale Kontakte und Interaktionen gibt.

Psychologische und neurologische Dimensionen

Doch nicht alles hat seinen Ursprung in der Kindheit. Manchmal sind psychologische oder sogar neurologische Faktoren die Auslöser dafür, dass du Schwierigkeiten damit hast, Kontakte mit anderen Menschen aufzubauen.

Hier sind einige Beispiele dafür:

  • Autismus-Spektrum-Störung. Das Asperger-Syndrom, welches in vielen Fällen unbemerkt bleiben kann, fällt in dieses Spektrum. In der Tat erklärt es, warum viele Erwachsene Probleme haben, Kontakte mit anderen Menschen aufzubauen.
  • Darüber hinaus sind Angst und Stress ebenfalls Faktoren, die die sozialen Fähigkeiten einschränken und behindern.
  • Schließlich ist zu beachten, dass auch psychische Zustände wie antisoziale Persönlichkeitsstörung, soziale Phobie oder Agoraphobie hinter diesem Problem stehen können. Dies sind jedoch Fälle, in denen eine Person den sozialen Kontakt bewusst vermeidet.

Empfindlichkeit für Sinneswahrnehmungen

Wir haben bereits erwähnt, dass Persönlichkeiten wie Agatha Christie oder Jorge Borges soziale Kontakte mieden. Aufgrund ihrer offensichtlichen Schüchternheit bevorzugten sie sichere Umgebungen und vermieden es, sich Situationen auszusetzen, die ihnen Unbehagen und Stress verursachten. Nun, du kannst einen Menschen nicht danach fragen, warum es im schwerfällt, Kontakte mit anderen Menschen zu knüpfen, ohne einen der offensichtlichsten Faktoren zu berücksichtigen: die schüchterne Persönlichkeit.

Anstatt sich auf dieses Verhaltensmuster zu konzentrieren, wäre es interessanter zu verstehen, was sich dahinter verbirgt. Schüchterne Menschen nehmen die Außenwelt aufgrund der sogenannten sensorischen Wahrnehmungssensibilität anders wahr.

Was ist sensorische Wahrnehmungssensibilität?

  • Das Gehirn schüchterner Menschen ist anders. Sie brauchen im Durchschnitt länger, um auf Reize zu reagieren.
  • Sie sind introspektiver und reflektierter und dies hindert sie daran, sich an jene sozialen Umgebungen anzupassen, in denen eine bestimmte Situation eine schnelle Reaktion von ihnen erfordert.
  • Menschenmassen, Lärm, neue Reize oder die Exposition gegenüber Situationen, in denen sie keine Kontrolle haben, führen bei ihnen zu Stress und Unbehagen.

All diese Faktoren verdeutlichen, dass Schüchternheit auch eine neurologische Grundlage hat. Aber dies ist dennoch kein Hindernis, dass diese Menschen nicht auch angemessene Strategien erlernen können, um ihre sozialen Fähigkeiten zu verbessern.

Kontakte mit anderen - Freunde halten Hände aneinander

Was kannst du tun, wenn es dir schwerfällt, Kontakte mit anderen Menschen zu knüpfen?

Jeder kann seine sozialen Fähigkeiten verbessern. Jeder kann lernen, Kontakte mit anderen Menschen aufzubauen und mit anderen in Beziehung zu treten, um die Interaktionen in jedem Umfeld genießen zu können.

Hier sind einige Ausgangspunkte:

  • Finde Situationen, in denen du dich wohlfühlst. Vielleicht kannst du das Internet nutzen, um nach Menschen mit gemeinsamen Hobbys zu suchen. Dies ist ein guter Weg, um Gleichgesinnte zu finden, bei denen du dich sicher fühlen kannst. Dies kann dir später dabei helfen, dich auch anderen sozialen Szenarien zu öffnen.
  • Reduziere deine Erwartungen an dich selbst. Mit anderen Worten, vermeide es, dich zu sehr auf dich selbst zu konzentrieren, auf deine Angst vor dem Scheitern, deine Angst davor, nicht zu wissen, was du sagen sollst oder ob du dich in der Situation wohlfühlen wirst. Darüber hinaus solltest du nicht alles glauben, was dein Geist dich glauben machen will.
  • Verlasse dich auf vertrauenswürdige Menschen. Teile deine Ängste mit den Menschen, die dich wirklich kennen und die dir dabei helfen können, sie zu überwinden.
  • Außerdem solltest du Techniken erlernen, um Stress und soziale Ängste zu bewältigen.
  • Stärke deine sozialen Fähigkeiten und verbessere deine Kommunikation, deine Durchsetzungsfähigkeit, dein Emotionsmanagement usw.

Abschließend möchten wir dich noch auf einen sehr wichtigen Aspekt hinweisen. Wenn du chronische Probleme damit hast, Kontakte mit anderen Menschen zu knüpfen und sich dies bereits über mehrere Jahre hinzieht und deine Lebensqualität beeinträchtigt, dann solltest du dir unbedingt professionelle Hilfe suchen. Einige Therapien können dein Leben wirklich von Grund auf verändern. Sie könnten dir zu dem Durchbruch verhelfen, den du am dringendsten benötigst.


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  • Chavira, D. A.; Stein, M. B.; Malcarne, V. L. (2002). Scrutinizing the relationship between shyness and social phobia. Journal of Anxiety Disorders. 16 (6): 585 – 98.


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