Extreme Unabhängigkeit: ein mögliches Merkmal eines Traumas
Extreme Unabhängigkeit entsteht häufig durch tiefe emotionale Verletzungen, die durch Verlassenheit, gebrochenes Vertrauen oder Verrat verursacht wurde. Betroffene lehnen jede Art von Hilfe ab, gehen keine Beziehungen ein und ziehen die Einsamkeit vor.
Diese Unabhängigkeit wird manchmal als Stärke wahrgenommen, doch in Wahrheit verstecken sich dahinter tiefere Probleme. In vielen Fällen liegt ein psychologisches Trauma vor. Freiheit und Selbstentscheidung sind gesunde Eigenschaften, doch extreme Unabhängigkeit kann auch ein pathologisches Verhalten aufzeigen.
Wir sprechen von nachtragenden Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, eine bereichernde Beziehung einzugehen. Diese Art von Unabhängigkeit macht nicht glücklich, denn tief in ihrem Inneren sind Betroffene traurig und verzweifelt, da sie an profunder Einsamkeit leiden.
Extreme Unabhängigkeit: die häufigsten Merkmale
Die extreme Unabhängigkeit wird von der Angst getrieben, verletzt, verraten oder verlassen zu werden. Es handelt sich um ein dysfunktionales Verhalten, das in den meisten Fällen auf schwierige Erfahrungen oder Traumata zurückzuführen ist.
Forschungen der George Mason University zeigen, dass posttraumatische Belastungsstörungen das Verhalten der Betroffenen stark beeinflussen. Wir sehen uns anschließend die häufigsten Merkmale von extrem unabhängigen Menschen an.
Unabhängig zu sein bedeutet, dass du stark bist, die Dinge selbst in die Hand nimmst und dich um deine Bedürfnisse kümmerst. Wenn sich dahinter jedoch die Angst versteckt, verlassen oder verletzt zu werden, ist diese Unabhängigkeit keine freiwillige Entscheidung, sondern eine psychologische Störung.
Arbeitswut durch extreme Unabhängigkeit
Betroffene konzentrieren sich häufig auf ihre Arbeit, sie sind Workaholics, die zwanghaft zielorientiert arbeiten. Die langen Arbeitszeiten dienen ihnen als Ausrede, um sich von Verpflichtungen mit Familie, Freunden oder dem Partner zu drücken.
Extrem unabhängige Menschen delegieren nie und bitten nie um Hilfe
Diese Personen scheinen alles zu können, denn sie bitten nie um Hilfe. Sie delegieren ihre Aufgaben nie, denn dies würde ihre Autorität und Stärke schmäleren. Extreme Unabhängigkeit führt zu effektiver Entschlossenheit, die keine fremde Hilfe benötigt.
Es handelt sich um hermetische, geheimnisvolle Persönlichkeiten
Diese Menschen sind uneinnehmbar und hermetisch. Sie verhalten sich wie kalte menschliche Festungen, die immer stark zu sein scheinen, denn ihre Schwächen verbergen sich in ihrem Inneren. Auch wenn sie tausend Qualen durchmachen, teilen sie diese nie mit anderen. Ihre Sorgen behalten sie immer für sich, ihre Emotionen sind Privatsache.
Extreme Unabhängigkeit führt zu einseitigen Entscheidungen
Betroffene haben große Schwierigkeiten, mit anderen Menschen auszukommen. In der Arbeitswelt sind sie immer die Gegenstimmen, mit denen es schwierig ist, Gruppenprojekte durchzuführen. Sie sind frustriert, wenn die Dinge nicht so laufen, wie sie wollen. Außerdem teilen sie keine Ideen, sie erzielen keinen Konsens, sie führen keine Dialoge und sind nicht zur Teambildung fähig.
Sie schaffen es selten, eine Beziehung aufrechtzuerhalten, treffen immer einseitige Entscheidungen und ertragen es kaum, dass ihre Vorschläge nicht umgesetzt werden.
Extrem unabhängige Menschen hassen es, andere zu brauchen oder gebraucht zu werden
Häufig fühlen sich diese Menschen erdrückt, wenn sie von anderen gebraucht werden. Dies bedeutet, anderen nahe zu sein. Daran scheitern Beziehungen, denn sie tun sich schwer damit, Erfahrungen oder ihre Leben zu teilen. Sie versuchen, emotionale Bindungen um jeden Preis zu vermeiden. Sie wollen keine Hilfe, ertragen es jedoch auch nicht, gebraucht zu werden.
Welche Gründe führen zu dieser extremen Unabhängigkeit?
Dr. Michael B. Sperling ist Spezialist für Bindungsstörungen. In einem seiner Vorträge betont er, wie wichtig es ist, weiterzuerforschen, wie sich Bindungsstörungen in der Kindheit im Erwachsenenalter auswirken. Tatsächlich ist die übermäßige Unabhängigkeit eine Folge der vermeidenden Bindungsstörung.
Sie entsteht, wenn ein Kind merkt, dass es von seiner Bezugsperson keine Liebe und Unterstützung und keinen Schutz erhält. Früher oder später hört es auf, etwas zu erwarten oder zu verlangen, das es nicht bekommen wird. Diese Kinder weinen nicht, unterdrücken ihre Gefühle und sind meist sehr früh selbstständig, da sie gefühlskalte Eltern haben. Sie verlieren das Vertrauen zu anderen, verschließen sich hermetisch und sind ängstlich.
Betroffene fürchten sich vor Nähe und Liebe in jeder Form, da sie glauben, erneut verlassen und verletzt zu werden. Sie benötigen unbedingt psychologische Unterstützung, um ihr Trauma zu verarbeiten und erneut Vertrauen aufzubauen, um gesunde Beziehungen pflegen zu können.
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