Was ist eine atypische Anorexie?

Anorexie ist nicht immer an Untergewicht zu erkennen. Wenn eine normalgewichtige Person an den klassischen Symptomen einer Magersucht leidet, könnte eine atypische Anorexie vorliegen.
Was ist eine atypische Anorexie?
Elena Sanz

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Elena Sanz.

Letzte Aktualisierung: 27. Dezember 2022

Wir neigen dazu, Magersucht mit extremer Schlankheit zu assoziieren, da es sich um das auffälligste Symptom handelt. Es gibt jedoch auch Menschen, die ein Normalgewicht oder sogar leichtes Übergewicht aufweisen – in diesem Fall liegt eine atypische Anorexie vor.

Dieser Zustand ist kein Einzelfall: Schätzungsweise leiden rund 40 % der Menschen, die wegen einer Essstörung behandelt werden, an einer atypischen Anorexie. Da sie nicht untergewichtig sind, ist die Diagnose schwierig.

Frau hat atypische Anorexie
Wenn trotz Normalgewicht typische Symptome einer Essstörung vorliegen, könnte es sich um eine atypische Anoreie handeln.

Atypische Anorexie: Merkmale

Die atypische Anorexie wurde in die neueste Version des Diagnostischen und Statistischen Handbuchs Psychischer Störungen (DSM-5) aufgenommen. Bei dieser Essstörung sind alle Symptome und diagnostischen Kriterien der Anorexia nervosa vorhanden – eine Ausnahme ist das Körpergewicht.

  • Betroffene haben intensive und zwanghafte Angst, zuzunehmen oder dick zu sein.
  • Sie vermeiden eine Gewichtszunahme durch strenge Diäten, übertriebenen Sport oder Fastenkuren.
  • Die Wahrnehmung des eigenen Körperbildes ist verzerrt.
  • Das Gewicht hat einen übermäßigen und unangemessenen Einfluss auf die Selbsteinschätzung und das Selbstwertgefühl.
  • Die betroffene Person erkennt nicht, dass sie ein Problem hat, das eine Behandlung erfordert.

Der einzige Unterschied zur Anorexia nervosa ist, dass Betroffene nicht untergewichtig sind, deshalb ist diese Essstörung von außen nicht zu erkennen. Trotzdem ist dies atypische Anorexie gefährlich und kann zur Mangelernährung führen.

Atypische Anorexie: Hauptrisiken und Folgen

Oftmals leiden Jugendliche mit starkem Übergewicht an dieser Essstörung. Durch restriktive Diäten oder extremes Training erzielen sie einen starken Gewichtsverlust, der den Körper in einen Stresszustand versetzt. Trotzdem haben sie kein Untergewicht, leiden jedoch an den Folgen: Die Mangelernährung führt unter anderem zu Bradykardie (verlangsamter Herzrhythmus), Wachstumsverzögerungen, Probleme mit der Knochendichte oder auch zu Unfruchtbarkeit. 

Sind die Betroffenen in der Pubertät, werden die Probleme besonders deutlich: Es kann zur Unterbrechung der Wachstumsphase oder zu irreversiblen Knochenschäden kommen. Bei Mädchen bleibt durch die Mangelernährung häufig die Menstruation aus. 

Dazu kommen psychologische und emotionale Schwierigkeiten: ein geringes Selbstwertgefühl, Sorgen um das Körperbild sowie psychiatrische Komorbiditäten wie Angstzustände, Depressionen oder Suizidgedanken.

Atypische Anorexie: Hauptrisiken und Folgen
Die atypische Anorexie erfordert eine interdisziplinäre Diagnose und Behandlung.

Behandlungsmöglichkeiten

Die atypische Anorexie ist eine Herausforderung für die Betroffenen. Meistens sind stark übergewichtige oder adipöse Personen davon betroffen, die an der gesellschaftlichen Stigmatisierung oder Ablehnung leiden. Sie verwenden extreme Methoden, um ihr Problem zu bekämpfen.

Es ist nicht einfach zu erkennen, dass sie an einer atypischen Anorexie leiden. Im Gegenteil: Wenn sie abnehmen, erhalten sie oft Lob und Komplimente von Familie und Freunden, die nicht wissen, dass es sich in Wahrheit um eine Essstörung handelt.

Für die Betroffenen ist es aus gesundheitlichen Gründen wichtig, einen Teil ihres vorherigen Gewichtes wieder zurückzuerlangen, doch das ist für sie ein Albtraum. Das frühzeitige Eingreifen ist grundlegend, um Folgeschäden zu vermeiden. Es handelt sich um eine ernste Essstörung, die unbedingt eine professionelle Behandlung erfordert.

Wenn du jemanden kennst, der sich in dieser Situation befinden könnte, solltest du mit Kommentaren vorsichtig sein, denn sie haben oft großen Einfluss und können Betroffene unter Druck setzen. Vergiss nicht: Hinter jedem großen Gewichtsverlust kann sich eine Krankheit verstecken, auch wenn kein Untergewicht vorliegt.


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