Wir sind die, die wir lieben

Und du... Wen liebst du? Wer bereichert dein Leben? Partner, Kinder, Geschwister, Freunde? All diese Beziehungen und die Liebe, die du erhältst und gibst, prägen deine Persönlichkeit.
Wir sind die, die wir lieben
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 06. April 2023

Es gibt Menschen, die dich so lieben, wie du es verdienst: mit Respekt, Bewunderung und unendlicher Zuneigung. Die meisten erleben in der Liebe jedoch auch Enttäuschungen. Wir sind das Ergebnis aller Erfahrungen, aller Menschen, die uns lieben oder geliebt haben. Manche Personen machen es besser, andere sind nicht fähig, starke Bindungen aufzubauen. Doch aus allen Beziehungen lernen wir, auch wenn sie Narben zurücklassen. Sie formen uns und bilden unsere psychologische Grundlage. Wir sind die, die wir lieben (oder geliebt haben).

“Du fragst mich Kind, was Liebe ist? Ein Stern in einem Haufen Mist.”

Heinrich Heine

Wir sind die, die wir lieben
Freunde formen deine Persönlichkeit. 

Bindung, das Geheimnis der menschlichen Entwicklung

Unsere Existenz wird in jedem Moment von den Menschen geprägt, mit denen wir uns verbinden. So gibt es zweifellos Personen, die immer präsent sind, aber andere verändern sich im Laufe der Zeit aus den unterschiedlichsten Gründen. Freundschaften können kommen und gehen, genauso wie Liebesbeziehungen. Sie können jedoch auch einen festen Platz in unserem Leben einnehmen.

Jede emotionale Verbindung, die wir mit bedeutsamen Personen aufbauen, ist ein Teil von dem, was wir sind. Die Personen, die wir lieben, mit denen wir unser Leben teilen und denen wir vertrauen, definieren uns. Auch, wenn sie eines Tages andere Wege gehen, bleibt immer etwas von ihnen zurück.

Thomas Lewis, Fari Amini und Richard Lannon, Psychiater der University of California, beschreiben dies in ihrem Buch A General Theory of Love¹: Die Liebe formt uns nicht nur als Menschen, sie ist der Motor unserer Evolution und sogar unserer Kultur und künstlerischen Ausdrucksformen.

“Liebe ist eine gleichzeitige, gegenseitige Regelung, bei der jeder die Bedürfnisse des anderen befriedigt, weil keiner für seine eigenen sorgen kann.”

Thomas Lewis, A General Theory of Love¹

Die limbische Resonanz

Die Person, die du heute bist, wird von jenen neuronalen Netzen genährt, die sich in deiner Vergangenheit und Gegenwart gefestigt haben und stärken. In ihrem Buch A General Theory of Love¹ beschreiben die zitierten Autoren das Konzept der limbischen Resonanz, das sich auf die Fähigkeit bezieht, tiefe emotionale Zustände mit anderen zu teilen. Die positiven Schwingungen in einer Beziehung stimulieren die Ausschüttung von Oxytocin und Dopamin im Hypothalamus. Dies fördert nicht nur eine gute Stimmung, sondern auch die Paarbindung. Die Amygdala, die auf Bedrohungen reagiert, reduziert ihre Aktivität und das Paar empfindet beim Zusammensein Geborgenheit. 

Psychobiologische Prägungen hinterlassen einen neurologischen Abdruck. Wir können die Tatsache nicht ignorieren, dass wir emotionale Wesen sind, die vernünftig denken, und dass soziale Verbindungen die Säule sind, die uns als Spezies aufrechterhält.

Das limbische System umfasst vier strukturelle Komponenten, die körperliche Reaktionen auf äußere Reize auslösen: Hypothalamus, Amygdala, Thalamus und Hippocampus.

Liebe und Persönlichkeit hängen zusammen

Die Menschen, die wir lieben oder geliebt haben, prägen unsere Persönlichkeit. So wird ein Kind, das in einem unsicheren oder missbräuchlichen Umfeld aufwächst, in seiner psycho-affektiven Entwicklung beeinträchtigt. Diese traumatischen Kindheitserfahrungen formen häufig einen Charakter, der gleichzeitig misstrauisch, ängstlich und liebebedürftig ist.

Eine Studie der Pennsylvania State University sowie andere Forschungen weisen außerdem darauf hin, dass das Gefühl, im Alltag geliebt zu werden, zu einer extrovertierteren, weniger neurotischen Persönlichkeit mit größerem psychischen Wohlbefinden führt. Die menschliche Persönlichkeit ist allerdings fließend, deshalb können wir uns in jedem Alter verändern. Durch Liebe und Zuneigung können Personen mit enttäuschenden Erfahrungen gesunde Beziehungen entwickeln und ihre Wunden heilen. Entscheidend ist, wen du heute liebst.

“Für die Welt bist du irgendjemand, aber für irgendjemand bist du die Welt.”

Erich Fried

Wir sind die, die wir lieben: Frau skizziert mit ihren Händen das Symbol für Liebe
Jede Liebe hinterlässt einen Abdruck in unserem Gehirn und prägt unsere Persönlichkeit.

Das Wichtigste ist, wen wir heute lieben

Wir alle waren schon einmal Opfer, Zielscheibe von zutiefst verletzendem Verhalten. Böse Worte, Verlassenwerden, aggressives Verhalten oder Verrat hinterlassen im Gehirn und im Herzen Spuren. Du darfst jedoch nicht vergessen, dass deine aktuelle Liebe die wichtigste ist. Die Person, die du jetzt bist, hat sich durch vergangene Beziehungen geformt. Was jedoch zählt, ist die Gegenwart: die Beziehungen, die du jetzt zu deiner Familie, deinen Kindern, deinen Eltern, deinem Partner oder Partnerin und zu anderen Personen pflegst. Mit der Zeit wirst du dir bewusst, wie du sein möchtest und wie du geliebt werden willst.

Literaturempfehlung

  1. A General Theory of Love, Thomas Lewis, Fari Amini, Richard Lannon, Vintage 2001

Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • Field, Tiffany (1985), Reite, M (ed.), “Attachment as psychobiological attunement; being on the same wavelength”, The Psychobiology of Attachment and Separation, Academic Press, New York: 415–454, doi:10.1016/B978-0-12-586780-1.50019-7
  • Harlow, H.F. (1958), “The Nature of Love”, American Psychologist, 13 (12): 673–685, doi:10.1037/h0047884
  • Lewis, Thomas (2020) A General Theory of Love. Vintage
  • Oravecz, Zita & Dirsmith, Jessica & Heshmati, Saida & Vandekerckhove, Joachim & Brick, Timothy. (2020). Psychological well-being and personality traits are associated with experiencing love in everyday life. Personality and Individual Differences. 153. 109620. 10.1016/j.paid.2019.109620.
  • Scarpa, A., Ashley, R. A., Waldron, J. C., Zhou, Y., Swain, D. M., Dunsmore, J. C., & Bell, M. A. (2018). Side by side: Modeling dyadic physiological linkage in strangers. Emotion, 18(5), 615–624. https://doi.org/10.1037/emo0000340

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