Der Adrenalinschub davon, Dinge erst in der letzten Minute zu erledigen

Der Adrenalinschub davon, Dinge erst in der letzten Minute zu erledigen
Gema Sánchez Cuevas

Geprüft und freigegeben von der Psychologe Gema Sánchez Cuevas.

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 08. Mai 2023

Alles bis zur wirklich letzten Minute aufzuschieben, ist für viele Menschen ein wahrer Lebensstil. Diejenigen, die prokrastinieren, aufschieben, vertagen, kommen aus dieser Dynamik einfach nicht heraus, egal wie sehr sie sich auch anstrengen. Manchmal schaffen sie es zwar, sich ein paar Tage lang zu organisieren, doch am Ende kehren sie doch zu den gleichen alten Mustern zurück. Andere Menschen hingegen genießen den Adrenalinschub sogar, der damit einhergeht, Verpflichtungen auf den letzten Drücker abzuarbeiten.

Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Menschen, die dieses Verhaltensmuster aufweisen. Zum einen gibt es die Zauderer. Sie verschieben wichtige Aufgaben zwangsweise und erledigen sie möglicherweise gar nicht. Dann gibt es andere, die süchtig nach dem Adrenalinrausch sind. Sie genießen das Gefühl, welches sich einstellt, wenn ihnen die Zeit davonläuft.

Dieses Verhalten beeinflusst ihr Leben. Manchmal kann es sogar sehr gravierende Auswirkungen auf selbiges haben. Diese Menschen sind nicht immer in der Lage, eine Situation noch rechtzeitig unter Kontrolle zu bringen. Die Folgen können verheerend sein. Ein Chaos stellt sich ein und trägt zur geistigen Verwirrung bei; es erschwert die sinnvolle Nutzung wertvoller und begrenzter Zeit.

Wenn es einen Berg gibt, den man besteigen kann, gehe nicht davon aus, dass er durch Warten kleiner würde.

Alles auf den letzten Drücker, bis zum Adrenalinrausch hin aufschieben

Man sagt, dass eine Person von der Gefahr abhängig sei, wenn sie bewusst nach Situationen suche, die ihren Körper oder ihren Seelenfrieden gefährden können. Wenn wir über Adrenalinjunkies sprechen, denken wir normalerweise an Menschen, die Extremsport betreiben oder gefährliche Jobs haben. Menschen, die alles bis zur letzten Minute aufschieben, sind jedoch ebenfalls Adrenalinjunkies.

Anscheinend macht sie das Leben am Limit glücklich. Das Risiko, etwas zu vergessen, ist aufregend für sie. Für einige von ihnen ist diese Art von Verhalten zwanghaft. Mit anderen Worten, sie können nicht aufhören, sich immer und immer wieder so zu verhalten. Diese Adrenalinjunkies haben das Gefühl, erst in wirklich extremen Situationen Kontrolle ausüben zu können.

Wir wollen an dieser Stelle betonen, dass vor allem in risikobehafteten Situationen der Adrenalinschub, den sie bekommen, ein bedeutender Faktor ist. Gleichzeitig stimuliert die Produktion von Adrenalin die Dopaminsekretion. Diese zweite Substanz erzeugt ein Lustgefühl. Wenn Dopamin freigesetzt wird, stellt sich ein Gefühl des Genusses ein. Wenn sich diese Personen bewusst in Risikosituationen begeben, dann, weil sie erst hier Befriedigung finden.

Manche Menschen, die es sich zur Gewohnheit gemacht haben, alles bis zur letzten Minute aufzuschieben, sind süchtig nach Adrenalin. Sie glauben, dass sie besser funktionieren, wenn sie mit kurzen Fristen arbeiten müssen. Es stärkt ihr Selbstwertgefühl, wenn trotz dieser Limits erfolgreich sein konnten.

Zauderer & Zögerer

Andere Menschen haben die Gewohnheit, alles auf den letzten Drücker zu erledigen. Sie neigen ganz einfach dazu, ihre Aufgaben und Verantwortlichkeiten immer weiter nach hinten zu verschieben. Diese Personen haben das Gefühl, dass sie noch viel mehr Zeit hätten, als sie eigentlich bräuchten, um ihre Pflichten zu erfüllen. Doch sie werden sie erst dann in Angriff nehmen, wenn sie nicht mehr die Zeit haben, die sie tatsächlich benötigen. Sie können ihre Aufgaben so niemals zufriedenstellend erledigen; sie werden nicht rechtzeitig begonnen und abgeschlossen.

Zauderer suchen Ablenkung, wie diese Frau im weißen Büro

Diese Menschen sind nicht unbedingt faul oder fahrlässig. Sie eignen sich dieses Verhalten an und gewöhnen sich so sehr daran, dass sie im Grunde nicht mehr anders können. Sie fühlen sich ängstlich, gestresst und verlegen, wenn sie ihre Pflichten immer weiter aufschieben. Trotzdem entkommen sie ihrer gewohnten Dynamik nicht. Wenn es ihnen dann doch gelingt, den Ernst der Lage endlich zu begreifen, sind sie zu müde, um ihren Aktionsplan umzugestalten. Auch diese notwendige Änderung verschieben sie und so entsteht ein wahrer Teufelskreis.

Menschen, die prokrastinieren, berechnen immer wieder, wie viel Zeit sie mindestens benötigen. So überzeugen sie sich, dass sie noch ausreichend Zeit hätten. Also warten sie noch weiter, bis die Zeit irgendwann gekommen ist, sich der jeweiligen Aufgabe zu widmen. Tatsächlich quälen sie sich damit oft selbst, indem sie die zu erledigende Aufgabe immer im Hinterkopf behalten. Die ganze Zeit über verlieren sie ihre Aufgabe nicht aus den Augen. Im Gegenteil, sie denken ständig daran. Sie möchten lediglich warten, bis sie sich “besser fühlen”, um ihre Pflichten zu erfüllen. Letztendlich aber kommt nie der perfekte Moment. Erst wenn das Ende der minimal benötigten Zeit am Horizont erscheint, machen sie sich endlich an die Arbeit.

Die Konsequenzen dieser Art des Verhaltens

Die Konsequenzen dieser Art des Verhaltens sind durchgehend negativ. Unabhängig davon, ob die Person immer bis zur letzten Minute wartet, weil sie den Adrenalinrausch liebt oder ob sie einfach nur ein Zauderer ist – manchmal sind Betroffene nicht in der Lage, ihren Verantwortungen gerecht zu werden, und dies kann ernste Probleme verursachen.

Im Falle von Adrenalinjunkies besteht das eigentliche Problem in einer Art unterdrückter Angst. Denn riskantes Verhalten ist für sie eine Möglichkeit, ungelöste Konflikte, die Angst auslösen, zu vertuschen. Die Gefahr hilft ihnen, ihre inneren Probleme zu verdrängen.

Auf der anderen Seite sind viele Zauderer sehr unsichere Menschen. Sie befürchten, dass ihre Bemühungen nicht ausreichen würden. Deshalb verschieben sie das, was sie eigentlich tun sollten. Dies liefert ihnen auch die perfekte Entschuldigung für den Fall, dass die Dinge schlecht laufen sollten. “Es ist so gekommen, weil ich zu schnell und unter großem Druck gearbeitet hab e”,  sagen sie dann.

Ein großer Stapel unerledigter Arbeit im Büro

In beiden Fällen ist das stetige Aufschieben ein problematisches Verhalten. Diese Menschen bringen nicht nur ihr eigenes Leben in Unordnung, sondern verlieren am Ende das Vertrauen anderer Menschen. Es verringert auch ihre Chancen, bei einer Aufgabe die besten Ergebnisse zu erzielen. Es ist unwahrscheinlich, dass sie so in der Lage sind, komplexe Aufgaben zu erledigen, die ständige Anstrengungen und ein konsistentes Verhalten erfordern.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.