Wie du in 6 Schritten lernst, den Schmerz als Lektion anzusehen
Schmerz ist im Leben unvermeidbar. Er ist, so wie Freude auch, Teil des Lebens. Viele denken, dass Schmerz ein unglücklicher Zufall, eine fiese Laune des Schicksals sei, aber er ist nichts weiter als ein Bestandteil unserer Existenz. Aus diesem Grund können wir nicht vor ihm weglaufen und jegliche Bemühungen, die wir darauf verwenden, sind nur kräftezehrend und vollkommen sinnlos.
Schmerz und Freude bringen uns unserer tiefgründigsten Essenz näher. Beide lehren uns die wichtigsten Lektionen im Leben und helfen uns dabei, uns unseren Weg im Leben zu weisen.
Doch oftmals wird aus unserem Schmerz Leid. Leid, dieses bittere Getränk, von dem es endlos viel gibt, hauen wir schon beinahe krankhaft herunter. Wir sind also unser schlimmster Feind, denn es scheint so, als wären wir verzweifelt auf der Suche nach noch mehr Leid als das, das uns ohnehin schon herunterzieht.
Es ist nicht nur der Schmerz, der so unendlich wehtut, sondern dazu noch das Leid wegen des Schmerzes
Es ist nicht schlimm, der Nostalgie zu verfallen oder mit unserem Schmerz allein sein zu wollen. Außerdem sind diese Momente schlichtweg manchmal notwendig: diese Tasse Kaffee, die wir allein trinken, oder diese Augenblicke, in denen wir uns in dieser Einsamkeit mit uns selbst oder unserer Menschlichkeit verbinden.
Was am meisten beunruhigt und unser Leid noch verschlimmert, ist diese gesamte Last, die wir uns auf die Schultern laden, während wir diesen manchmal selbst gewählten unendlich hohen Berg hinauflaufen. Diese Last laden wir uns auf, wenn wir uns beispielsweise sagen, dass diese Traurigkeit für immer anhalten wird, kein Ende hat und wir ihr keines bereiten können.
Wie wir Schmerz als Lektion ansehen können
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Wir können dieses enorme Leid der Vergangenheit angehören lassen, und besser noch, wir können den Schmerz als Lektion ansehen, was sich positiv auf unsere Weisheit über das Leben auswirkt.
Aber wie soll das gehen? Einer der Psychologen und Menschen, die mein Leben am meisten beeinflusst haben, José Antonio García-Monge, erklärte es einst wie folgt in einem seiner Bücher:
Wenn jemand dem Schmerz oft ausgesetzt war, so erlangt er eine Weisheit, die es ihm erlaubt, jedes Mal erneut zu verstehen, dass Schmerz zu empfinden menschlich und ein unabdingbarer Teil des Lebens ist, Leid hingegen etwas von uns selbst Bestimmtes ist, von dem wir Abstand nehmen können.
1. Wir müssen den Schmerz anerkennen
Wir müssen unseren Schmerz akzeptieren. Es ist wichtig, zu wissen, ob es ein Schmerz ist, der uns psychisch, physisch, sozial oder existenziell gesehen verletzt. Es gibt verschiedene Arten und wir müssen dazu in der Lage sein, ihn zu erkennen, uns mit ihm auseinanderzusetzen und ihn in diesen Augenblicken zuzulassen, von denen wir zuvor gesprochen haben.
2. Wir müssen einen ehrlichen Dialog mit ihm führen
Um mit ihm einen Dialog führen zu können, muss uns eines klar sein: Der Schmerz vermittelt uns, dass etwas nicht richtig läuft. Etwas bringt unseren inneren Frieden aus dem Gleichgewicht. Daher müssen wir verstehen, woher er kommt und wieso wir ihn verspüren.
Sobald wir Antworten auf diese Fragen gefunden haben, sind wir schon ein ganzes Stück weitergekommen. Doch um uns diese Fragen zu stellen, müssen wir ehrlich zu uns selbst sein und zuhören, was uns unser Schmerz zu sagen hat. Es hat keinen Sinn, etwas schön zu reden oder nur halb zuzuhören. Wir müssen mit all unseren Sinnen zuhören und so ehrlich wie möglich sein, da er uns verletzlich macht und wir uns durch ihn selbst entdecken.
3. Wir dürfen aus dem Schmerz kein Leid werden lassen
Mit den Worten von García-Monge:
Der Schmerz kann einen Teil unseres Körper verbrennen. Leid aber besitzt so viel Macht, dass es den gesamten Menschen zerstören kann.
Wie wahr diese Worte doch sind. Leid kann unseren Verstand komplett lahmlegen und uns deshalb jegliche Fähigkeit nehmen. Sobald wir unseren Schmerz dazu verdonnern, auf ewig zu währen oder ihn durch Katastrophendenken oder Gedanken der Hoffnungslosigkeit noch vergrößern, so wird aus ihm Leid.
4. Wir müssen für ihn die Verantwortung übernehmen
Das bedeutet nicht, dass wir uns die Schuld, die uns unserem Frieden vollkommen beraubt, an etwas geben. Für unseren Schmerz die Verantwortung zu übernehmen, hat damit zu tun, anzuerkennen, was wir tun, um ihn noch zu verschlimmern. So wie bei einem Regen, der eine Überschwemmung zur Folge haben kann.
Wie können wir uns helfen oder wie können wir um Hilfe bitten, um bestmöglich mit ihm fertig zu werden? Anderen unsere Verantwortung aufs Auge zu drücken, ist genauso sinnlos, was nur zu noch größerem Leid führt. Außerdem ist das ein Selbstbetrug, der früher oder später sowieso auffliegt.
5. Wir müssen uns endgültig von ihm verabschieden
Wenn wir die ersten vier Schritte befolgt haben, haben wir schon den Großteil unserer Arbeit hin zur Lektion erledigt. Die vorherigen Schritte bringen uns nach und nach unseren Frieden zurück, den wir nicht finden, wenn wir uns nicht mit unserem Schmerz auseinandersetzen wollen. Es ist ein Aufeinandertreffen von Angesicht zu Angesicht, dem wir uns ganz allein stellen müssen.
Vielleicht können wir den Schmerz mit etwas beschwichtigen, das uns hilft oder uns wieder erdet. Jeder Mensch ist einzigartig und weiß, was ihm helfen kann und was nicht. Es gibt weder allgemeine Lösungswege, die für jeden nützlich sind, noch Wunderpillen, die wir schlucken können. Das Leben ist nun einmal so.
6. Wir müssen am oder trotz des Schmerzes wachsen
„Wir müssen uns darüber bewusst werden, dass wir größer als unser Schmerz sind“, sagte García-Monge. Wieder einer seiner Sätze, die so viel Wahrheit beinhalten, dass ich ihn mit dir teilen möchte. Größer als unser Schmerz zu sein, bedeutet, anzunehmen, dass nicht er uns ausschließlich definiert. Wir sind mehr als das. Es bedeutet, anzuerkennen, dass wir über sehr nützliche Werkzeuge verfügen, die wir nur entdecken und anwenden müssen, um uns selbst zu helfen und uns auf diesem schwierigen Weg zu begleiten, der allerdings nur menschlich ist, da wir aus Schmerzen eine Lektion werden lassen können.
Ich lade somit alle dazu ein, die gerade eine schwierige Zeit durchmachen, euch so ehrlich wie es eben nötig ist, zuzuhören, die Verantwortung für das zu übernehmen, was euch betrifft und nicht andere und euch selbst zu bemitleiden. Letztendlich ist das doch nur eine weitere Lektion in unserem Leben.