Emotionale Selbstfürsorge in schwierigen Zeiten
Jeder Mensch versucht, mit der momentanen Situation so gut wie möglich zurechtzukommen. Allerdings haben wir nicht alle die gleichen Lebensumstände, das bedeutet, nicht jeder hat ein gleichermaßen gut funktionierendes soziales Netzwerk. Daher ist es sehr wichtig, dass wir uns bestimmte psychologische Fähigkeiten aneignen, mit denen wir schwierige Zeiten und Unsicherheiten besser bewältigen können. In unserem heutigen Artikel erklären wir dir, was emotionale Selbstfürsorge ist und welche Strategien dir dabei helfen werden.
In den letzten Tagen und Wochen wurden zahlreiche gut gemeinte Botschaften verbreitet, die uns daran erinnern wollen, dass es nun an der Zeit ist, zusammenzukommen und über ein gemeinsames Ziel nachzudenken. Allerdings wissen wir, dass diese Situation aus psychologischer Sicht für einen großen Teil der Bevölkerung sehr schwierig zu bewältigen ist.
Die vergangenen Wochen haben wir weitestgehend in unserem Zuhause verbracht. Diese Situation hat zu Gefühlen von Einsamkeit, Ängsten, Verlustgefühlen, familiären Problemen und Zukunftsängsten geführt.
Ein Wechselbad der Gefühle
Manchmal genügt es nicht, eine Routine beizubehalten, Sport zu treiben oder mit Familie und Freunden Video-Telefonate durchzuführen. Trotz all dieser Aktivitäten wirst du das Gefühl nicht los, dass dir etwas fehlt. Das führt dazu, dass du dich in einem Wechselbad der Gefühle befindest. Es gibt Momente, in denen du dich mental sehr stark fühlst und plötzlich empfindest du Frustration oder bist den Tränen nahe. All diese Gefühle sind völlig normal.
Das Wichtigste in dieser Situation ist, dass du nicht permanent in dieser Negativität gefangen bleibst. Diese emotionalen Realitäten sollten wie Wolken wieder vorüberziehen: Beobachte deine Gefühle, akzeptiere sie und lasse sie anschließend wieder los. Auf diese Weise kannst du die Welt um dich klarer und mit größerer Gelassenheit betrachten.
In unserem heutigen Artikel wollen wir über emotionale Selbstfürsorge sprechen, die in der momentanen Situation ganz besonders wichtig ist. Welche Strategien können dir helfen, noch besser für dich und deine Emotionen zu sorgen?
Emotionale Selbstfürsorge: Welche Strategien helfen dir in schwierigen Zeiten?
Daniel Goleman hat in seinem sehr bekannten Buch Emotionale Intelligenz darauf hingewiesen, dass Menschen manchmal verwirrt darüber sind, wenn von der Notwendigkeit der Emotionskontrolle die Rede ist. Emotionen sind ein Teil unseres Lebens und daher wird diese “Kontrolle” auch niemals dazu führen, dass wir sie vollkommen blockieren oder in unserem täglichen Leben verleugnen können.
Es sollte vielmehr eine Modulation von Emotionen stattfinden. Wenn du in der Lage bist, deine Emotionen zu “kontrollieren”, kannst du den störenden Effekt reduzieren, den bestimmte Emotionen haben können, aber gleichzeitig ihre Botschaft verstehen, die sie dir vermitteln sollen. Wenn du beispielsweise frustriert bist oder dich sogar darüber ärgerst, dass du zu Hause bleiben musst, bringt es überhaupt nichts, wenn du dieses Gefühl verleugnest oder versuchst, es zu verdrängen oder zu vergessen.
Stattdessen solltest du versuchen, diese Emotionen irgendwie zu kanalisieren. Suche nach einer Aktivität, die es dir ermöglicht, dich von dieser Emotion zu “befreien”. Emotionale Selbstfürsorge bedeutet, dass du dich jederzeit zu dir selber bekennst und auf deine Bedürfnisse achtest. Nachfolgend wollen wir dir einige Strategien aufzeigen, die du in deinem täglichen Leben anwenden kannst.
Beobachte deine Stimmung im Verlaufe des Tages
Es gibt kein größeres Paradoxon als eine verordnete Ausgangsbeschränkung während einer Pandemie. In dieser Situation ist die Unsicherheit noch größer als die Angst. All diese Gefühle haben wir in den vergangenen Wochen erlebt. Und wenn sich diese Empfindungen in dir ausbreiten, dann beginnst du, dir viele Fragen zu stellen.
Wie lange wird diese Pandemie noch dauern? Werde ich mich irgendwann auch selber mit diesem Virus infizieren? Und was wird dann geschehen? Was werde ich tun, wenn sich jemand aus meiner Familie mit dem Virus infiziert? Wie wird sich die gesamte Situation in den kommenden Tagen und Wochen entwickeln?
Diese anhaltenden Zweifel führen dazu, dass sich dein emotionales Unbehagen weiter verstärkt, ohne dass du dies überhaupt bemerken wirst. Allmählich gerätst du in einen Zustand der Hypervigilanz und alles wird zunehmend schwieriger. Daher ist es von großer Wichtigkeit, dass du dich selber genau beobachtest und deinen mentalen und psychischen Zustand im Laufe des Tages analysierst. Identifiziere die Emotionen, die dich beherrschen, denn das wird dir dabei helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Emotionale Selbstfürsorge: Akzeptiere deine Emotionen und tue dir selber etwas Gutes
Emotionale Selbstfürsorge kann dir in dieser schwierigen Zeit durch einen ganz entscheidenden Schritt gelingen: Akzeptanz. Was bedeutet das? Du solltest all deine Gedanken, Gefühle und Emotionen akzeptieren und annehmen. Es ist vollkommen normal, dass du Ängste hast, verzweifelt bist oder dir diese ganze Situation beinahe unwirklich erscheint.
Allerdings geht jeder Mensch auf andere Weise mit schwierigen Situationen um. Manchmal kann es passieren, dass du von der positiven Haltung anderer Menschen überrascht bist und dich wunderst, wie gelassen und zufrieden sie sich in der aktuellen Situation verhalten.
Jeder geht mit Herausforderungen auf seine persönliche Art und Weise um. Und manchmal ist Humor nichts weiter als ein guter Abwehrmechanismus. Daher ist es wichtig, dass du auch die Reaktionen und Verhaltensweisen anderer Menschen akzeptierst, selbst wenn sie sich stark von deinen eigenen unterscheiden. Gleichzeitig solltest du natürlich auch akzeptieren, wie du dich selber fühlst.
Nachdem du deine Emotionen beobachtet und identifiziert hast, musst du dir selber das geben, was du brauchst. Wenn du unter starken Ängsten leidest, solltest du versuchen, sie zu lindern. Dabei kann es sehr hilfreich sein, wenn du dich auf das Hier und Jetzt fokussierst. Außerdem solltest du mit einem dir nahe stehenden Menschen darüber sprechen oder etwas unternehmen, das dir dabei hilft, dich zu beruhigen.
Wenn du Frustrationen, Unruhe oder Ängste empfindest, solltest du dir eine Möglichkeit suchen, wie du sie zum Ausdruck bringen und dadurch lindern kannst. Und wenn du traurig bist, solltest du dich mit einer friedlichen Aktivität, einem guten Buch oder angenehmer Musik trösten.
Nutze deine Emotionen zu deinem eigenen Vorteil
Ob du es glaubst oder nicht, wir alle spielen in der momentanen Situation eine wichtige Rolle. Wir sind alle ein Teil dieses Ausnahmezustandes. Daher hat auch jeder von uns eine große Eigenverantwortung und deshalb ist emotionale Selbstfürsorge auch so wichtig.
Du kannst dich entscheiden, wer du sein möchtest. Willst du zu den Menschen gehören, die sich von irrationalen Gedanken und Panik leiten lassen? Menschen, die Hamsterkäufe tätigen, sich wütend und zornig verhalten und ihren Mitmenschen das Leben erschweren? Nun, wir glauben, dass dies nicht die angemessene Reaktion auf die momentane Situation ist.
Stattdessen kannst du dich dazu entscheiden, eine außergewöhnliche Person zu sein. Wenn du ruhig und gelassen handelst, wird es dir leichter fallen, diese Zeiten zu überstehen. Meditiere und werde dir über deine Gedanken klar. Achte auf das, was dich belastet und welche Situationen dazu beitragen, dieses Gefühl zu verstärken. Konzentriere dich auf den gegenwärtigen Moment und versuche, nicht permanent über die Zukunft nachzudenken.
Konzentriere dich auf das, was du kontrollieren kannst
Eine unbestreitbare Tatsache ist die, dass COVID-19 eine bisher unbekannte Erkrankung für uns alle ist. Wenn wir uns einer neuen Herausforderung stellen müssen, führt dies zu Ängsten und kann auch sehr leicht zu großer Verunsicherung führen. Daher ist emotionale Selbstfürsorge besonders in diesen Ausnahmezeiten wichtig, denn sie führt dazu, dass wir uns auf das konzentrieren, was wir selber kontrollieren können.
Dabei kann dir die nachfolgende Übung sehr hilfreich sein: Nimm dir ein Blatt Papier und einen Stift und zeichne zwei Spalten. In der einen Spalte listest du alle Dinge auf, die du in der momentanen Situation kontrollieren kannst (Vorsorgemaßnahmen, Maske tragen, Hände desinfizieren, Abstand halten, Fürsorge für deine Familie und dich selbst, regelmäßige sportliche Aktivitäten und anderes mehr).
In der anderen Spalte schreibst du die Aspekte auf, die du nicht selber beeinflussen kannst, wie beispielsweise die Dauer der gesamten Pandemie. Wenn du beide Spalten gefüllt hast, gehst du alle Punkte noch einmal durch. Du wirst schon sehr bald erkennen, dass du durchaus einige sehr wichtige Aspekte selber in der Hand hast. Und diese Dinge werden dazu beitragen, dass du ruhiger und gelassener mit der Situation umgehen kannst.
Daher solltest du unbedingt darauf achten, dass du dich nicht von deinen Gefühlen überwältigen lässt. Stattdessen übernimmst du wieder selber die Kontrolle über viele Aspekte deines Lebens und du wirst schon sehr bald den Unterschied bemerken!