Erfolg: persönliches Bedürfnis oder sozialer Druck?

Ist das Bedürfnis nach Erfolg intrinsisch oder wird es von externen Faktoren bestimmt?
Erfolg: persönliches Bedürfnis oder sozialer Druck?
José Padilla

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen José Padilla.

Letzte Aktualisierung: 01. Juni 2023

Psychologen, Philosophen und Soziologen befassen sich mit dieser Frage: Ist Erfolg tatsächlich ein persönliches Ziel, das durch unsere intrinsische Überzeugung und Motivation entsteht? Oder lassen wir uns unter Druck setzen und von soziokulturellen Erwartungen dazu drängen, ein erfolgreiches Leben zu führen? Wir laden dich ein, mit uns über dieses Thema nachzudenken.

Erfolg: intrinsisches Bedürfnis oder sozialer Druck?

Erfolg gestaltet sich bei jedem Menschen anders, denn die individuellen Bedürfnisse und Ziele sind bunt und vielseitig. Im Allgemeinen geht es jedoch darum, ein gewünschtes Ziel zu erreichen. Wenn wir jedoch die Motivation analysieren, wird es etwas komplexer: Streben wir nur aufgrund des gesellschaftlichen Drucks nach Erfolg? Sind des die Erwartungen oder das kulturelle Umfeld, das uns dazu antreibt? Oder drängt uns die intrinsische Motivation dazu, uns im Leben auf Erfolg zu konzentrieren?

Erfolg, ein persönliches Bedürfnis

Das Bedürfnis erfolgreich zu sein, gibt jedem von uns die Macht, Ziele zu definieren und zu erreichen. Auf Überzeugungen, Werte und Wünsche aufbauend konstruiert jeder selbst sein Ideal von Erfolg. Für die einen ist Erfolg eine überzeugende Karriere oder Ruhm, für die anderen finanzielle Stabilität oder die persönliche Entwicklung.

Wir präsentieren anschließend verschiedene Ansätze, welche diese Gedanken unterstützen.

1. Maslows Theorie der menschlichen Bedürfnisse

IN einem in der Zeitschrift Psychological Review veröffentlichter Artikel beschreibt Abraham Maslow fünf Kategorien motivierender Bedürfnisse: physiologische Bedürfnisse, Sicherheit, Liebe, Wertschätzung und Selbstverwirklichung. Sie alle bilden eine Hierarchie, in der zuerst die untersten Bedürfnisse befriedigt werden müssen, um zu den höheren kommen zu können.

Ganz unten befinden sich die physiologischen und Sicherheitsbedürfnisse, die elementar sind, während die Selbstverwirklichung ganz oben an der Spitze steht. Aus dieser Perspektive ist Erfolg das Streben nach Selbstverwirklichung. Er ist mit der Entwicklung des menschlichen Potenzials, mit Wachstum und Zufriedenheit verbunden. Die Sehnsucht, erfolgreich zu sein, entspringt also dem Wunsch nach Selbstverwirklichung.

2. Die Selbstbestimmungstheorie von Edward Deci und Richard Ryan

Die Selbstbestimmungstheorie, die in der International Encyclopedia of the Social & Behavioral Sciences rezensiert wurde, vertritt die Auffassung, dass es drei psychologische Grundbedürfnisse gibt: Kompetenz, Autonomie und soziale Eingebundenheit.

Die Befriedigung dieser Grundbedürfnisse fördert optimale motivationale Eigenschaften und Zustände. Dieses intrinsische Streben erleichtert die psychische Gesundheit und die effektive Auseinandersetzung mit der Welt.

Nach diesem Ansatz bedeutet Erfolg, die inneren Bedürfnisse zu befriedigen, es geht nicht um kulturelle Erwartungen.

3. Die Leistungs-Motivations-Theorie von McClelland

McClelland inspirierte sich in der Theorie von Maslow. Er beschreibt drei Grundbedürfnisse, die uns motivieren: Leistungsstreben, soziales Streben und Machtstreben. In diesem Zusammenhang bedeutet Erfolg die Befriedigung dieser Bedürfnisse, wobei die Leistung eine besonders wichtige Rolle spielt.

Ein in der Fachzeitschrift INFAD Journal of Psychology veröffentlichter Artikel erklärt, dass David McClelland war, der die Leistungsmotivation mit dem Drang in Verbindung brachte, sich zu profilieren, Ziele zu erreichen und nach Erfolg zu streben.

In seinem Buch Human Motivation¹ stellt McClelland fest, dass Menschen, die ein größeres Bedürfnis nach Leistung haben, bei Aufgaben mit mittlerem Schwierigkeitsgrad überdurchschnittlich gut abschneiden. Außerdem übernehmen sie die Verantwortung für ihre Leistung und erwarten sich Feedback.

Die Theorien von Maslow, Deci und Ryan und McClelland stützen also die Idee, dass Erfolg ein persönliches Bestreben ist, das aus inneren Bedürfnissen resultiert. Selbstverwirklichung, Kompetenz, Autonomie und Leistung sind die wichtigsten Motivatoren.

Erfolg durch sozialen Druck

Gesellschaften, Kulturen und Gemeinschaften legen die Standards für Erfolg fest. Dies führt jedoch zu Druck und Erwartungen, an die wir uns anpassen, um in der Gruppe Geltung zu erwirken. Die Gesellschaft kann unter anderem Reichtum, Anerkennung oder Luxus als Synonym für Erfolg im Leben bewerten. Unter diesen Bedingungen wird der Einzelne dazu gedrängt, eine erfolgreiche Karriere zu erzielen und viel Geld zu verdienen.

Folgende Theorien stützen diesen Gedanken.

1. Die Social-Impact-Theorie

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass sozialer Einfluss Menschen dazu bringt, im Einklang mit den Überzeugungen und Erwartungen der Gruppe oder anderer zu handeln. In ihrem Buch Psicología social stellen Morales, Gaviria, Moya und Cuadrado fest, dass “Prozesse der sozialen Beeinflussung auch ihre Wirkung als Formen des gruppeninternen Drucks, der darauf abzielt, die Identifikation, den Zusammenhalt und die Akzeptanz von Gruppenentscheidungen zu fördern, akzentuieren und verstärken”.

So wird jeder dazu gedrängt, sich den Normen der jeweiligen Gruppe anzupassen. Das Bestreben, erfolgreich zu sein, entsteht also durch den Einfluss anderer (der Gesellschaft) auf das Subjekt. Wenn zum Beispiel alle nach wirtschaftlichem Wachstum streben, fühlt sich das Individuum unter Druck und dazu gezwungen, mit dem Strom zu schwimmen.

2. Die Theorie der sozialen Identität

Die Theorie der sozialen Identität, die in der Encyclopedia of Critical Psychology beschrieben wird, geht davon aus, dass Menschen ihre Identität in Bezug auf die sozialen Gruppen definieren, denen sie angehören. Dieser Identifikationsprozess schützt und stärkt die eigene Identität, sodass das Selbstverständnis der Menschen immer mit ihrer Gruppe oder Gesellschaft übereinstimmt.

Viele definieren sich zum Beispiel über ihre Religion, Nationalität, Fußballmannschaft, Berufsgilde, Familie usw. Aus dieser Sicht ist Erfolg nichts anderes als der Druck, sich der sozialen Identität der Gruppe anzupassen. Wenn Ruhm für eine Gruppe der Gipfel des Erfolgs ist, fühlen sich alle Mitglieder unter Druck gesetzt und streben dasselbe Ziel an, um ihre Identität nicht zu gefährden.

3. Die sozial-kognitive Lerntheorie

Menschen lernen ihr Verhalten, indem sie andere beobachten und imitieren. Die sozial-kognitive Lerntheorie betont die Bedeutung von Vorbildern für den Erwerb von Verhaltensweisen und die Anpassung an die Gesellschaft. Demnach führt der Versuch, sich in das soziale Umfeld einzufügen, dazu, dass Menschen Verhaltensmuster, Einstellungen und Überzeugungen übernehmen, die sie sich von anderen abgeschaut haben.

Dies beeinflusst ihr Streben nach Erfolg, das letztlich ein Produkt des sozialen Drucks ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieser Druck die Art und Weise des Bestrebens nach Erfolg beeinflusst, da die Gesellschaft die Parameter des Erfolgs eingrenzt, welche die Identität des Individuums definieren.

Theorien über Einfluss, Identität und soziales Lernen zeigen, wie Menschen die Erwartungen und den Erfolgsdruck, die eine bestimmte Bevölkerung prägen, aufnehmen.

Erfolg: persönliches Bedürfnis und sozialer Druck

Wie bereits erwähnt, ist Erfolg das Ergebnis eines Prozesses, der von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist. Einerseits befriedigt er individuelle Bedürfnisse wie Selbstverwirklichung, Kompetenz, Autonomie und Leistung. Andererseits ist er das Ergebnis des Umfelds und des sozialen Drucks. In jedem Fall ist es wichtig zu betonen, dass beide Positionen gültig sind. Die Komplexität des Erfolgs lässt sich nicht auf eine einzige menschliche Dimension reduzieren, weder auf die psychologische noch auf die soziale.

Erfolg ist multifaktoriell und relational. Daraus lässt sich schließen, dass er sowohl das Ergebnis persönlichen Strebens als auch gesellschaftlichen Drucks ist. Das Gleichgewicht zwischen diesen beiden Ebenen ist der Schlüssel zum Ziel. Gib nicht auf und arbeite an deinen Träumen!

▶ Lese-Tipp

  1. Human Motivation, David McClelland, Cambridge University Press 2009

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