Die Netflix-Serie Freud: Was stimmt und was ist erfunden?
Viele Menschen haben nach wie vor großes Interesse an Sigmund Freuds Leben. Egal wo du hingehst, du wirst mit ziemlicher Sicherheit jemanden treffen, mit dem du über Freud diskutieren kannst. Aus diesem Grund hat sich Netflix dazu entschieden, die Serie Freud als Reflexion über das Leben und das Schaffen dieses österreichischen Neurologen zu produzieren. Allerdings sorgt sie nicht wirklich für mehr Klarheit, sondern trägt stattdessen zu weiterer Verwirrung bei.
In Wahrheit ist die Serie Freud eine historische Fiktion. Aus diesem Grund enthält sie auch nur sehr wenige genaue historische, biografische und akademische Daten. Tatsächlich zeigt diese Serie eine ganz andere Realität. Denn sie präsentiert dem Zuschauer, wie Freud seine psychoanalytischen Fähigkeiten zur Aufklärung von Verbrechen hätte einsetzen können.
Marvin Kren, der Regisseur der Serie, sagte, seine Absicht sei es gewesen, die junge und moderne Öffentlichkeit dafür zu interessieren. Dies erklärt auch, warum er die Serie nicht allzu historisch gestalten wollte.
Darüber hinaus ist die Serie Freud eine Mischung aus modernen, provokativen und historischen Elementen. Aber warum sollte man den Begründer der Psychoanalyse mit Verbrechen und Spiritualität in Verbindung bringen? Gab es nicht schon vorher bereits genügend Kontroversen und Verwirrung über diese Persönlichkeit?
Das sehen wir etwas anders. Denn tatsächlich ist es durchaus keine neue Idee, diesen Mann in eine mit Fiktion vermischte Figur zu verwandeln. In unserem heutigen Artikel werden wir über Freuds frühere “Ausflüge in die Film- und Kunstwelt” sprechen. Darüber hinaus erklären wir dir, welche der in der Netflix-Serie Freud dargestellten Fakten auf der Wahrheit beruhen und welche nicht.
Das große filmische Interesse an Freud
Bisher wird Freuds Arbeit mehr in der Welt der Geisteswissenschaften als in den naturwissenschaftlichen Disziplinen studiert. Denn seine Popularität beruht nicht wirklich auf seiner wissenschaftlichen Genauigkeit. Allerdings hatte Freud den Vorteil, ein unglaublich guter Schriftsteller zu sein, dem es gelang, die Psychoanalyse anschaulich darzustellen, indem er sich dabei auch auf die Werke großer Künstler wie Shakespeare, Dostojewski und Leonardo da Vinci bezog.
In gewisser Weise ist es der Kunst und dem Film zu verdanken, dass seine Arbeiten und theoretischen Annahmen auf ein so großes öffentliches Interesse stoßen. Tatsächlich sagt Stefan Marianski vom Freud Museum in London: “Du musst Freud gar nicht lesen, um in einer Welt zu Leben, in der er von Bedeutung ist, oder um auf freudianische Weise zu denken”.
Andererseits bestätigt Nicholas Ray, Professor an der University of Leeds, dass die Arbeiten von Freud so bearbeitet wurden, dass sie weicher wurden und sich in eine angenehme und beruhigende Fantasie verwandelten. Auf diese Weise würden sie dann auch in unsere aktuelle Populärkultur passen.
Allerdings ist dies nicht nur mit Freuds Arbeiten geschehen. Du solltest wissen, dass dies praktisch auch für das gesamte Werk von Woody Allen gilt oder für die Vater-Sohn-Dynamik in Star Wars Episode V – Das Imperium schlägt zurück oder Zurück in die Zukunft. Darüber hinaus auch für viele Romane von Virginia Woolf und James Joyce. Auch für Salvador Dalí und die Surrealisten. Und ebenso für Die Sopranos und Frasier und den Film Eine dunkle Begierde mit Viggo Mortensen aus dem Jahr 2011.
Frühere Versuche, eine Detektivserie mit Freud zu produzieren
Der Roman The Interpretation of Murder (deutscher Titel: Morddeutung) von Jeb Rubenfeld aus dem Jahr 2006 erzählt eine Geschichte, in der Freud einen Mordfall aufklärt. Der Roman bezieht sich dabei auf Freuds erste und einzige Reise nach New York im Jahr 1909.
Im Jahr 2014 entschied sich Frank Spotnitz, Regisseur von Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI, dazu, ein Drehbuch für Freud: The Secret Casebook zu schreiben. Darin wollte er seine Theorien nutzen, um ungelöste Fälle zu lösen. Allerdings ist diese Serie nie produziert worden.
Die Netflix-Serie Freud: Was entspricht der Wahrheit und was ist erfunden?
Sigmund Freud wurde in Freiberg in Mähren geboren, einer Stadt, die heute Příbor heißt und in Tschechien liegt. Seine Familie zog nach Leipzig und ließ sich dann endgültig in Wien nieder.
Tatsächlich finden sich in der Netflix-Serie Freud nur sehr wenige historische Daten und Fakten. Einige davon wollen wir uns nachfolgend genauer ansehen.
Die Daten seines Medizinstudiums
Er studierte Medizin an der Universität Wien und arbeitete im Wiener Stadtkrankenhaus. Im Jahr 1881 schloss er sein Medizinstudium ab und promovierte gleichzeitig zum Doktor der Medizin. Später, im Jahr 1885, beendete er seine Habilitation und begann seine Karriere als Professor für Neuropathologie an derselben Universität.
Da die Serie im Jahr 1886 spielt, scheint es, dass sie mit seiner interessanten Theorie und der Überprüfung der ersten realen Fälle übereinstimmt.
Die Netflix-Serie Freud: Seine Kokainsucht
Freud nahm Kokain zum ersten Mal schon in sehr jungen Jahren. Er bezeichnete es als eine “Wunderdroge”. Im Jahr 1884 schrieb er einen Artikel mit dem Titel “Über Kokain”, in dem er seine Leidenschaft für diese Substanz zum Ausdruck brachte. Denn er war sehr begeistert und erstaunt über ihre physischen und psychischen Auswirkungen. Erst später stellte er fest, dass er tatsächlich abhängig davon war.
Die Netflix-Serie Freud beschäftigt sich in ihren acht Folgen eingehend mit seiner Kokainsucht.
Seine frühe psychoanalytische Praxis mit Breuer
In Jahr 1886 eröffnete er eine eigene Praxis in Wien und begann damit, Hypnose bei seiner Arbeit einzusetzen. Du solltest wissen, dass Hypnose zu jener Zeit ein recht unpopulärer Ansatz war.
Interessanterweise greift die Serie Freud diesen Teil seines Lebens auf. Eigentlich nutzt sie den Ansatz seines Freundes Josef Breuer, eines Physikers, mit dem er gemeinsam die Abhandlung Studien über Hysterie verfasst hat.
Seine Arbeit beleuchtet die Erfahrungen Breuers bei der Behandlung seiner an Hysterie leidenden Patientin Anna O. Aufgrund von Inkonsistenzen in den Resultaten gab Freud die Arbeit mit der Hypnosetechnik schließlich auf und entwickelte eine Methode, die er als “Freie Assoziation” bezeichnete. Darüber hinaus ist die Tatsache erwähnenswert, dass die Serie Freud seine gesamte Beziehung zu Breuer nicht umfassend und klar darstellt.
Die Netflix-Serie Freud: Seine Romanze mit Fleur Salomé
Aber es gibt noch einen weiteren Aspekt in dieser Serie, der offensichtlich auf einem realen Ereignis zu beruhen scheint. Wir sprechen über die Figur der Fleur Salomé, einem Medium, das in der Geschichte auftaucht, um bei der Lösung der Fälle zu helfen. Die Inspiration für diese Figur ist die Psychoanalytikerin Lou Andreas-Salomé.
Es gab schon immer Gerüchte darüber, dass Freud und Lou Andreas-Salomé Gefühle füreinander hatten. Allerdings gelang es niemandem, dies auch tatsächlich zu beweisen. Und wenn wir über die Genauigkeit der Daten und Fakten sprechen, dann stellen wir fest, dass die Serie Freud in den 1880er Jahren spielt. Historikern zufolge haben sich die beiden aber erst im Jahr 1911 kennengelernt.
Kriminalermittler
Sigmund Freud war niemals für strafrechtliche Ermittlungen verantwortlich oder half bei der Aufklärung von Verbrechen jeglicher Art. Darüber hinaus zeigt die Serie, wie er an dunkeln spirituellen Sitzungen teilnahm. Allerdings gibt es keinerlei historische Aufzeichnungen darüber.
Dennoch liebte er es, Kriminalromane zu lesen, einschließlich der Geschichten über Sherlock Holmes. Obwohl er also im wahren Leben keine Verbrechen aufklärte, war er definitiv ein Fan dieser Art von Arbeit.
Wie du siehst, wirst du in den acht Folgen der Serie Freud nur sehr wenig über die Freudschen Theorien finden oder lernen können. Aber vielleicht haben einige seiner Konzepte die Vorstellungskraft der Autoren angeregt und zur Konstruktion einer derartigen Fiktion inspiriert.