Das limbische System und die Kunst der Traumaheilung

Die Fortschritte in der Neurowissenschaft haben die Entwicklung wissenschaftlich fundierter Interventionen ermöglicht, die Menschen mit posttraumatischer Belastungsstörung helfen.
Das limbische System und die Kunst der Traumaheilung
Gorka Jiménez Pajares

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Gorka Jiménez Pajares.

Letzte Aktualisierung: 08. April 2024

Stephen Porges bezeichnete das limbische System als “großen Dirigenten des Orchesters der Gefühle”. Tatsächlich sammeln sich infolge eines Traumas in diesem Zentrum Emotionen wie Angst, Traurigkeit und Wut. Diese Belastung führt häufig zu schädlichen Verhaltensweisen und verursacht intensiven Schmerz. Wir sehen uns heute den Zusammenhang zwischen Trauma und limbischen System an und sprechen über Möglichkeiten zur Traumaheilung.

“Das limbische System ist der Ort, an dem sich die Gehirnchemie mit emotionalen Erfahrungen vermischt, der Ort, an dem die Spuren unserer wichtigsten Erfahrungen entstehen und bewahrt werden.”

Bessel van der Kolk

Das limbische System und die Traumaheilung

Die Traumaheilung erfordert die Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen jenen Gehirnstrukturen, die für das Rationale (dorsolateraler präfrontaler Kortex) und das Emotionale (vorwiegend die Amygdala) zuständig sind. Damit erlangen Personen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung das Gefühl, die Kontrolle über ihr Leben zurückzugewinnen (van der Kolk, 2020). Das ist wichtig, denn eine der Folgen eines traumatischen Ereignisses ist die Hyperaktivierung der auf Emotionen spezialisierten Gehirnareale, die wir als limbisches System bezeichnen.

Diese Hyperaktivierung führt zu einer unorganisierten Reaktion auf Reize wie Licht, Gerüche, Berührungen oder Kommentare, die eine Übererregung auslösen, da sie als Bedrohung wahrgenommen werden. Durch das traumatische Erlebnis wurden bestimmte Reize als gefährlich kodiert, obwohl vielleicht keine reale Bedrohung existiert. Van der Kolk weist deshalb darauf hin, dass es in der Traumaheilung darum geht, den “Zugang zum emotionalen Gehirn zu finden”. Das bedeutet also, dass das limbische System therapiert werden muss. 

Es ist bekannt, dass die neuronalen Schaltkreise, die den dorsolateralen präfrontalen Kortex und die Amygdala verbinden, spärlich sind. Allerdings gibt es eine Verbindung zu einer dritten Struktur, dem medialen präfrontalen Kortex. Diese Region ist der Kern dessen, was wir als “Selbstwahrnehmung” bezeichnen. Das Ziel einer Intervention bei einer posttraumatischen Belastungsstörung ist, das Gleichgewicht zwischen diesen Regionen wiederherzustellen, damit der Patient in der Lage ist, sich selbst zu regulieren.

“Das limbische System ist das emotionale Zentrum des Gehirns, der Geburtsort von Gefühlen und Impulsen.”

Joseph Ledoux

Was das limbische System mit der Traumaheilung zu tun hat: Mann braucht Therapie.
Traumareaktionen bringen Emotionen wie Traurigkeit, Wut und Angst mit sich.

Wie kann das limbische System therapiert werden?

Es gibt eine Vielzahl von Interventionen zur Heilung von Traumata. Die verfügbaren Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie (kurz  TF-KVT) besonders effektiv ist. Sie integriert Methoden wie Psychoedukation, EMDR (Eye Movement Desensitisation and Reprocessing), Entspannungstraining, Kognitive Verarbeitung oder Affektive Modulation. Diese in den USA entwickelte Methode gilt bei Kindern und Jugendlichen mit posttraumatischer Belastungsstörung als Therapie erster Wahl.

“Unverarbeitete Traumata sind wie Zeitbomben, die darauf warten, zu explodieren.”

Bessel van der Kolk

Eine pharmakologische Intervention kann bei einer Hyperaktivierung helfen. Doch es gibt auch Methoden, die den Körper trainieren, um einen Ausgleich herzustellen. Yoga und Neurofeedback haben sich beispielsweise als vorteilhaft bewiesen (van der Kolk, 2020). Auch Atemtechniken sind bei der Behandlung von posttraumatischem Stress hilfreich. Sie können unter anderem die Herzfrequenz normalisieren und das parasympathische Nervensystem regulieren. Meistens ist es die Kombination, die angemessene Ergebnisse erzielt.

“Ein einzelnes traumatisches Ereignis gibt es nicht. Ein Trauma ist immer das Ergebnis einer Reihe von schmerzhaften und einschneidenden Erfahrungen, die sich im Laufe der Zeit anhäufen.”

Judith Lewis Herman

Frau nutzt Beruhigungstechnik in der Küche, um das limbische System zu beeinflussen
Atemübungen zeigen positive Wirkungen als Intervention zur Heilung des limbischen Systems.

Verbesserung des Selbstbewusstseins

Nach einem Trauma können Emotionen stark aversiv sein und körperliche Symptome wie Herzrasen oder ein Leeregefühl verursachen. Betroffene versuchen deshalb, diese Emotionen zu vermeiden, erreichen jedoch genau das Gegenteil: Sie erleben diese Gefühle intensiver. Techniken, die ihr Bewusstsein für ihre Emotionen schärfen, sind deshalb von grundlegender Bedeutung. So ist beispielsweise die traumasensitive Achtsamkeit zu empfehlen, die hilft, mit Ängsten besser umzugehen.

Es gibt viele Methoden, um das limbische System zu regulieren und ein Gleichgewicht zwischen dem rationalen und dem emotionalen Gehirn herzustellen. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass die Traumaheilung eine sehr komplexe Kunst ist, die nicht nur professionelle Betreuung, sondern auch Geduld erfordert.


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