Deflexion: Ablenkung als Strategie
Manche Emotionen sind unangenehm oder unerträglich, deshalb entwickeln wir Mechanismen, um sie zu vermeiden. Die Deflexion ist eine Ablenkungsstrategie, um belastende Gedanken oder Gefühle zu unterdrücken. Erfahre in diesem Artikel, wie dieses Vermeidungsverhalten zum Einsatz kommt und welche Folgen es hat.
Gleichgewicht zwischen Kontakt und Rückzug
Fritz Perls, Mitbegründer der Gestalttherapie, betont das gesunde Gleichgewicht zwischen Kontakt und Rückzug mit der Umwelt. Wir benötigen soziale Beziehungen, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen, und ziehen uns zurück, wenn sie erfüllt sind. Ein primitives Beispiel dafür ist, dass wir bei Hunger Nahrung suchen und uns zurückziehen, wenn wir gesättigt sind. Wir knüpfen soziale Kontakte, wenn wir Unterstützung brauchen, können jedoch auch die Einsamkeit genießen.
Natürlich ist das menschliche Verhalten weitaus komplexer. Viele Menschen haben Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten, und entwickeln deshalb Abwehrmechanismen. Wenn sie Schwierigkeiten haben, Anschluss zu finden oder sich zurückzuziehen, greifen sie auf bestimmte Strategien zurück, um diese Situation erträglicher zu machen. Allerdings sind diese Mechanismen einschränkend und nur kurzfristig nützlich, langfristig verhindern sie ein erfülltes Leben.
Deflexion als Strategie
Menschen, denen es schwerfällt, mit den eigenen Gefühlen oder mit anderen Personen in Kontakt zu treten, entwickeln oft Ablenkungsstrategien, um Emotionen wie Angst, Scham, Wut, Verletzlichkeit oder Traurigkeit zu verhindern. Sie wissen nicht, wie sie anders mit der Realität umgehen können. Folgende Beispiele für Ablenkungsmechanismen sind dir vermutlich bekannt:
- Nervöses Lachen in unangenehmen Situationen, das helfen soll, die wahren Gefühle zu verbergen.
- Bei einem unangenehmen Thema versuchen viele, nach einer oberflächlichen Antwort wie “alles in Ordnung” das Thema zu wechseln.
- Betroffene formulieren sehr abstrakte Antworten, sprechen über die Vergangenheit und vermeiden konkrete, gegenwärtige Themen.
- Sie vermeiden den Blickkontakt, da sie sich dabei unwohl fühlen.
- Charakteristisch ist auch, dass sie über schmerzliche Erfahrungen mit Ironie, Humor oder einem Lächeln berichten. Sie geben vor, sich nicht von der Situation berühren zu lassen.
- Sie ertragen kein Schweigen, sprechen intensiv und schnell. Es fällt ihnen deshalb oft auch schwer, anderen zuzuhören.
Wir alle nutzen Ablenkungsmechanismen
Ablenkungsstrategien müssen nicht negativ sein. Wir alle greifen gelegentlich darauf zurück. Problematisch wird es allerdings, wenn sie die Oberhand gewinnen und ständig präsent sind. Es handelt sich um einen Abwehrmechanismus, der langfristig schädlich ist. Fritz Perls weist jedoch darauf hin, dass es weitere Abwehrmechanismen gibt, die sehr häufig zum Einsatz kommen:
- Projektion
- Konfluenz
- Retroflexion
- Introjektion
- Egotismus
Es gibt Situationen, in denen die Ablenkung oder andere Abwehrmechanismen hilfreich sind. Diplomatische Menschen können zum Beispiel einen Beitrag zu einem harmonischen Umfeld leisten. Die übermäßige Verwendung dieser Strategien führt jedoch zur Entkoppelung von der Realität, zur Selbstentfremdung. Betroffene lassen nichts an sich herankommen, sie schwächen den Kontakt ab und ziehen sich zurück.
Es handelt sich um eine Abwendung von den eigenen Bedürfnissen und von der Umwelt. Menschen mit diesem Abwehrmechanismus benötigen Unterstützung. Die Ursachen für ihr Verhalten ist oft in der Kindheit zu finden: Ihre Bezugspersonen haben ihnen nicht ermöglicht, ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen und authentisch zu sein. Deshalb benötigen Betroffene einen sicheren Raum, in dem sie ermutigt werden, über ihre Empfindungen und Gefühle nachzudenken und zu sprechen. Eine Psychotherapie kann helfen.
Deflexion sollte nicht zur Gewohnheit werden
Dieser Abwehrmechanismus erzielt langfristig nicht die gewünschte Wirkung, ganz im Gegenteil: Deflexion führt zu Unzufriedenheit, Frustration und Erschöpfung. Wenn du dich in dieser Situation befindest, solltest du professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen.
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