Emotionale Selbstenwertung: Du bist selbst dein größter Feind

Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, wie du dich selbst verletzen kannst, ohne es zu merken, indem du die Botschaften deiner Gefühle unterbewertest. Wie wäre es, wenn du anfängst, dich selbst mehr zu respektieren?
Emotionale Selbstenwertung: Du bist selbst dein größter Feind
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 21. Dezember 2022

Als emotionale Entwertung bezeichnen wir die Zurückweisung oder negative Bewertung einer Person: Ihre Gefühle, Gedanken oder Verhaltensweisen werden ignoriert, herabgesetzt, lächerlich gemacht oder nicht anerkannt. Es handelt sich dabei um eine Form von Missbrauch und Manipulation. Du kannst jedoch auch selbst zu deinem größten Feind werden: Emotionale Selbstentwertung ist ein weitverbreitetes Phänomen.

Du stehst bewusst oder unbewusst deinen eigenen Bedürfnissen, Werten und Gefühlen im Weg. Ängste, Selbstzweifel und negative Überzeugungen halten dich gefangen – du weißt nicht, wie du mit deiner komplexen Gefühlswelt umgehen kannst und verlierst die Kontrolle über dein Wohlbefinden. Die Selbstsabotage führt schließlich dazu, dass du dich als Versager fühlst und dein Selbstbild zerstörst.

Emotionale Selbstentwertung ist das Substrat verschiedener psychischer Störungen wie Angst und Depression.

Emotionale Selbstentwertung: dein größter Feind
Du entwertest dich selbst, wenn du deine Gefühlswelt boykottierst.

Emotionale Selbstentwertung: die unbewusste Misshandlung deiner Gefühle

Wenn wir von anderen ungerecht oder unangemessen behandelt werden, reagieren wir oft sehr kritisch oder enttäuscht. Bedeutend schwieriger ist es jedoch, in die eigene Innenwelt einzutauchen und zu beobachten, wie wir selbst mit uns umgehen. Die Selbstentwertung oder Selbstsabotage, über die wir uns meistens nicht bewusst sind, ist jedoch eine der häufigsten Ursachen für Unbehagen und Ängste. Sie kann sehr zerstörerisch sein und unter anderem Depressionen auslösen.

Phänomene wie die Verleugnung, Verdrängung und Missachtung der eigenen emotionalen Zustände sind noch nicht ausreichend erforscht, doch es gibt interessante Studien über die Selbstentwertung, die uns diesem Thema näherbringen.

Dr. Regina Schreiber und Dr. Jennifer C. Veilleux haben 2022 ein wichtiges Instrument entwickelt: die Emotional Self-Invalidation Scale. Dieses Instrument ermöglicht es, das Ausmaß der Selbstentwertung zu messen. Es handelt sich um einen äußerst wichtigen Aspekt, der sich stark auf das Selbstbild, das Selbstwertgefühl und das innere Gefühl der Würde auswirkt.

Wir vertiefen uns nachfolgend in die häufigsten Strategien der Selbstentwertung. Wenn du entsprechende Verhaltensmuster erkennst, kannst du bewusst dagegensteuern.

“Es ist schwierig, Glück in sich selbst zu finden, aber es ist unmöglich, es irgendwo anders zu finden.”

Artur Schopenhauer

1. Du blockierst deine Traurigkeit, da sie unangenehm ist

Nach einem Verlust oder einer Trennung ist Traurigkeit normal. Wenn du dieses Gefühl leugnest oder verdrängst, da es unangenehm ist, behinderst du deinen Weg und deine persönliche Entwicklung. Du lässt die Traurigkeit nicht zu und versuchst, deinen Alltag wie gewohnt weiterzuführen. In Wahrheit boykottierst du dich damit jedoch selbst. Kummer, Trübsinn oder Mutlosigkeit sind trotzdem da und können sogar stärker werden oder physische Beschwerden auslösen, wenn du sie nicht verarbeitest.

2. Du vergleichst dich mit anderen

Jeder Mensch ist einzigartig und reagiert deshalb bei Widrigkeiten auch unterschiedlich. Wenn du dich in schwierigen Situationen mit anderen vergleichst, nährst du dein Unbehagen und glaubst vielleicht, dass du schwächer oder weniger wertvoll bist. Akzeptiere deine eigenen Gefühle sowie dein eigenes Tempo und vergleiche dich nicht mit anderen.

3. Du verdrängst deine Gefühle, wenn dich etwas empört, verletzt oder wütend macht

Viele verdrängen negative Gefühle im Umgang mit anderen, um Konflikte oder Enttäuschungen zu vermeiden. Damit entwertest du dich selbst und widersprichst dir. Entwickle eine gesunde Durchsetzungsfähigkeit, lerne, Grenzen zu setzen und akzeptiere deine Gefühle. 

4. Du schämst dich, da du sehr emotional reagierst

Manche Menschen reagieren sehr emotional, aufgeregt oder gereizt. Sie schämen sich dafür, doch in den meisten Fällen prägen sich diese emotionalen Muster bereits in der Kindheit ein. Sie müssen deshalb lernen, mit ihren Gefühlen richtig umzugehen, anstatt sich selbst zu entwerten.

emotionale Selbstentwertung beginnt meistens schon in der Kindheit
Es gibt unangenehme Gefühle, die uns lähmen, aber wir müssen uns mit ihnen auseinandersetzen, um uns nicht selbst zu schaden.

5. Du kritisierst dich, anstatt mitfühlend mit dir zu sein

Auch erbarmungslose Selbstkritik führt zur emotionalen Selbstentwertung. Du verzeihst dir keinen Fehler, zeigst kein Mitgefühl und zerstörst so deinen Selbstwert. Verändere dieses zerstörende Verhaltensmuster, akzeptiere, dass niemand perfekt ist und sei nicht so streng mit dir.

Am Ende gewöhnt sich dein Gehirn daran, deine Gefühle zu entkräften und so zu tun, als würden diese nicht existieren. Du gefährdest damit jedoch deine psychische Gesundheit.

6. Du akzeptierst alles, weil du denkst, dass es noch schlimmer sein könnte

Wir hören immer wieder: “Es hätte schlimmer sein können.” Ein Beispiel ist, wenn du deinen Job verlierst, dein Lebenspartner jedoch Arbeit hat. Natürlich könnte es noch schlimmer kommen, doch dieser Gedanke führt dich in eine Falle. Du entwertest deine Gefühle und versuchst, Frust, Wut oder Traurigkeit zu verdrängen, anstatt diese emotionalen Ausdrücke zu verarbeiten.

7. Du glaubst, alles schaffen zu können

Glaubst du, mit allem fertig zu werden und alles zu schaffen? Du denkst vielleicht, so charakterstark zu sein, dass du dich an alle Widrigkeiten und Schläge des Lebens gewöhnen kannst. Auch dies ist eine emotionale Entwertung. Wenn du deinen Schmerz und dein Leid verdrängst, wirkt sich dies langfristig auf deinen psychischen Zustand aus.

Du musst lernen, Gefühle zu akzeptieren und richtig zu verarbeiten. Auch wenn du diese verdrängst, sind sie noch immer da. Kümmere dich um deine Innenwelt und zeige dir selbst gegenüber Mitgefühl und Verständnis.


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  • Schreiber, R.E., & Veilleux, J. C. (2022). The Self-Invalidation Due to Emotion Scale: Development and psychometric properties. Psychological Assessment, 34(10), 937–951. https://doi.org/10.1037/pas0001155

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