Das Sehvermögen von Babys - was kann ein Baby sehen?
Wenn Menschen darüber sprechen, wie Babys Informationen verarbeiten, dann wird das Sehvermögen stets besonders ausführlich behandelt. Dies liegt daran, dass sich die Mechanismen zur Verarbeitung visueller Informationen in den ersten Lebensmonaten entwickeln und anpassen. Lies einfach weiter und erfahre viel Wissenswertes über das Sehvermögen von Babys!
In einer Studie, die das Max-Planck-Institut durchgeführt hat, fanden die Forscher heraus, dass Menschen sich am häufigsten über die visuelle Wahrnehmung unterhalten. Die anderen vier Sinne werden demzufolge seltener thematisiert. Diese Erkenntnis ist besonders bemerkenswert, da Menschen bei der Geburt zahlreiche Defizite in Bezug auf das Sehvermögen haben, die erst im Laufe der ersten Lebensmonate verschwinden.
Das Sehvermögen von Babys
Bei Neugeborenen ist keines der am Sehen beteiligten neuronalen Systeme bereits vollkommen entwickelt. Dazu gehören auch sämtliche Bereiche des Auges wie beispielsweise die Netzhaut oder der laterale Genikularkern.
Babys können keine Pastelltöne erkennen
Die Fovea centralis (Sehgrube), die am Farbensehen beteiligt ist, ist nach der Geburt nur sehr wenig entwickelt und bildet sich allmählich in den ersten Lebensmonaten des Babys aus. Daher haben Neugeborene eine sehr geringe Kontrastempfindlichkeit. Erst im Laufe der Zeit können Babys feine Unterschiede erkennen.
Nach der Geburt können sie nur Rot, Weiß und Schwarz unterscheiden. Im Alter von zwei Monaten können Babys dann bereits die meisten Farben erkennen und im Alter von vier oder fünf Monaten sind Babys in der Lage, alle Farben zu sehen.
Wenn du einem Neugeborenen verschiedenfarbige Spielzeuge in Rot, Rosa oder Grün anbietest, wird es sich höchstwahrscheinlich für das rote entscheiden. Babys bevorzugen stets kontrastreiches Spielzeug. Erst im Alter von vier oder fünf Monaten wird sich dein Baby auch für ein grünes Spielzeug entscheiden, denn zu diesem Zeitpunkt kann es alle Farben unterscheiden und erkennen.
Lange Zeit war es üblich, Pastelltöne und zarte Farben für Neugeborene auszuwählen. Allerdings sind diese Farben für die Kleinen überhaupt nicht geeignet, da sie diese noch nicht wahrnehmen und sehen können. Daher solltest du Spielzeug lieber in kräftigen und kontrastreichen Farben wie Rot, Weiß und Schwarz wählen.
Augenmuskeln – sehen Babys doppelt?
Die geraden Augenmuskeln, welche die Bewegung des Augapfels ermöglichen, und der Ziliarmuskel, an dem die Augenlinse aufgehängt ist, sind bei der Geburt eines Babys noch sehr steif und beinahe perfekt. Diese Muskeln beeinflussen die Beobachtungsfähigkeit und die Sakkadenbewegungen des Auges. Sobald sich diese Muskeln entspannen und elastischer werden, verbessert sich auch das Sehvermögen des Babys. Dies geschieht üblicherweise im zweiten oder dritten Lebensmonat.
Aufgrund der anfänglichen Steifheit des Ziliarmuskels ist die Augenlinse noch nicht vollständig funktionsfähig. Die Linse ist für die Akkommodation beim Sehen verantwortlich. Daher haben Neugeborene in den ersten Lebensmonaten Probleme bei der Nah- und Fernakkommodation von Objekten.
Darüber hinaus sehen sie aufgrund dieser kleinen flexiblen Muskeln zunächst doppelt. Das liegt daran, dass ihr binokulares Sehvermögen noch nicht entwickelt ist. Demzufolge sehen sie zwei Bilder, die sich nicht überlappen.
Das Sehvermögen von Babys: Können sie Details wahrnehmen?
Die Sehschärfe ist die Fähigkeit, Details zu erkennen und wird auch als räumliches Auflösungsvermögen bezeichnet. In den ersten Lebensmonaten können Babys nur ein Dreißigstel der Details erkennen, die ein Erwachsener mit dem Auge erfassen kann.
Ab dem vierten Lebensmonat verbessert sich die Sehschärfe und im Alter von einem Jahr ist die Sehstärke von Kleinkindern dann vollständig ausgereift. Wenn du möchtest, dass dein Kind viele Details sehen kann, dann solltest du darauf achten, dass du den Gegenstand weder zu nah noch zu weit entfernt positionierst. Die optimale Distanz für kleine Kinder beträgt rund 2,1 Meter.
Wie können Babys, die gerade mal einen Monat alt sind, ihre Mutter oder ihren Vater erkennen, obwohl ihre Sehschärfe in diesem Alter noch sehr schwach ist? Das liegt an der Auswahl der Optionen, die ein Baby hat.
Wir Menschen sind multimodal, das bedeutet, dass wir mehrere Sinne haben, die uns Informationen liefern. Daher verschmelzen in der optimalen Entfernung die verschiedenen Bewegungen und Gerüche miteinander und führen durch sensorische Integration dazu, dass Babys ihre Eltern erkennen können.
Ihre Präferenzen bei der Betrachtung von Objekten
Babys betrachten am liebsten die Dinge, die sie auch greifen können. Da ihr Sehvermögen noch nicht vollständig entwickelt ist, bevorzugen sie daher jeweils bestimmte Aspekte von Objekten. Kurz nach der Geburt betrachten Babys häufig die Kanten, Konturen oder Ecken eines Gegenstandes. Dies liegt daran, dass diese Teile bei der Betrachtung des Objektes den größten Kontrast bieten.
Kurz nach der Geburt können Babys noch keine Gesichter erkennen. Darüber hinaus können sie auch keine Details in einem Gesicht erkennen. Stattdessen werden sie sich auf die Umrisse und Ränder konzentrieren. Nach einem Monat beginnen sie dann, die Augen, den Mund oder das Kinn in einem Gesicht zu betrachten.
Das erste Präferenzkriterium für Babys ist die Tatsache, dass etwas sichtbar ist. Somit wird dieses Kriterium vom Objekt selber bestimmt. Ihre Präferenz hängt davon ab, welche intrinsischen und hervorstechenden Eigenschaften ein bestimmtes Objekt hat.
Im Laufe des zweiten Lebensmonats wird ihre Präferenz auch von ihrer Erfahrung beeinflusst. Dann beginnt ein Baby, die Funktion und die Bedeutung eines Objektes zu erfassen. Da sich das kognitive System allmählich entwickelt, ist ein Baby bereits dazu in der Lage, zu erkennen, ob ein Reiz neu und interessant ist.
Das Sehvermögen von Babys: Können sie einzelne Objekte voneinander unterscheiden?
Eine weitere Funktion, die noch nicht nicht vollständig entwickelt ist und das Sehvermögen des Kindes beeinflusst, ist die Fähigkeit zur Unterscheidung von Oberflächen, Objekten und Hintergründen. Dadurch können Menschen ihre Umgebung vollständig erfassen.
Bis zum fünften Lebensmonat ist ein Baby nicht in der Lage, Objekte von der Oberfläche und dem Hintergrund zu unterscheiden. Wenn Babys ein Gefäß betrachten und sich dahinter eine Wand befindet, glauben sie, dass beide Objekte eins sind.
Ab dem fünften Monat können sie Gegenstände voneinander unterscheiden, wenn sie ausreichend voneinander getrennt sind. Dabei hilft es ihnen, wenn die Objekte in Bewegung sind. Wenn die Objekte sich nicht bewegen, sondern sich statisch im Raum befinden, können sie sie nicht voneinander unterscheiden, wenn sie jünger als 5 Monate sind.
Außerdem kann ein Baby Objekte nicht unterscheiden, wenn sie die gleiche Oberfläche haben. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob die Objekte unterschiedliche Farben haben. Bis zum Alter von fünf Monaten ist es für Kinder daher nicht möglich, statische Gegenstände mit der gleichen Oberfläche voneinander zu unterscheiden. Die Form alleine hat für sie noch keine Aussagekraft.
Können Babys Gesichter erkennen?
Wir haben bereits erwähnt, dass Babys bereits im ersten Lebensmonat damit beginnen, Gesichter zu betrachten. Bereits im zweiten Monat machen sie dabei große Fortschritte und sie können wesentlich mehr erkennen. In diesem Alter weisen sie ein hohes visuelles Verfolgungsmuster auf und konzentrieren sich besonders stark auf Gesichter. Sie reagieren auf Gesichter wesentlich häufiger als auf jeden anderen Reiz. Eine besondere Vorliebe haben sie dabei für ihnen vertraute Gesichter.
Wenn dein Baby sechs Monate als ist, kann es unterschiedliche Gesichter von vorne und auch im Profil erkennen. Außerdem kann es verschiedene Gesichtsausdrücke wahrnehmen. Darüber hinaus kategorisieren Babys nach Geschlecht, erkennen unterschiedliche emotionale Ausdrücke und reagieren anders auf attraktive oder unattraktive Gesichter.
Während sich die Wahrnehmung von Babys entwickelt, ist das Sehvermögen von zentraler Bedeutung. Im ersten Lebensjahr machen sie hierbei tatsächlich erstaunliche Fortschritte. Das Sehvermögen trägt wesentlich dazu bei, dass Kinder die Welt um sie herum nach und nach entdecken und verstehen können.
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