Das Tall-Man-Syndrom ist eine Form des Narzissmus
Das Tall-Man-Syndrom hat nichts mit der Körpergröße zu tun und ist auch nicht geschlechtsspefizisch. Diese Bezeichnung beschreibt jene Menschen, die arrogante und eindeutig narzisstische Verhaltensweisen an den Tag legen, sobald sie in einem bestimmten Bereich einen gewissen Status erreicht haben.
Aber bedeutet das etwa, dass Erfolg unweigerlich dazu führt, dass Menschen egoistisch und hochmütig werden? Die Antwortet darauf lautet: natürlich nicht. Dies ist nicht bei allen Menschen der Fall, insbesondere nicht bei denjenigen, die von Natur aus eine umgängliche, einfühlsame und mitfühlende Persönlichkeit haben. Dieses spezifische Merkmal tritt nur bei bestimmten Menschen auf. Diese entwickeln eine arrogante Haltung, nachdem sie eine einflussreichere Position erreicht haben.
Daher könnte man sagen, dass es bereits eine Grundlage für dieses Verhalten gab, eine Tendenz dazu. Darüber hinaus gibt es noch einen weiteren bemerkenswerten Aspekt, den du möglicherweise ebenfalls schon beobachtet hast: Manche Menschen können mit Erfolg nicht umgehen.
Das ist es, was die alten Griechen als Hybris definiert haben. Es handelt sich um ein Verhalten, bei dem ein Mensch seine Impulse nicht kontrollieren kann und eine extreme Arroganz an den Tag legt. Es sind jene Helden, die am Ende die Unschuldigen unterdrücken. Wenn du mehr über das Tall-Man-Syndrom erfahren möchtest, dann solltest du einfach weiterlesen!
“Ich bevorzuge es, mir selber überlegen zu sein und nicht meinen Mitmenschen.”
-Samuel Taylor-
Was kennzeichnet das Tall-Man-Syndrom?
Das Tall-Man-Syndrom beschreibt keine psychische Störung. Es stimmt, dass es zahlreiche Syndrome gibt; Konzepte, die versuchen, bestimmte Verhaltensweisen zu etikettieren. Dennoch wird angesichts der Fülle von Definitionen kein Versuch unternommen, irgendetwas zu pathologisieren. Vielmehr geht es nur darum, eine Art von Verhalten hervorzuheben, das häufig vorkommt, und mithilfe der Etikettierung in einer Art Bibliothek aufzubewahren.
Erstmals wurde der Begriff Tall-Man-Syndrom im Jahr 2011 benutzt. Dr. Susan Heitlem, eine Professorin an der Harvard University und Autorin zahlreicher Bücher über klinische Psychologie, beschrieb damit in einem Artikel einen Profiltypen, dem sie häufig begegnete. Es war der “große Mann”, eine Art von Narzissmus, der mit dem Erfolg einherging.
Darüber hinaus sprach beispielsweise auch Jim Collins, ein Management-Guru, in einem seiner Bücher mit dem Titel How The Mighty Fall: And Why Some Companies Never Give In (auf Deutsch: Wie die Mächtigen untergehen: Und warum manche Unternehmen nie aufgeben) über dieses Thema. So kann man häufig beobachten, wie Organisationen, die es schaffen, sich in einem bestimmten Markt zu positionieren, am Ende aufgrund von schlechtem Management, schlechten Führungskräften und dem narzisstischen Verhalten vieler von ihnen sich selbst zu Fall bringen. Schauen wir uns die Gründe und Merkmale an, die sie definieren.
Ich bin erfolgreich, weil ich “überlegene” Eigenschaften habe
Ein großer Teil der Bevölkerung kommt aus eigener Kraft zum Erfolg und zwar durch Anstrengung, Talent, Ausdauer und im Grunde genommen durch die eigenen Fähigkeiten. Andere werden durch Glück oder mit ein wenig Hilfe ihrer Freunde erfolgreich. Das Tall-Man-Syndrom ist häufig mit letzterem Faktor verbunden. Denn derartige Menschen neigen bereits zu einer gewissen Arroganz. Allerdings erlangen sie eine noch wesentlich schädlichere Form des Narzissmus, wenn sie in eine Machtposition gelangen.
Genau dann beginnen sie damit, bestimmte Ideen zu äußern, wie beispielsweise die, dass sie ihre Position nur aufgrund ihrer überragenden Fähigkeiten innehätten und nicht aufgrund von Glück. Nur sie sind diesen Sphären der Macht würdig, da sie über einzigartige Eigenschaften für den Erfolg verfügen. Im Laufe der Zeit kümmern sie sich immer weniger um die Bedürfnisse ihres Umfeldes. Stattdessen wenden sie einen unflexiblen Ansatz an, bei dem die gesamte Maschinerie eines Unternehmens weder lernt noch innoviert oder sich erneuert, sondern stattdessen stagniert.
Das Tall-Man-Syndrom – “Ich bin der (oder die) Reichste, Attraktivste und Mächtigste”
Das Tall-Man-Syndrom offenbart sich bei Männern und Frauen, die sich aufgrund ihrer angeblich so besonderen Eigenschaften allen anderen überlegen fühlen. Mit anderen Worten, es geht hierbei nicht nur um jene Geschäftsleute oder Führungskräfte in Unternehmen, die mit ihrem Erfolg prahlen. Diese psychologische Realität trifft auch auf all jene zu, die sich anderen überlegen fühlen, weil sie attraktiver, ein besserer Sportler oder reicher sind oder einen gewissen sozialen Status haben usw.
Allerdings hat all dies auch einen Preis. Denn diese Art Verhalten, bei der sich eine Person überlegen fühlt, weil sie eine Eigenschaft hat, die anderen (ihrer Meinung nach) fehlt, führt zu einer eindeutig narzisstischen Art und Weise im Umgang und der Kommunikation mit anderen. Genau in diesem Moment beginnen diese Menschen damit, bestimmte Verhaltensweisen anzuwenden. Sie rechtfertigen diese mit ihrem Lieblingsmantra: “Ich bin besser als du, also habe ich recht”.
Darüber hinaus gibt es noch weitere: “Was du tust, hat im Vergleich zu dem, was ich tue, überhaupt keinen Wert”, “Was du sagst oder entscheidest, hat im Vergleich zu dem, was ich sage oder tue, keinerlei Relevanz” usw. Das Resultat dieser Dynamiken ist offensichtlich. Sie führen zu Konflikten und zu schlechten sozialen und emotionalen Beziehungen, schädlichen Umgebungen, emotionaler Erschöpfung, Stress für die Menschen um sie herum und so weiter.
Die Ursachen dieses Verhaltens
Viele Menschen können nicht mit Erfolg umgehen. Männer und Frauen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Machtposition erreichen, gibt es zuhauf. Allerdings versagen die meisten schon bald aufgrund von Exzessen, Missmanagement und narzisstischem Verhalten, das die Atmosphäre und Beziehungen vergiftet und geschäftliche Projekte schädigt. Eine wirklich gute Führungspersönlichkeit führt eine Organisation dank ihrer bemerkenswerten zwischenmenschlichen und geschäftlichen Fähigkeiten an die Spitze.
Es ist unmöglich, mit bestimmten Menschen zusammenzuleben, weil sie eine übermäßig hohe Meinung von sich selber haben. Allerdings ist es sehr einfach, den Fokus auf ihre Kindheit und die Erziehung zu legen, die sie genossen haben. Du wirst schnell herauszufinden, das hier der Ursprung eines derartigen Verhaltens liegt. Es gibt Menschen, die in der Kindheit das Emperor-Syndrom hatten und als Erwachsene das Tall-Man-Syndrom entwickeln.
Das sind jene Kinder, die von ihren Eltern bis zum Äußersten vergöttert und verwöhnt werden. Diese kleinen Tyrannen haben wenig bis gar keine Empathie, da sie von einem Thron der Macht aus operieren. Außerdem erhalten sie Aufmerksamkeit und positive Reaktionen auf jede ihrer Launen. Wenn Erwachsene Kinder aufziehen, ohne ihnen klare Grenzen zu setzen, dauert es nicht lange, bis sie groß (“tall”) werden. Denn letztendlich sind sie Narzissten.
Das solltest du bedenken und deine Kinder auf angemessene Weise erziehen, um die Gesellschaft für alle erträglicher und respektvoller zu machen.