Wenn die rosarote Brille blind macht

Wenn die rosarote Brille blind macht

Letzte Aktualisierung: 10. April 2017

Es gibt ein Sprichwort, das besagt, dass Schönheit im Auge des Betrachters liege. Aber was passiert, wenn der Betrachter vollkommen blind ist? Für dich kann dein Partner vielleicht wundervoll sein, doch deine Mitmenschen teilen diese Auffassung möglicherweise nicht. Schaust du durch die rosarote Brille?

Bis jetzt haben wir immer geglaubt, dass die Liebe wunderschön ist und unsere Welt bereichert. Und das kann auf jeden Fall so sein. Dennoch gibt es auch andere Arten der Liebe und wenn wir blind lieben, ergeben sich daraus oft unschöne Folgen. Und das sind nicht meine Worte, sondern es ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie.

Was passiert, wenn wir die rosarote Brille aufhaben?

Die besagte Studie wurde von einem Team der University of London (England, Vereinigtes Königreich) durchgeführt. In dieser hat sich gezeigt, dass eine blinde Liebe tatsächlich existiert. Laut den Resultaten der Studie können die aus einer blinden Liebe resultierenden Folgen verheerend sein. Auch gab die Studie Aufschluss darüber, dass sich solche Situationen sowohl bei der Liebe der Eltern für ihre Kinder als auch bei der Liebe in einer Partnerschaft ergeben könnten. So wie es scheint, haben beide Arten der blinden Liebe sehr ähnliche Auswirkungen auf unser Gehirn.

Doch insbesondere was die romantische Liebe anbelange, werde der Hypothalamus aktiviert, was zu einer gesteigerten Erheiterung führt. Eben diese Erheiterung ist die negativste Konsequenz der blinden Liebe. Wenn wir demnach sehr verliebt sind, sind wir auch extrem blind. Das zieht Konsequenzen nach sich, von denen wir euch im weiteren Verlauf des Artikels berichten möchten.

Die Konsequenzen der blinden Liebe

Die negativen Konsequenzen der blinden Liebe konzentrieren sich auf das Urteilsvermögen. Unsere Gefühle sind so stark, dass sie uns im wahrsten Sinne des Wortes die Sicht auf die Tatsachen vernebeln. Wir sind nicht mehr dazu in der Lage, die schwachen Seiten unseres Partners zu sehen, weshalb das, was nicht ganz in Ordnung ist, anders interpretiert, beschönigt oder direkt verdrängt wird.

Unser Partner kann uns sogar verletzen, aber da wir durch die rosarote Brille blicken, sehen wir das nicht so. Wenn wir blind lieben, konzentrieren wir uns so sehr auf den anderen Menschen, dass sämtliche mit diesem Menschen in Zusammenhang stehenden negativen Emotionen unterdrückt werden. Das machen wir in dem Maß, in dem es uns lieb ist, denn wir können hinsichtlich dieses Menschen einfach nicht objektiv bleiben. Unser Verstand ist so großartig, dass er Rechtfertigungen für alles findet.

Wenn unser Kind beispielsweise andere Kinder in der Schule tyrannisiert, rechtfertigen wir sein Verhalten als einen Schutzmechanismus; wenn es schlechte Noten schreibt, ist die Erklärung dafür, dass der Lehrer seinen Job schlecht macht; wenn es uns anschreit, dann weil es so vielen Aktivitäten nachgeht, dass es gestresst ist. Und wenn uns unser Partner anlügt, so möchte er uns beschützen; wenn er nicht die Gemeinsamkeit mit uns sucht, dann wegen seiner vielen Arbeit; wenn er untreu war, ist der Grund dafür, dass wir ihm als Partner nicht das gegeben haben, was er gebraucht hat. Es sind immer andere oder wir selbst, aber niemals diese eine Person, die wir so sehr lieben.

Sobald wir uns also die rosarote Brille aufsetzen, verfallen wir unserem Partner vollkommen und wir vergessen größtenteils, was und wer wir sind. Wir können so unter einem Seitensprung oder einem anderen Betrug leiden, doch die enorme Liebe, die wir in unserem Gehirn verspüren, verhindert, dass wir konsequent handeln.

„Verliebtheit ist ein Zustand der mentalen Misere, unter dem unser Bewusstseins leidet und paralysiert wird.“

José Ortega y Gasset

Weitere Erkenntnisse der Studie

Die Forscher der University of London untersuchten mehr als 20 Gehirne. Jedes war der mütterlichen Liebe ausgesetzt und einige auch der frischen, romantischen Liebe in einer Partnerschaft. Auch wenn die Auswirkungen und Reaktionen ähnlich waren, gab es doch einen ganz eindeutigen Unterschied: Der Unterschied zwischen beiden Situationen war, dass die romantische Liebe einen Zustand der Euphorie erzeugte. Das ist darauf zurückzuführen, dass die jeweiligen Gehirne mehr Oxytocin und Dopamin ausschütteten, die für unser Empfinden von Glück verantwortlich sind.

Wenn Liebe also ein Gefühl ist, das enormes Glück und große Freude hervorruft, wenn wir blind verliebt sind, so nimmt unser Gehirn dieses angenehme Gefühl wahr und möchte es aufrechterhalten. Das ist der Ursprung der blinden Liebe.

Da das Gehirn so viel Euphorie versprüht, wird der verliebte Mensch so blind vor Liebe, dass er seinen Partner idealisiert. Auf diese Weise entsteht ein Gefühl der enormen Bewunderung, dass auch nur das letzte bisschen Objektivität zunichtemacht.

Liebe kann wunderbar sein

Zusammenfassend können wir dennoch sagen, dass die Liebe wunderbar sein kann. Dennoch zeigt uns diese Studie wieder einmal eine sehr nützliche Maxime auf. In gewissem Maß ist alles schön, aber im Übermaß oder bei einem Mangel sind die Konsequenzen niemals positiver Natur.

Es ist nicht sicher, dass unser Gehirn dazu in der Lage ist, eine blinde Liebe ausfindig zu machen. Wenn wir uns erst einmal die rosarote Brille aufgesetzt haben, ist es nicht einfach, sie wieder abzusetzen, da wir die Kritik anderer nicht hören wollen und nur Augen für das Gute an unserem Partner haben. Und das tun wir nicht bewusst, da wir diesen Filter ignorieren. Für uns ist das, was wir denken, Realität.

Wenn du dich in einen guten Menschen verliebst, wird er dich wahrscheinlich nicht verletzen und möchte nur dein Bestes. In diesem Fall ist es nicht schlimm, etwas blind zu sein, da du keinen Schmerz verspürst und die rosarote Brille keine schlimmen Mängel verdeckt. Anders sieht es aus, wenn dich dein Partner verletzt und die blinde Liebe dafür sorgt, dass du dieses Leid nicht sehen willst. Gibt es eine Lösung für dieses Problem in der Liebe? Einen universellen Lösungsweg gibt es leider nicht. Doch im Allgemeinen können wir sagen, dass wir mit der Zeit klarer sehen.

„Es ist schwer, es ist schmerzhaft, wenn eine Liebe nicht erwidert wird, aber es ist noch schwerer, wenn die Liebe erwidert wird, wenn man nicht mehr liebt.“

Benjamin Constant

Das soll heißen, dass wir in gewisser Weise verloren sind, wenn wir uns die rosarote Brille aufsetzen. Doch nichts in dieser Welt ist für immer. Also genieße jede Sekunde deines Lebens und lasse die Zeit und deinen gesunden Menschenverstand für dich arbeiten.

Reife Liebe: Wenn die erste Liebe nicht
passiert, wann sie passieren soll

Manchmal passiert die erste Liebe nicht, wann sie passieren soll.
Es gibt Beziehungen, die in einem reifen Alter… >>> Mehr


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.