Das Rapunzel-Syndrom: Symptome, Ursachen und Behandlung
Das Rapunzel-Syndrom ist eine sehr seltene Störung. Menschen, die an diesem Syndrom leiden, haben Unmengen von Haaren in ihrem Magen und Darm, weil sie freiwillig und absichtlich ihre eigenen Haare essen (Trichophagie).
Außerdem ist diese Störung mit Trichotillomanie verbunden und verursacht schwerwiegende gastrointestinale Komplikationen. In unserem heutigen Artikel erfährst du mehr über das Rapunzel-Syndrom, Trichotillomanie und Trichophagie, die auftretenden Symptome und die wirksamsten Behandlungen für diese Erkrankungen.
Vom Rapunzel-Syndrom sind hauptsächlich junge Frauen betroffen. Allerdings konnten Experten die Ursachen hierfür noch nicht vollständig klären. Ärzte glauben, dass ein Zusammenhang mit einem geringen Selbstwertgefühl, Angststörungen und Depressionen sowie der bereits erwähnten Trichotillomanie und anderen psychischen Störungen besteht.
Das Rapunzel-Syndrom: Symptome
Ein Trichobezoar, besser bekannt als Haarball, bildet sich im Magen oder dem Darm durch den Verzehr von Haaren. Dennoch führt eine Trichophagie nicht in jedem Fall zur Entstehung eines Trichobezoars.
Darüber hinaus kann der Zeitraum variieren, der vom Beginn des Haarverzehrs bis zum Auftreten von Symptomen vergeht. Einige der Symptome, die auf einen möglicherweise bestehenden Trichobezoar hindeuten, sind folgende:
- Gewichtsverlust
- Anzeichen dafür, dass etwas den Magen oder den Darm verstopft
- Übelkeit, Erbrechen, ein permanentes Völlegefühl und die Unfähigkeit etwas zu essen
- Durchfall
- Mundgeruch
- Eisenmangel-Anämie
- Blutiger Stuhlgang
- Kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata) in Verbindung mit Trichotillomanie
Das Syndrom lässt sich nur schwer diagnostizieren, denn die Patienten streiten meistens ab, dass sie ihre Haare essen. Darüber hinaus kann das Bestehen eines der oben genannten Symptome auch auf eine Trichophagie hindeuten.
Aber das ist noch nicht alles, denn das Bestehen von Alopezie könnte auch ein Anzeichen dafür sein, dass der Betroffene unter Trichotillomanie leidet. Hierbei handelt es sich um das zwanghafte Ausreißen der eigenen Haare. Darüber hinaus essen manche Menschen, die an Trichotillomanie leiden, ebenfalls ihre Haare, nachdem sie sich diese ausgerissen haben. All diese Informationen können dem behandelnden Arzt dabei helfen, eine genauere Diagnose zu stellen.
Zur endgültigen Diagnosestellung sind Stuhlproben, eine Echographie, ein MRT und eine Gastroskopie für den Arzt sehr aufschlussreich. Außerdem ist die Gastroskopie die beste Methode, um festzustellen, ob ein Trichobezoar vorhanden ist.
Trichotillomanie
Trichotillomanie ist eine Störung der Impulskontrolle. Die Erkrankten reißen sich teilweise am ganzen Körper die Haare aus, wobei die häufigsten davon betroffenen Bereiche die Kopfhaare, die Augenbrauen und die Wimpern sind.
Das Ausreißen von Haaren kann mit verschiedenen Ritualen verbunden sein, beispielsweise der gezielten Auswahl der ausgerissenen Haare, dem Berühren und Fühlen, dem Aufnehmen in den Mund usw.
Manche Menschen haben seltsame und unangenehme Empfindungen, bevor sie sich die Haare ausreißen, welche sich nach dem Vorgang wieder verbessern. Darüber hinaus empfinden sie es nicht als schmerzhaft, sich die Haare auszureißen. Allerdings führt dieses Verhalten oft zu einem sehr sichtbaren Haarausfall, wie zum Beispiel Tonsurentrichotillomanie.
Von dieser Störung sind meistens Frauen betroffen und sie kann in jedem Alter auftreten. Darüber hinaus tritt sie auch bei Frauen häufiger in Verbindung mit Trichophagie auf. Es handelt sich um eine chronische und phasenweise auftretende Erkrankung, die sich jedoch mit der richtigen Therapie behandeln lässt.
Das Rapunzel-Syndrom
Der erste Schritt zur Behandlung dieser Störung besteht in einigen Fällen in der Behandlung der Trichotillomanie. Wenn das zwanghafte Haareausreißen reduziert wird, kann dies dazu führen, dass der Betroffene auch weniger Haare isst.
Die von Experten empfohlene Behandlung ist das sogenannte Habit-Reversal-Training von Azrin und Nunn. Dieses verhaltenstherapeutische Verfahren besteht im Wesentlichen aus folgenden Komponenten:
- Bewusstsein schaffen. Hierbei erfolgt eine Beschreibung des Problems (Haareausreißen), seiner Vorgeschichte und der sich daraus ergebenden Konsequenzen. Das Ziel ist es, das Problembewusstsein des Patienten zu fördern.
- Competing Response Training (auf Deutsch: Training inkompatibler Reaktionen). Während dieser Phase der Behandlung hilft der Therapeut dem Patienten dabei, Verhaltensweisen zu erlernen und auszuführen, die mit dem problematischen Verhalten inkompatibel sind.
- Motivation. Anschließend unterstützt der Therapeut den Patienten dabei, die Motivation dafür zu finden, das Gelernte auch anzuwenden und umzusetzen. Darüber hinaus werden die negativen Auswirkungen besprochen, die durch das Problem entstehen, der Patient erhält häufige Rückmeldungen und wird in seinen Fortschritten bestärkt.
- Generalisierungstraining. Hier sollen die Fortschritte auf alle Lebensbereiche des Patienten übertragen und angewendet werden.
Eine weitere Strategie ist die Expositions- und Reaktionsprävention. Hierbei wird der Patient den unangenehmen Gefühlen ausgesetzt, die vor dem Haareausreißen auftreten. Anschließend wird die Ausführung dieser Handlung verhindert.
Das Ziel ist es, dass sich der Patient an die Empfindungen gewöhnt, ohne jedoch das Bedürfnis zu verspüren, die zwanghafte Handlung durchführen zu müssen.
Darüber hinaus wird bei der Behandlung des Rapunzel-Syndroms der Haarball durch einen chemischen oder enzymatischen Prozess aufgelöst. Alternativ kann der Trichobezoar auch endoskopisch oder durch einen operativen Eingriff entfernt werden. Gleichzeitig erfolgt die medizinische Behandlung der potenziell schwerwiegenden Komplikationen.
Interessante Fakten über das Rapunzel-Syndrom
E. D. Vaughan und seine Kollegen waren die ersten, die diese Erkrankung im Jahr 1968 beschrieben haben. Allerdings gab es schon im 12. Jahrhundert vor Christus einige Menschen, die Trichobezoare von Tieren aßen, weil sie glaubten, diese hätten medizinisch wirksame Eigenschaften.
Wie wir bereits eingangs erwähnt haben, ist diese Störung sehr selten. Weltweit gibt es nur etwa 100 dokumentierte Fälle. Der Name des Syndroms stammt aus einem Märchen der Gebrüder Grimm. Wahrscheinlich kennst du die Geschichte von Rapunzel, die in einem Turm eingesperrt war und ihr langes Haar herunterließ, damit der Prinz zu ihr hinaufklettern konnte, um sie zu retten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Trichobezoar dem Haar von Rapunzel sehr ähnlich sieht, da er normalerweise die Form eines Zopfes oder Geflechts hat. Es spielt keine Rolle, welche Farbe das Haar hat, das der Patient isst. Der resultierende Bezoar ist immer schwarz und kann sogar unverdaute Lebensmittel beinhalten. Die Haarmassen können in Größe, Form und Gewicht variieren (bis zu drei Kilogramm).