Eigengruppe und Fremdgruppe: Worum geht es?
Wie die Sozialpsychologie uns lehrt, erstellen Menschen Kategorien und unterteilen andere Personen nach diesen Kategorien. Mit anderen Worten, wir kategorisieren Menschen in Gruppen nach Nationalität, ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Geschlecht oder sexueller Präferenz. Dies bedeutet, dass einige Leute als zur jeweiligen Gruppe zugehörig verstanden werden und andere nicht – einschließlich unserer selbst.
Die Voreingenommenheit in Bezug auf die Eigengruppe, auch Eigengruppen-Verzerrung genannt, kann als Neigung der Menschen definiert werden, die Mitglieder der eigenen Gruppe zu bevorzugen, zu fördern oder mehr zu schätzen, als die Personen außerhalb der eigenen Gruppe. Wir bevorzugen also Personen innerhalb der Eigengruppe denen gegenüber, die zur Fremdgruppe gehören.
Die Unterteilung in Eigengruppe und Fremdgruppe und die daraus resultierenden Konflikte
Die Neigung dazu, in Eigengruppe und Fremdgruppe zu unterteilen, wird als Produkt des Konflikts zwischen Gruppen betrachtet. Dies ist auf die unterschiedlichen Interessen der Gruppen und unter Umständen auf unvereinbare Ziele zurückzuführen. Dabei können zwei Gruppen ursprünglich gar das gleiche Ziel haben, aber wenn eine Gruppe das Ziel erreicht, bedeutet dies möglicherweise, dass die andere es nicht mehr kann.
Fußball ist das perfekte Beispiel. Fußballfans identifizieren sich mit ihrem Team, sodass sie eine gemeinsame Gruppe bilden, welche die Fans ihres Teams einschließt, die Fans anderer Mannschaften jedoch nicht. Auf der anderen Seite besteht das erklärte Ziel darin, die Meisterschaft zu gewinnen. Aber nur ein Verein kann gewinnen. Wenn dein Team also der RB Leipzig ist, entsteht daraus ein Konflikt mit den Fans der anderen Teams, insbesondere wenn sie eine Bedrohung darstellen, insofern dass sie mit den Leipzigern um die Meisterschaft konkurrieren.
Dieser Konflikt kann mehr oder weniger intensiv ausgetragen werden. Das hängt von deinem Engagement in deiner Gruppe sowie von anderen Faktoren ab. In Bezug auf die Denkweise innerhalb der Eigengruppe ändern sich unsere Einstellungen, Wahrnehmungen, Präferenzen und sogar Verhaltensweisen. Zum Beispiel betrachten wir Leute aus anderen Gruppen als weniger freundlich. Das führt dazu, dass wir sie schlechter behandeln als die Fans unseres Teams – ganz unabhängig davon, ob diese nun wirklich freundlicher sind oder nicht.
Untersuchungen haben weiterhin gezeigt, dass widersprüchliche Interessen oder Konflikte nicht unbedingt notwendig sind, um eine Unterteilung in Eigengruppe und Fremdgruppe vorzunehmen. Aber auch ganz ohne derartige Differenzen ist es so, dass wir immer unsere eigene Gruppe bevorzugen.
Nun hat man versucht, die Gründe für die Bevorzugung der Eigengruppe zu erklären. Ausgehend davon, dass sich der Mensch motiviert fühlt, ein positives Bild von sich selbst zu schaffen und zu pflegen, stellte man fest, dass er sich zum Teil über die Gruppen definiert, denen er angehört. Wenn er ein entsprechendes Image erreichen will, muss das Image seiner Gruppen dazu beitragen. Daher ist er stets motiviert, die Gruppen, denen er angehört, positiv zu bewerten.
Wie gelangen wir zu einer positiven Bewertung der Gruppe?
Wir bewerten unsere Gruppen im Vergleich mit anderen. Wir sagen nicht einfach nur, dass unsere Gruppe gut sei, sondern dass sie besser wäre als eine andere oder sogar die beste Gruppe von allen. Wenn wir also unsere Eigengruppe mit anderen vergleichen, gelangen wir zu einer positiven Bewertung und unser Selbstwertgefühl steigt.
Auf der anderen Seite müssen vier Bedingungen erfüllt sein, um eine Denkweise in Eigengruppe und Fremdgruppe zu erzeugen und unsere Wahrnehmungen, Bewertungen und Verhaltensweisen als Ergebnis der Suche nach einer positiven Gruppenunterscheidung zu ändern:
- Menschen müssen sich mit ihrer Gruppe identifizieren können und diese Identität verwenden, um das Bild zu gestalten, das sie von sich selbst haben.
- Sie müssen ihre Gruppe anhand eines als wichtig erachteten Merkmals mit anderen vergleichen.
- Die Gruppe, mit der sie die ihrige vergleichen, sollte als bedeutsam erachtet werden.
- Die tatsächlichen Positionen der verglichenen Gruppen müssen sich in Bezug auf das Vergleichsmerkmal wesentlich unterscheiden.
Kurz gesagt, die Zugehörigkeit zu einer Gruppe hat Folgen, die nicht immer offensichtlich sind. Die Mitglieder der Eigengruppe gegenüber denen von Fremdgruppen zu bevorzugen, ist eine dieser häufigen, negativen Konsequenzen. Daher ist das Wissen um die Auswirkungen der Identifizierung mit der Gruppe der erste Schritt, um die Auswirkungen der Gruppenzugehörigkeit zu steuern.