Wie entsteht eine Sozialphobie?

Wie entsteht eine Sozialphobie?

Letzte Aktualisierung: 12. August 2017

Wenn du an einer Sozialphobie leidest, weiß ich, dass es Momente gibt, in denen es dir richtig schlecht geht: Es ist nicht nur so, dass du nervös wirst, wenn du in Gesellschaft anderer sprechen musst, sondern es löst eine regelrechte Panik bei dir aus. Wenn du dich in einer Gruppe von Menschen befindest, hast du das Gefühl, als würden dich alle anschauen und sich davon überzeugen, dass du komisch wärst und dort nichts zu suchen hättest. Du wünscht dir dann, daheim zu sein anstatt in dieser so grauenvollen Situation.

Aber so geht es dir nur in einem sozialen Kontext. Allein der Gedanke daran, auf eine Feier oder zu einer Versammlung gehen zu müssen, lässt dich nervös werden. Du überlegst dir tausend Entschuldigungen, um nicht dort hingehen zu müssen, und würdest alles geben, um dich dieser Situation nicht aussetzen zu müssen. Doch was kannst du dagegen tun?

„Wer ohne Gefahr Angst empfindet, erfindet die Gefahr, um seine Angst zu rechtfertigen.“

Alaine Emile Chartier

Was ist die Sozialphobie?

Zunächst handelt es sich, wie der Terminus bereits verrät, um eine Phobie. Phobien sind intensive Ängste vor einer bestimmten Sache oder Situation. Allerdings sind diese Ängste irrational oder besser gesagt, sie machen sich bemerkbar, obwohl es keine reale Gefahr gibt. Darüber hinaus verspüren Betroffene sie nicht im richtigen Moment und empfinden eine größere Furcht als ihre Mitmenschen unter ähnlichen Umständen. Das beeinträchtigt ihren Alltag.

Wenn wir an einer Sozialphobie leiden, macht sich diese in Situationen bemerkbar, in denen wir mit anderen Menschen interagieren. Da wir ständig in Kontakt mit anderen sind, kann sie uns im Alltag sehr einschränken. Wenn wir im Gegensatz dazu an einer anderen Art der Phobie leiden, wie der Phobie vor Spinnen oder Schlangen, dann bereitet uns das nur in bestimmten Situationen Probleme. Siehst du den Unterschied?

Es ist doch so, dass wir alle nervös werden, wenn wir neue Menschen kennenlernen oder vor Publikum sprechen müssen, aber sobald das Eis gebrochen ist, genießen wir diese Erfahrung. Bei Menschen mit einer Sozialphobie, die noch dazu Verhaltensstörungen aufweisen, die diese Phobie weiter verstärken, sieht das allerdings ganz anders aus.

Wie funktionieren kognitive Prozesse bei Menschen mit einer Sozialphobie?

Sehr wichtig ist, dass diese Phobie sich an dem nährt, was wir denken und wie wir das tun: Da sind eben jene kognitive Prozesse, die der Verarbeitung von Informationen aus unserem Umfeld dienen. Ein Mensch, der unter einer Sozialphobie leidet, ist beispielsweise aufmerksamer, was die Blicke anderer anbelangt und was die Reaktion ihres Körpers auf das Unbehagen, das sie verspüren, betrifft (rot werden vor Scham, wechselnde Tonlage usw.).  Sie neigen dazu, diese Informationen auf eine für sie negative Weise zu interpretieren.

Aber damit nicht genug. Sie erinnern sich auch besser als andere an soziale Situationen, die für sie eine negative Konnotation haben, und benutzen sie als Referenz, um das zu bewerten, was in der Gegenwart passiert.

„Die Angst ist immer dazu bereit, die Dinge noch schlechter zu sehen als sie sind.“

Livio

Hier ein Beispiel: Jemand mit einer sozialen Phobie ist aufmerksamer, was die Gestik seiner Mitmenschen anbelangt, und während er mit ihnen redet, interpretiert er sie als abwertend. Des Weiteren erinnert er sich in diesem Moment an eine konkrete Situation, in der er sich nicht gut mit anderen verstand, als er sie neu kennenlernte, was seine Vorstellungen und den beschriebenen verzerrten kognitiven Prozess noch verstärkt.

Welche Ängste haben Menschen mit einer Sozialphobie?

Bei der Ausführung der soeben erläuterten kognitiven Prozesse wurden die Ängste und Befürchtungen von den unter einer Sozialphobie leidenden Personen außer Acht gelassen. Auf der einen Seite besteht die Angst davor, dass physische Anzeichen verraten könnten, dass der Betroffene nervös ist. Und genau deshalb fürchten die Betroffenen, in zwischenmenschlichen Situationen ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu geraten.

Aber es ist nicht nur das. Sie haben auch Angst davor, dass sie bei dem, was sie tun, oder wenn sie neue Leute kennenlernen, angeschaut und beobachtet werden. Auch die Angst, vor anderen trinken, essen oder sprechen zu müssen, sowie zu telefonieren oder mit etwas umzugehen, macht sich breit.

All diese Ängste stehen in direktem Zusammenhang mit einer ganz bestimmten Angst, nämlich der Angst davor, seltsam zu erscheinen oder negativ bewertet zu werden. Die Betroffenen malen sich schon im Voraus aus, dass das passieren könne, wodurch ihre Ängstlichkeit entsteht. Diese Angst ist so groß, dass sie sie in Situationen mit sozialem Kontext blockiert, sodass letztendlich das eintritt, was sie vorhergesagt haben, was sie auf eine unangemessene Weise handeln lässt.

„Die Angst ist ein Bach der Furcht, der durch unseren Verstand fließt. Wenn sie gestärkt wird, kann aus ihr einen Strom werden, der all unsere Gedanken mit sich reißt.“

A. Roche

Dadurch wird die anfängliche Vorstellung davon, dass man nichts wert sei, noch verstärkt, aber den Betroffenen fällt nicht auf, dass sie sich selbst blockiert haben. Genau aus diesem Grund muss eine Sozialphobie psychologisch behandelt werden, am besten durch eine kognitive Verhaltenstherapie. Es handelt sich bei ihr um eine Störung, die die Betroffenen in ihrem Alltag sehr einschränkt, und es ist ziemlich schwierig, diese Art der Gedanken ohne professionelle Hilfe zu verändern.

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Bildmaterial mit freundlicher Genehmigung von Rawpixel, Blake List und Kevin Curtis


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