Wie die Digitalisierung das Gehirn beeinflusst
Das menschliche Gehirn hat fast 100 Milliarden Neuronen, die schneller als die Lichtgeschwindigkeit miteinander kommunizieren. Seit die Digitalisierung in unser Leben eingedrungen ist, fragen sich viele, ob das Gehirn dadurch einige seiner Fähigkeiten verlieren könnte.
Das Gehirn hat eine unglaubliche Plastizität und Anpassungsfähigkeit. Das heißt, dass es sich an seine Umgebung anpasst, um die Ressourcen zu optimieren. Mit anderen Worten, wenn die Digitalisierung dazu führt, dass das Gehirn nicht mehr für bestimmte Prozesse verantwortlich sein muss, wird dies möglicherweise durch die Verbesserung anderer Fähigkeiten ausgeglichen.
Forscher haben bereits damit begonnen, sich mit dieser Frage zu befassen. Tatsächlich konnten sie sogar einige Veränderungen identifizieren, die das Gehirn möglicherweise erlebt, insbesondere unter der jugendlichen Bevölkerung.
Die Digitalisierung und kognitive Fähigkeiten
In relativ kurzer Zeit haben wir viele technologische Fortschritte erlebt. Und dies hat offensichtlich unser Verhalten verändert. Infolgedessen haben wir nun unterschiedliche Gewohnheiten und erledigen Aufgaben auf andere Weise. Die Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren und auf Informationen zugreifen, hat sich ebenfalls verändert und wird sich auch weiterhin ändern.
Laut Gary Small, einem Neurowissenschaftler an der University of California in Los Angeles (UCLA), verändert der Einsatz von Technologie unser Gehirn. Forscher haben gesehen, dass sich einige neuronale Netze festigen, während andere schwächer werden. Obwohl dies ein natürlicher Prozess im menschlichen Gehirn ist, gibt Small an, dass sich bestimmte Strukturen oder Schaltkreise ändern. Ein Beispiel ist die Gehirnschaltung der Aufmerksamkeit.
Wir verbringen viel Zeit vor unseren Smartphones, Tablets und Computern. Manchmal verwenden wir sogar mehrere Geräte gleichzeitig. Multitasking ist eine kognitive Fähigkeit, mit der wir mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen können. Untersuchungen zeigen jedoch, dass das Gehirn nur zwei Aufgaben gleichzeitig seine vollständige Aufmerksamkeit schenken kann.
Wenn sich das Gehirn auf zwei Aufgaben konzentriert, teilt der präfrontale Kortex seine Ressourcen auf, um diese auszuführen. Wenn wir jedoch versuchen, mehr als zwei Aufgaben gleichzeitig auszuführen, werden wir Probleme beim Filtern von Informationen haben. Darüber hinaus werden wir uns auch auf Dinge konzentrieren, die nicht mit der zu erledigenden Aufgabe zusammenhängen, und Schwierigkeiten damit haben, zwischen den verschiedenen Aufgaben hin und her zu wechseln.
Darüber hinaus wirken sich all diese technologischen Fortschritte auf unsere Fähigkeit aus, Informationen zu speichern, da wir jederzeit die Antwort auf jede Frage nachschlagen können. Allerdings vermuten Wissenschaftler auch, dass Multitasking die Entscheidungsfähigkeit des Gehirns verbessert, da unsere Sinne geschärft werden und die digitale Welt die Geschwindigkeit fördert. Außerdem wird die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung verbessert.
Die Digitalisierung und das sich entwickelnde Gehirn
Die Auswirkungen der Digitalisierung auf das Gehirn von Kindern sind wichtig. Im Gegensatz zu den Erwachsenen der heutigen Zeit kennen sie keine analoge Zeit. Sie wurden in diese technologisch-zentrierte Gesellschaft hineingeboren. Tatsächlich gelten Kinder, die nach dem Jahr 2000 geboren wurden, als „Digital Natives“.
Das bedeutet, dass sie bereits immer von Technologie umgeben waren. Folglich entwickeln sie spontan und auf natürliche Weise eine bestimmte Art, zu denken und die Welt zu verstehen.
Diese digitalen Generationen entwickeln digitale Fähigkeiten, während sie heranwachsen. Und das nicht nur, aufgrund ihrer Umgebung. Denn auch die Art und Weise, wie die Erwachsenen um sie herum ihre Interaktion mit der digitalen Welt erleichtern, spielt eine Schlüsselrolle. Zum Beispiel Eltern, die ihren kleinen Kindern ihre Handys oder Tablets geben, um sie zu unterhalten. Dies mag harmlos erscheinen, doch dieses Verhalten kann die Entwicklung von Kindern negativ beeinflussen.
Einerseits fördert es einen sesshaften Lebensstil, der tatsächlich körperliche Veränderungen im Gehirn auslösen kann. Mangelnde körperliche Aktivität kann zu einer Verschlechterung der Nervenfasern führen und eine schlechte kognitive Leistung auslösen.
Forscher haben ebenfalls beobachtet, dass ein übermäßiger Gebrauch von Technologien einen erheblichen Einfluss auf die Sprachentwicklung der Kinder haben kann. Dadurch kann sogar der Cortisolspiegel steigen, was das Gehirn schädigt.
Wird sich unser Gehirn in Brei verwandeln?
Wie bereits zuvor erwähnt, ist das Gehirn unglaublich geschickt darin, auf seine Umgebung zu reagieren. Ein Teil dieser Anpassung besteht darin, auf neuronale Netze zu verzichten, die nicht mehr benötigt oder verwendet werden. Mit der zunehmenden Digitalisierung der Welt werden einige Netzwerke nicht mehr notwendig sein und sich deshalb verschlechtern. Wissenschaftler nennen dies „das Paradox des Fortschritts“.
Im Gegensatz zu der weit verbreiteten Meinung ist dies jedoch nicht grundsätzlich schlecht. Dies liegt daran, dass das sich ständig verändernde Gehirn diese neu verfügbaren Ressourcen nutzen wird, um andere Fähigkeiten zu verbessern. Beispielsweise müssen wir uns möglicherweise keine konkreten Informationen mehr merken, da wir sie jederzeit auf unserem Handy nachschlagen und einsehen können. Allerdings wirst du dir merken müssen, wo du auf diese Informationen zugreifen kannst.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Digitalisierung das Gehirn definitiv verändert. Folglich ändert sich auch die Art und Weise, wie wir die Welt wahrnehmen und verarbeiten.