Die biosoziale Persönlichkeitstheorie von Cloninger
Die biosoziale Persönlichkeitstheorie von Cloninger betrachtet die Persönlichkeit als System, das aus der neurochemischen Funktion des Organismus und sozialen Lernprozessen resultiert. Das Temperament ist genetisch bedingt und weitgehend angeboren, während der Charakter durch das Umfeld geprägt wird.
Dasa Modell von Cloniger betrachtet das Temperament als das integrierende Element in der Funktionsweise biologischer Systeme. Es ermöglicht dem Organismus, sein Verhalten zu regulieren, um sich an die Umwelt anzupassen, und wird weitgehend von Neurotransmittern bestimmt. Der Charakter entwickelt sich hingegen im Laufe des gesamten Lebens. Er ermöglicht es einem Menschen, sich auf der Grundlage seiner Erfahrungen freiwillig auf sich selbst und die Welt zu beziehen.
Erfahre nachfolgend weitere Details über die biosoziale Persönlichkeitstheorie von Cloninger.
“Der Charakter ist der Regulator des Wohlbefindens, unabhängig vom zugrunde liegenden Temperament.”
Claude Cloninger
Die biosoziale Persönlichkeitstheorie von Cloninger
Cloninger hebt das Temperament als emotionalen Kern der Persönlichkeit hervor. Es bleibt im Laufe der Zeit relativ stabil und umfasst folgende vier Dimensionen:
- Neuheitssuche (Novelty seeking): Die Tendenz, auf neue Reize zu reagieren, sowie Neugierde, Impulsivität und Entdeckerfreude sind angeborene Faktoren, die unser Verhalten steuern und Frustration aktiv vermeiden. Der Neurotransmitter Dopamin reguliert diese Prozesse.
- Schadensvermeidung (Harm avoidance): Hier geht es um die Tendenz, auf Hinweisreize für aversive Stimulation intensiv zu reagieren. Impulsives Verhalten ist in diesem Fall nicht zu erwarten, diese Tendenz führt nämlich zu Ängstlichkeit und Pessimismus. Bestrafung, nicht Belohnung und neue Situationen sollen damit vermieden werden. Die neurobiologische Grundlage für dieses Verhalten ist der Neurotransmitter Serotonin.
- Belohnungsabhängigkeit (Reward Dependence): Dieses Merkmal beschreibt die Tendenz, auf soziale Reize mit Nähe oder Anhänglichkeit zu reagieren, je nachdem, welche Verstärkung die Umwelt liefert. Eine hohe Belohnungsabhängigkeit führt zu liebevollen, anhänglichen, sensiblen, abhängigen und anerkennungsbedürftigen Persönlichkeiten. Die neurobiologische Grundlage ist Noradrenalin.
- Hartnäckigkeit (Persistence): Es geht um die Tendenz, nicht leicht aufzugeben, trotz Frustration und Ermüdung weiterzumachen. Charakteristische Merkmale sind Perfektion, Ambition und Ausdauer. Dieses Dimension wird mit Glutamat und Serotonin in Verbindung gebracht.
Auch interessant: Doch kein Zusammenhang zwischen Serotoninmangel und Depression?
Das Temperament spiegelt die Emotionen des Individuums wider und wird als der emotionale Fokus der Persönlichkeit verstanden.
Charakter
In der Persönlichkeitstheorie von Cloninger entspricht der Charakter dem Selbstkonzept, den persönlichen Werten und den individuellen Zielen. Er kommt auf bewusste Weise zum Ausdruck und umfasst drei Dimensionen:
- Selbstbestimmung (Self-Directedness): Eine hohe Selbstbestimmung macht eine Person verantwortungsbewusst, selbstsicher, einfallsreich und selbstständig. Es handelt sich um realistische und effiziente Persönlichkeiten.
- Kooperationsbereitschaft (Cooperativeness): Eine hohe Kooperations- und Hilfsbereitschaft ist an sozialer Akzeptanz, Mitgefühl, Einfühlungsvermögen und einem aufrichtigen Gewissen zu erkennen.
- Selbst-Transzendenz (Self-Transcendence): Eine hohe Selbst-Transzendenz bedeutet Einsicht, Demut, Natürlichkeit, Selbstvergessenheit und spirituelle Akzeptanz.
Persönlichkeit
Die zentrale Achse in der Persönlichkeitstheorie von Cloninger ist die Persönlichkeit selbst. Sie ist eine Synthese aus der Interaktion zwischen Temperament und Charakter. Das heißt, zwischen dem emotionalen Wesen und dem kognitiven oder mentalen Wesen.
Aus dieser Kombination ergeben sich verschiedene Persönlichkeitstypen, die in ihrer extremen Ausprägung zu den folgenden Persönlichkeitsdimensionen führen: histrionisch, antisozial, explosiv/schizoid, zwanghaft, passiv-abhängig/vermeidend, zyklothym, passiv-agressiv und unerschütterlich/schizoid.
Die biosoziale Persönlichkeitstheorie von Cloninger: Fazit
In dieser Theorie der Persönlichkeit führen Temperament, Charakter und Persönlichkeit zu kognitiven Gewohnheiten und Mustern. Diese legen ein psychobiologisches Schema als zentralen Kern der Identität einer Person fest und bestimmen so ihr Verhalten.
Auf dieser Grundlage wurden zwei Tests zur Klassifizierung von Personen sowie von Persönlichkeitsstörungen entwickelt. Sie sind heute sowohl in der Psychologie als auch in der Psychiatrie weitverbreitet.
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Albores-Gallo L, Márquez-Caraveo ME, Estañol B. (2003). ¿Qué es el temperamento? El retorno de un concepto ancestral. Salud Mental, 26(3):16-26. https://www.medigraphic.com/cgi-bin/new/resumenI.cgi?IDARTICULO=17245
- Izquierdo Martínez, A. (2002). Temperamento, carácter; personalidad: una aproximación a su concepto e interacción. Revista complutense de educación, 13(2), 617-643. https://redined.educacion.gob.es/xmlui/handle/11162/125984
- López-Ruiz, M., & Yela, J. D. (2014). Alianza terapéutica, sintomatología y personalidad según la teoría de Cloninger: estudio preliminar. Cuadernos de medicina psicosomática y psiquiatría de enlace, (111), 24-33. https://dialnet.unirioja.es/servlet/articulo?codigo=4906902