Wie die Sozialmoral zur Normalisierung von Gewalt beiträgt
Sozialmoral ist einer der Gründe, aus denen sich Menschen an etablierte Regeln halten. Sie umfasst eine Reihe von Normen und Werten, denen die Menschen folgen sollen und – im Idealfall – auch wollen. Mit anderen Worten, in unserem täglichen Leben halten wir uns an verschiedene Regeln, die die Gesellschaft als angemessen einstuft, um miteinander zurechtzukommen.
Was aber hat die Sozialmoral mit Gewalt zu tun? Nun, sie umfasst auch die gesellschaftlichen Normen, die wir respektieren, um Gewalt zu vermeiden. Wenn wir innehalten, um zu reflektieren, wie wir dazu neigen, die Schuld für Gewalttaten zuzuweisen, erhalten wir ein ziemlich genaues Bild von diesen moralischen Grundsätzen.
Der Gerechte-Welt-Glaube
Der Gerechte-Welt-Glaube ist ein guter Indikator für den Grad der Sozialmoral in Bezug auf Gewalt. Er basiert auf der allgemeinen Vorstellung, dass die Menschen in einer gerechten Welt leben wollen. Mit anderen Worten, für unseren Seelenfrieden müssen wir annehmen können, dass alles aus einem bestimmten Grund geschehe.
Wenn wir bestimmte Verbrechen dem Zufall oder Unglück zuschreiben, bedeutet das, dass jeder von uns zum Opfer werden könnte. Das ist eine beunruhigende Idee. Andererseits, wenn wir sie Tätern oder gar Opfern zuschreiben (z. B. jemand raubt, weil er gierig ist, und jemand wird überfallen, weil er gefährliche Stadtviertel durchquert), lässt das den Schluss zu, dass wir weniger wahrscheinlich ein Opfer von Gewalt werden, solange wir nicht dieselben Fehler machen.
Diese Wahrnehmung basiert auf einer kognitiven Verzerrung. Sie impliziert eine symbolische Umgestaltung der sozialen Umgebung und beruht auf den folgenden Prämissen:
- Der Täter ist schlecht. Er mag verschiedene Gründe für sein Verhalten haben, die es aber nicht rechtfertigen.
- Das Opfer ist dumm oder unvorsichtig, verhält sich insgesamt unangemessen und ist deshalb mitverantwortlich. Wir ziehen Rückschlüsse auf die betroffene Person, insbesondere auf ihre Persönlichkeit, und aufgrund derer, macht es Sinn, dass das, was mit ihnen passiert ist, passiert ist. Wenn jemandem in der Stadt die Brieftasche gestohlen wird, hört man Kommantare wie “Es ist die Innenstadt zur Hochsaison, da man muss vorsichtiger sein …”.
Rechtfertigungstechniken
Wie gesagt, in der Gesellschaft gibt es akzeptierte Werte. Es gibt aber auch gegensätzliche Werte. Warum nennen wir sie so? Nun, die Idee ist einfach: Es sind Werte, an die sich viele Menschen halten, die sie aber nicht auslagern, weil sie im Widerspruch zu akzeptierten Werten stehen. Skyes und Matza stellten diese Idee ursprünglich in ihrer Neutralisationstheorie vor.
Normalerweise sind es die Täter selbst, die enstprechenden Werten folgen. Sie tun es, um die Folgen ihres Handelns abzufedern. Es gibt aber auch Menschen, die damit ihre Meinung zu vorliegenden Fakten begründen. Sie nutzen sie, um die Täter zu legitimieren oder zu rechtfertigen.
Diese Techniken sind:
- Verleugnung des Verbrechens: Es waren ja nur ein paar Euro, das kann man nicht Diebstahl nennen. Es ist niemand sonst auf der Autobahn unterwegs und deshalb ist es in Ordnung, zu rasen.
- Verurteilung der Opfer: Politiker stehlen weit mehr als Bürger.
- Anspruch auf ein Recht: Ich habe es gestohlen, weil es mir zustand.
- Höheres Motiv: Ich tat es für …
- Notwendigkeit des Verhaltens: Es gab keinen anderen Weg, um …
- Leugnen der Existenz von Opfern: Ich tue niemandem weh.
- Verteidigung von Wert: Er war kein vertrauenswürdiger Mensch.
- as Verhalten verallgemeinern. Jeder tut es.
- Verweigerung der Gerechtigkeit: Jemand muss verlieren.
Beispiele für Sozialmoral
Die Moral der Gesellschaft basiert auf dem guten Verhalten der Menschen: Muster, Regeln und Verhaltensweisen, die jeder befolgen muss. Wenn Menschen sich in einer Weise verhalten, die die Gesellschaft für unangemessen hält oder die nicht den etablierten Normen entspricht, dann wird dieses opferseitige Verhalten als Ursache von Gewalt angesehen. Manchmal werden Gewalttaten dann als unvermeidliches Ergebnis angesehen, was den Opfern großen Schmerz zufügt.
Du kannst Beispiele für all das in vielen realen Situationen finden, hast dich vielleicht sogar schon selbst mit den vorgenannten Strategien verteidigt. Unsere Kenntnis um diese Strategien ist der Grund, warum wir beispielsweise Pläne zur Prävention von sexueller Belästigung entwerfen, die sich an potenzielle Opfer richten. Sie implizieren indirekt, dass der Lebensstil oder die Entscheidungen der Menschen der Grund dafür seien, dass sie belästigt werden. Das darf jedoch nicht als Schuldzuweisung verstanden werden.