Wie stark die Resilienz bei Opfern ausgeprägt sein kann

Wie stark die Resilienz bei Opfern ausgeprägt sein kann
Gema Sánchez Cuevas

Geschrieben und geprüft von der Psychologe Gema Sánchez Cuevas.

Letzte Aktualisierung: 03. April 2018

Bei der Resilienz handelt es sich um ein Konzept, das in vielen Forschungsbereichen, die in Verbindung mit der Psychologie stehen, genauer untersucht wurde. Darunter befindet sich eines, auf das wir gern näher eingehen möchten: die Viktimologie, die Resilienz bei Opfern. Dieses Forschungsgebiet befasst sich mit Menschen, die als Folge eines Verbrechens einen gewissen Schaden erlitten haben, das heißt, mit den Opfern.

Wenn jemand in seinem Leben ein traumatisches Ereignis erleben musste, wie zum Beispiel am eigenen Leib ein Verbrechen zu erfahren, ist es natürlich am besten, wenn der Betroffene einen Weg findet, wie gehabt mit seinem Leben weiterzumachen, was aber oftmals nicht einfach für ihn ist. Es wurden verschiedene Mechanismen bzw. Prozesse beschrieben, die Menschen anwenden oder durchlaufen, bis sie wieder nach vorn schauen und das Trauma überwinden können. Dabei spielt die Resilienz bei Opfern eine große Rolle.

Was ist die Viktimologie?

Einzelne Autoren haben unterschiedliche Auffassungen davon, wo diese Disziplin ihren Platz finden soll. Manche siedeln sie in der Kriminologie an, als eine weitreichendere Disziplin, die verantwortlich für die Untersuchung des Delikts, des Angreifers und des Opfers sowie deren Interaktion miteinander und letztendlich des Umfeldes ist. Ich persönlich unterstütze diese Auffassung. Doch es gibt andere Autoren oder Experten auf diesem Gebiet, die sie als ein unabhängiges Forschungsgebiet verstehen.

Abgesehen von der Einordnung ist das wirklich Wichtige, dass diese Disziplin entstanden ist, um das Opfer sichtbar zu machen, der Betroffenen, der in der Welt der Straftaten häufig vergessen wird. Die Untersuchung der Resilienz bei Opfern hilft uns, zukünftigen Straftaten vorzubeugen und unterstützt darüber hinaus den Menschen, der Opfer einer Straftat geworden ist.

Traurige Frau schaut durch Fensterscheibe

Die Viktimologie hat ihren Ursprung im Jahr 1973, als das erste Internationale Symposium für Viktimologie in Jerusalem in Israel abgehalten wurde. Bei dieser Veranstaltung wurde die Viktimologie als eine wissenschaftliche Disziplin konsolidiert.

Eines der Forschungsgebiete innerhalb der Viktimologie ist der Prozess der sogenannten Viktimisierung. Vereinfacht könnten wir sagen, dass damit der Prozess des „Opfer-Werdens“ oder der Weg zur Erkenntnis, dass man selbst zum Opfer geworden ist, gemeint ist. Die Viktimisierung ist ein Phänomen, das von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird, die schließlich die Reaktion des Betroffenen bestimmen. Weil sich die Wahrnehmung eines traumatischen Ereignisses und dessen Verarbeitung bei zwei Menschen, die dasselbe erlebt haben, unterscheiden, läuft die Viktimisierung niemals genau gleich ab – es handelt sich um einen individuellen Prozess. Und der hängt von persönlichen, sozialen, kulturellen und anderen Einflüssen ab.

Der Prozess der Entviktimisierung

Hier kommt die Resilienz bei Opfern ins Spiel. Der Prozess der Entviktimisierung ist das Gegenteil zu dem zuvor beschriebenen. Er beschreibt eine Reihe von Schritten oder Phasen, die ermöglichen, dass sich das Opfer nicht mehr als solches sieht. Das ist das Hauptziel der Behandlung von Opfern, die ein traumatisches Ereignis erleiden mussten.

So wie die Reaktion eines Menschen auf ein gegebenes Ereignisses niemals genau so wie die Reaktion eines anderen Menschen auf das gleiche Ereigniss ausfallen wird, verhält es sich mit dem Prozess der Entviktimisierung. Die Fähigkeit des Opfers, sein Trauma zu überwinden, hängt von ihm, seiner Geschichte, seinem Umfeld, der familiären und sozialen Unterstützung, die er erhält, usw. ab. Wichtig für das Opfer ist hierbei, jegliche Hilfe ausfindig zu machen und zu versuchen, sie zu den eigenen Gunsten zu nutzen.

Das Konzept der Resilienz

Bei der Resilienz handelt es sich um ein Konzept, das wir in Anbetracht seiner Bedeutung als wenig erforscht betrachten könnten. Es basiert auf zwei grundlegenden Aspekten: widerstandsfähig gegenüber dem Ereignis zu sein und sich von ihm lösen zu können. Der Terminus der Resilienz kann an verschiedene Umstände angepasst werden.

Einige Forscher und Forscherinnen, wie z. B. Ronnie Janoff-Bulmam, erstellten Bewertungssysteme, die dabei helfen sollten, zu bestimmen, ob ein Mensch resilient ist oder nicht. Man präsentiert hierbei eine Reihe von Sätzen oder Ausdrücken, mit denen das Selbstwertgefühl und die Widerstandsfähigkeit dieser Person analysiert werden sollen. Daraufhin soll der Betroffene selbst auf einer Skala von 1-5 bewerten, inwieweit er dieser Aussage zustimmt oder nicht. Somit erhält man ein Ergebnis, das die Resilienz des Betroffenen widerspiegelt.

Gänseblümchen am Straßenrand

Resilienz bei Opfern

Die Resilienz bei Opfern gibt Aufschluss über ihre Fähigkeit, sich angesichts des dramatischen Ereignisses nicht unterkriegen zu lassen und nicht zuzulassen, dass es sich negativ auf ihren Alltag auswirkt. Autoren verschiedener Schulen haben diesbezüglich unterschiedliche Vorstellungen, nutzen Definitionen, zwei Wege, die sich wie folgt voneinander unterscheiden:

  • Manche Autoren bringen dieses Konzept mit dem posttraumatischen Wachstum in Verbindung. Hierbei untersucht oder analysiert das Opfer die Möglichkeit, aus negativen Erfahrungen zu lernen und zu wachsen. Wir könnten das so zusammenfassen: Manchmal gewinnt man, manchmal lernt man. Es sei also eine positive Projektion der negativen Tatsache, die diese in einen Nutzen verwandelt.
  • Andere Autoren stellen einen Zusammenhang zwischen diesem Konzept und dem Widerstand her. Sie bezeichnen die Resilienz mehr als die Rückkehr der Person zu ihrem vorherigen Leben.

Die Resilienz bei Opfern kann entwickelt werden. Es ist eine Fähigkeit, die aus einem dynamischen Prozess resultiert. Ihr Ursprung und die möglichen Faktoren, die sie begünstigen, wurden untersucht: Einige Eigenschaften der Persönlichkeit und Umwelt scheinen die Entwicklung der Resilienz positiv zu beeinflussen. Wichtigstes Element dabei ist wohl die Selbstwahrnehmung: Je positiver das Selbstbild ist, desto größer ist die Resilienz.

Weg im Grünen

Kurz gesagt bedeutet dies nicht, dass nur resiliente Menschen dazu in der Lage seien, ein traumatisches Ereignis zu bewältigen. Was aber offensichtlich ist, ist, dass die Resilienz ihnen hilft. In diesem Sinne ist es wichtig, weiter in diese Richtung zu forschen. Mehr Kenntnisse darum, welche Faktoren bei der Entwicklung der Resilienz helfen, würde dazu beitragen, neue Wege zu erschließen, um sie zu fördern, damit die Opfer von traumatischen Ereignissen ihren Weg mit weniger Leid hinter sich lassen könnten.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.