Emotionsbewältigung in Krisenzeiten: So kann sie gelingen
In Krisenzeiten ist es keine einfache Aufgabe, die vielfältigen Emotionen und Belastungen zu bewältigen, die damit einhergehen. In den letzten Monaten war unser Leben chaotisch, verstörend und mitunter extrem anstrengend. Ängste, Zukunftssorgen und Nöte können an manchen Tagen die Überhand gewinnen. Aber plötzliche Hoffnungsschübe und Begeisterung helfen uns, trotz allem weiterzumachen, anstatt uns dem Ärger und der Frustration hinzugeben, wenn die Dinge sich nicht so schnell entwickeln, wie wir uns das vorstellen.
Unsere Emotionen schwanken permanent und verändern sich, sie kommen und gehen und manchmal überwältigen sie uns und beeinflussen unsere Gedanken und unser Verhalten. Aber obwohl diese psychophysiologischen Reaktionen eine große Rolle dabei spielen, zu bestimmen, wer wir sind, wissen viele Menschen nicht, wie sie diese bestmöglich für sich nutzen können. Dabei können sie von unschätzbarem Wert sein, wenn es darum geht, uns weiterzuentwickeln. Außerdem können sie uns dabei helfen, Krisenzeiten zu überstehen.
In seinem Roman Große Erwartungen schrieb Charles Dickens, dass ein liebendes Herz die wahrhaftigste Weisheit ist. Die Fähigkeit, alle Emotionen und Empfindungen, die uns das Leben bietet, zu erleben und daraus zu lernen, ist einer der größten Vorteile, die jeder von uns nutzen kann.
In Zeiten der Krise, des Wandels und der Ungewissheit stehen wir vor unserer ultimativen Prüfung. Einfach nur zu überleben ist nicht genug; wir müssen jeden Sturm überstehen, jeden Angriff abwehren und jedes Hindernis überwinden, das uns das Schicksal in den Weg stellt.
Außerdem ist es wichtig, einen Plan zu entwickeln, der es uns ermöglicht, voller Überzeugung und Bestimmtheit voranzuschreiten. Wir müssen uns selber klare Ziele setzen, damit wir ein Gleichgewicht erreichen und unser Wohlbefinden verbessern können. Mit diesem Thema wollen wir uns nachfolgend eingehender befassen.
Wie du deine Emotionen in Krisenzeiten bewältigen kannst
Ein interessanter Aspekt von Krisenzeiten (wie beispielsweise der aktuellen Pandemie) ist, dass das Gehirn diese als eine Bedrohung wahrnimmt. Solche Krisen, die im Laufe des Lebens durchaus erwartbar sind, werden von deinem Gehirn als Zerstörung von etwas betrachtet, das du bis zu diesem Zeitpunkt als selbstverständlich erachtet hast. Die Tatsache, dass viele Dinge, die du bisher als sicher und vorhersehbar angesehen hast, sich plötzlich schlagartig verändern, aktiviert deine Amygdala. Infolgedessen entstehen intensive negative Emotionen wie Angst und Wut.
Der bekannte Anthropologe Juan Luis Arsuaga weist darauf hin, dass es in jeder Epoche Krisenzeiten gibt. Die Krise, mit der wir gerade konfrontiert sind, ist keine Ausnahme. Daher wird uns keine einzigartige Strategie erlauben, völlig unversehrt aus dieser Situation herauszukommen.
Allerdings hat jeder einzelne die Verpflichtung und die individuelle Verantwortung, sich um die eigene psychische Gesundheit zu kümmern und zu lernen, mit den entstehenden Emotionen angemessen umzugehen.
Akzeptiere die emotionalen Hochs und Tiefs
Wenn du in Krisenzeiten erfolgreich mit deinen Emotionen umgehen möchtest, dann musst zu zunächst einmal etwas verstehen. In jeder Krise durchläuft man verschiedene emotionale Hochs und Tiefs. Es gibt Momente, in denen dich eine unbändige Wut überkommt, gefolgt von einem Gefühl der Aufregung und danach bist du ganz plötzlich vollkommen von deinen Ängsten überwältigt. All das ist absolut normal.
Daher solltest du jede deiner Emotionen als solche akzeptieren. Jede Empfindung, die du hast, und jeder Gedanke, der sich in deinem Kopf entwickelt, sollte validiert werden. Dieser emotionale Aufruhr ist weder ein Zeichen dafür, dass du die Kontrolle über deinen Verstand verlieren würdest, noch ein Symptom einer psychischen Störung. Tatsächlich sind diese Prozesse völlig normal.
In Krisenzeiten sind Emotionen “viszeral”
In Krisenzeiten erleben wir Emotionen häufig viszeral. Aber was genau bedeutet das? Es bedeutet, dass du dich möglicherweise ungewohnt müde fühlst und das Bedürfnis verspürst, während des Tages ein Nickerchen zu machen. Wenn du aufwachst, fühlst du dich vielleicht unruhig und es fällt dir schwer, still sitzen zu bleiben. Darüber hinaus könnte es passieren, dass du an Kopf- oder Bauchschmerzen leidest.
Diese vorübergehenden Phasen geistiger und körperlicher Beschwerden sind das Ergebnis verschiedener Emotionen, die sich in deinem Körper manifestieren und die versuchen, von deinem Geist akzeptiert, verstanden und verarbeitet zu werden. Daher ist es wichtig, dass du genau auf deine körperlichen Empfindungen und auch auf deine Emotionen achtest.
Emotionsbewältigung in Krisenzeiten: Akzeptanz und Transformation
Um deine Emotionen in Krisenzeiten zu bewältigen, musst du zuerst einmal versuchen zu verstehen, wie du in derartigen Situationen typischerweise reagierst. Manche Menschen erleben angesichts großer Veränderungen oder Unsicherheiten beispielsweise große Ängste. Andere wiederum reagieren gelassener und nehmen eine fokussiertere und flexiblere Haltung ein.
- Unabhängig davon, wie du darauf reagierst, ist eine Tatsache unbestritten. Derartige Umstände sind für keinen Menschen einfach. Allerdings ist das Wichtigste, dass du versuchst, die Kontrolle zu behalten. Du kannst deine psychische Gesundheit erhalten, wenn du die richtigen Emotionen zur rechten Zeit empfindest und weißt, wie du darauf reagieren musst. Das heißt, dass es in schwierigen Situationen vollkommen normal ist, Traurigkeit, Angst, Wut oder Zorn zu empfinden. Aber du darfst diese Emotionen nicht leugnen oder so weit verstärken, bis sie dich überwältigen.
- Daher ist es wichtig, dass du jede deiner Emotionen klar benennen kannst. Du musst lernen, wie du diesen riesigen, verwirrenden emotionalen Knoten entwirren, in seine einzelnen Bestandteile zerlegen, die einzelnen Emotionen identifizieren und letztendlich akzeptieren kannst. Nur so kannst du sie auch “zähmen”.
Du kannst negative Emotionen nicht transformieren, aber du kannst sie annehmen
- Darüber hinaus gibt es noch einen weiteren wichtigen Aspekt, den du verstehen musst. Du kannst deine negativen Emotionen nicht einfach in positive transformieren, egal wie sehr du das auch versuchen magst. Kein Mensch kann plötzlich von Traurigkeit zu Fröhlichkeit wechseln, selbst wenn er dies wollte. Denn dein Gehirn hat keinen Schalter, mit dem du deine Gefühle ganz einfach an- und abschalten kannst. Allerdings hat es einen präfrontalen Kortex. Diesen kannst du nutzen, um über deine Emotionen nachzudenken und die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
Eine an der University of Michigan von Dr. Barbara L. Fredrickson durchgeführte Studie enthüllte etwas sehr Interessantes: Eine der besten Möglichkeiten, um Krisenzeiten zu bewältigen, besteht darin, dein Gehirn darauf zu trainieren, die Hoffnung aufrechtzuerhalten und daran zu glauben, dass es morgen besser sein wird und sich die Situation im Laufe der Zeit wieder positiver entwickelt.
Schaffe dir dein eigenes emotionales Refugium: Wir sitzen alle im selben Boot
Emotionsbewältigung in Krisenzeiten bedeutet auch, dass du weißt, wie du um Hilfe bitten kannst. Bedenke, dass die aktuelle Pandemie eine globale Krise ist und dass beinahe jeder Mensch die gleichen Ängste, Sorgen und Schwierigkeiten erlebt. In solchen Zeiten ist es gut, jemanden zu haben, mit dem du reden kannst. Es kann sehr kathartisch sein, emotionale Zufluchtsorte zu schaffen, in denen du Menschen hast, mit denen du sprechen, dich austauschen und deine Gedanken teilen kannst.
Wie Albert Einstein einmal sagte, ist Vorstellungskraft wichtiger als Wissen, insbesondere in Krisenzeiten. Unsere Vorstellungskraft hilft uns, Lösungen zu finden, indem wir ständig nach neuen Möglichkeiten für Veränderungen und Innovationen suchen. Aber du darfst auch dein emotionales Wohlbefinden nicht vergessen. Emotionale Selbstfürsorge ist in Zeiten von großem Stress und Angst unerlässlich, um sicherzustellen, dass du weiterhin dein Bestes geben kannst.
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- L. Fredrickson, B (2003) What Good Are Positive Emotions in Crises? A Prospective Study of Resilience and Emotions Following the Terrorist Attacks on the United States on September 11th, 2001. Journal Personality Psychology. 2003 Feb; 84(2): 365–376.