Die Falschheit der "Was siehst du zuerst"-Tests im Internet

Die meisten kennen diese Tests, die im Internet oft viral werden. Doch was steckt dahinter?
Die Falschheit der "Was siehst du zuerst"-Tests im Internet
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 15. November 2021

Sie sind viral. Sie sind Clickbait-Futter, viele von uns kennen sie. Die “Was siehst du zuerst”-Tests im Internet locken uns, indem sie uns davon überzeugen, dass sie Persönlichkeitsmerkmale aufzeigen können. Sie erregen unsere Aufmerksamkeit durch optische Täuschungen, die uns herausfordern und faszinieren.

Doch was ist dran an diesen sogenannten Tests? Können sie uns auf zuverlässige Weise sagen, was für ein Mensch wir sind oder welche Eigenschaften uns definieren? Viele glauben, dass “etwas dran sein muss”. Wir werden dieses Thema heute etwas genauer betrachten.

Manche Menschen sehen in den “Was siehst du zuerst”-Bildern eine Ähnlichkeit mit dem Rorschach-Tintenklecks-Test. Es handelt sich jedoch um sehr unterschiedliche Ansätze.

Die Falschheit der "Was siehst du zuerst"-Tests im Internet

“Was siehst du zuerst”-Tests im Internet sind eine Täuschung

Diese Tests verwenden eine narrensichere Strategie. Menschen fühlen sich dazu hingezogen, etwas über sich selbst zu erfahren. Das erklärt, warum viele Seiten im Internet unsere Aufmerksamkeit erregen, indem sie uns einladen, Dinge über unsere Persönlichkeiten zu erfahren.

Und tatsächlich, wir fallen darauf herein, wir klicken auf den Link. Es ist also klar, dass dahinter eine kommerzielle Strategie steckt. Es ist jedoch wichtig, sich näher mit ihrer Zuverlässigkeit zu befassen und zu verstehen, warum sie so beliebt sind. Die Antwort darauf könnte in den berühmten Tintenklecks-Karten von Hermann Rorschach liegen.

Der Rorschach-Test ist der weltweit beliebteste psychologische Test. Er inspirierte Persönlichkeiten wie Andy Warhol und ist auch heute noch unbestritten attraktiv. So sehr, dass man sogar annimmt, dass diese rätselhaften Figuren alles von psychischen Diagnosen bis hin zu verborgenen Persönlichkeitsmerkmalen offenbaren.

Das wird auch von den “Was siehst du zuerst?”-Tests angenommen, die ein Abbild dieser von Rorschach 1920 entwickelten Ressource sind. Die Realität sieht jedoch ganz anders aus.

Projektive Tests sagen dir nicht, wer du bist

Rorschachs Ziel war es, eine Methode zu entwickeln, mit der man Schizophrenie diagnostizieren kann. Heutzutage zeigen Studien wie diese der Universität von Toledo etwas Interessantes über seine Zuverlässigkeit und Gültigkeit. Der Rorschach-Test ist ein zuverlässiges Mittel zur Erkennung von Psychosen. Er kann nicht verwendet werden, um emotionale Aspekte, die Persönlichkeit usw. zu beurteilen.

Wer die “Was siehst du zuerst”-Tests mit dem Rorschach-Test in Verbindung bringt, liegt falsch: Sie haben nichts miteinander zu tun. Andererseits lassen sie sich auch nicht mit klassischen projektiven Tests wie dem Baumtest oder dem Test der Person im Regen in Verbindung bringen.

Letztere können Hinweise auf die Persönlichkeit oder Emotionen geben, werden aber zusammen mit einem breiteren Instrumentarium eingesetzt, um genauere Diagnosen zu stellen. Außerdem wird die Beurteilung von Fachleuten durchgeführt, die in dieser Art von psychologischen Mitteln geschult sind und fast immer im Bereich der Kinderpsychologie eingesetzt werden. Ein Test im Internet kann niemals gültig, zuverlässig oder glaubwürdig sein.

"Was siehst du zuerst"-Tests im Internet sind eine Täuschung

“Was siehst du zuerst?”-Tests sind optische Täuschungen

Im Jahr 350 v. Chr. bemerkte Aristoteles, dass sich nach mehrminütiger Betrachtung eines Wasserfalls die Felsen zu bewegen schienen. Damals wies er darauf hin, dass wir unseren Sinnen nicht vertrauen dürfen, weil sie uns leicht täuschen können. Tatsächlich gehen optische Täuschungen im Internet oft viral, weil sie unsere Sinne herausfordern und unserem Gehirn zu widersprechen scheinen, wie der berühmte Philosoph von Stagira herausfand.

Genau das tun die “Was siehst du zuerst”-Tests. Das sind keine Persönlichkeitstests, sondern optische Täuschungen, bei denen das Auge dem Gehirn keine zuverlässigen Informationen liefern kann und das Gehirn diese dann interpretiert. Studien, wie die an der Kyushu Universität durchgeführten, deuten darauf hin, dass der Fehler in unserer Netzhaut liegt, die nicht in der Lage ist, Formen, Farben usw. genau wahrzunehmen.

Bei dieser Art von Bildern werden verschiedene Formen übereinander gelegt, was unser Gehirn in einen Konflikt bringt. Er nimmt sie nicht genau wahr und deshalb senden unsere Sinne (die Netzhaut) ihm lose Fragmente, die er verarbeiten und interpretieren muss. Bei diesen sogenannten Internet-Tests sehen wir oft zwei oder drei Bilder, die sich gleichzeitig überlagern. Bis wir sie nach und nach trennen

“Was siehst du zuerst?”-Tests: virtuelle Klickfänger

Die “Was siehst du zuerst”-Tests sind ein Spiel, virtuelle Klickfänger, um im Internet Interaktion zu erzeugen. Sie sind attraktiv, das stimmt, und sie können sogar unterhaltsam sein.

Allerdings können diese Hilfsmittel niemals unsere Persönlichkeit definieren. Sie können uns nicht sagen, ob wir risikofreudig oder ängstlich sind. Ob wir gute Freunde sind oder freie Seelen, die davon träumen, die Welt zu erobern, nur weil wir einen Tiger statt eines Affen auf einem Bild gesehen haben.

Lass uns das im Hinterkopf behalten und einfach die einfache visuelle Herausforderung genießen.


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