Was ist ein gutes Leben? Die Wissenschaft antwortet auf diese Frage

Die Griechen waren der Meinung, dass das gute Leben in Wirklichkeit ein Prozess und kein Zustand ist. Es ist eine tägliche Suche nach Wohlbefinden, eine Aufgabe, die niemals endet.
Was ist ein gutes Leben? Die Wissenschaft antwortet auf diese Frage
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 12. Februar 2022

Geht es um Glück, um Ziele oder Absichten? Verlangt ein gutes Leben Bescheidenheit und Akzeptanz? Was ist wirklich wichtig im Leben? Philosophen suchen schon seit Jahrhunderten eine universelle Antwort auf diese Frage. Aristoteles antwortete darauf mit Kontemplation, Weisheit und einem vernunftgeleiteten Leben.

Sokrates hingegen ist für eine sehr einfache Definition bekannt: Das gute Leben besteht darin, ein guter Mensch zu sein. Epikur betonte das Bedürfnis nach angenehmen Erfahrungen – je mehr, desto besser. Die Wahrheit ist, dass wir philosophisch betrachtete verschiedene Perspektiven haben. Und was sagt die Psychologie? Welche Studien gibt es zu diesem Thema?

Über 7 Milliarden Menschen bevölkern unseren Planeten. Jedes einzelne Wesen hat eine Meinung darüber, was gutes Leben bedeutet. Wie lautet deine Antwort? Vielleicht findest du in diesem Artikel neue Denkanstöße.

Je mehr wir uns darauf konzentrieren, das zu bekommen, was wir wollen und wovon wir träumen, desto mehr entfernen wir uns von dem, was wir wirklich brauchen.

Was ist ein gutes Leben? Die Wissenschaft antwortet auf diese Frage

Was ist ein gutes Leben? Die Antwort der Psychologie

Die Positive Psychologie hat Jahrzehnte damit verbracht, zu klären, was ein gutes Leben ist. Persönlichkeiten wie Martin Seligman, Barbara Fredrickson, Mihály Csíkszentmihályi oder Sonja Lyubomirsky haben im Laufe ihrer Karriere zahlreiche Theorien, Untersuchungen und Arbeiten zu diesem Thema beigetragen.

Eine Studie der University of Illinois sowie andere Forschungsarbeiten zeigen, dass das Konzept des Wohlbefindens eng mit der Kultur verbunden ist. Eine erfüllte Existenz hängt in den meisten Fällen damit zusammen, was wir um uns herum sehen. Dadurch entsteht zum Beispiel der Wunsch nach einem Eigenheim, einem guten Job oder einer entspannten finanziellen Situation.

Martin Seligman weist jedoch darauf hin, dass wir meist von Werten ausgehen, die nicht unbedingt mit dem authentischen Wohlbefinden harmonieren. Vielfach wollen wir Dinge, die nicht mit dem übereinstimmen, was wir wirklich brauchen. So sehnt sich eine Person vielleicht danach, mehr Geld zu haben, um ihre Wünsche erfüllen zu können. Dennoch fehlt es ihr vielleicht an den wichtigsten Lebenszielen: an bereichernden Beziehungen, einem gesunden Selbstverständnis oder Selbstwertgefühl.

Die Definition des guten Lebens kann weitaus komplexer sein, als wir denken. Wir schauen uns an, was die Psychologie zu diesem Thema zu sagen hat.

Das PERMA-Modell: Glück und Wohlbefinden zum Greifen nah

Martin Seligman entwickelte das PERMA-Modell, um jene Aspekte zu untersuchen, die uns authentische Lebensqualität geben können. So konnte der berühmte Professor an der University of Pennsylvania im Laufe seiner Karriere beobachten, dass die Psychologie besonders effektiv ist, um Ressourcen und Strategien zur Lösung von Problemen und zur Behandlung von psychischen Störungen anzubieten.

Es gab jedoch keine Schlüssel, um den Menschen beizubringen, “gut zu sein” und an ihrem eigenen Gleichgewicht, Wohlbefinden und Glück zu arbeiten. Deshalb entwickelte Seligman das PERMA-Modell basierend auf folgenden 5 Faktoren:

  • P – Positive Emotionen

Positive Emotionen ermöglichen ein intensives, bereicherndes Leben. Müssen negative Emotionen unterdrückt oder verhindert werden? Nein, du musst allen Emotionen und Gefühlen Raum geben. Weniger positive Prozesse müssen jedoch in funktionellere Zustände umgewandelt werden.

Glückliche Menschen kommen nicht nur besser mit Schmerzen zurecht und treffen bei Bedrohungen bessere Gesundheits- und Sicherheitsentscheidungen, positive Emotionen können auch negative Emotionen rückgängig machen.

Martin Seligmann

  • E – Engagement

Engagement und Verpflichtung bedeutet ein Ziel (oder mehrere) vor Augen zu haben, das dich ermutigt, jeden Tag motiviert aufzustehen. Das Gefühl, an einer Sache beteiligt zu sein, gibt dir Ermutigung und Antrieb.

  • R – Relationship (Beziehungen)

Wenn wir uns fragen, was ein gutes Leben ist, können wir eine Tatsache nicht ignorieren: Die Menschen, die wir lieben, die uns inspirieren und unseren Alltag so sehr bereichern, machen jeden Moment zu einem Geschenk. Das Glück ist manchmal eine Freundschaft, eine Liebe, die Umarmung eines Kindes…

  • M – Meaning (Sinn)

In diesem Zusammenhang lohnt es sich, uns die Arbeit und Beiträge von Viktor Frankl in Erinnerung zu rufen: Ein Leben ohne Sinn ist kein Leben. Du solltest deshalb herausfinden, was deiner Existenz Glanz, Aufregung und Sinn verleiht. Wenn du darüber nachdenkst, ändert sich oft alles.

  • A – Accomplishments (Errungenschaften)

Wir müssen in der Lage sein, vieles von dem, was wir erreicht haben, zu schätzen und uns dessen bewusst zu werden. Wir sind wertvolle Wesen, die fähig sind, unsere Realität zu verändern, indem wir große Ziele erreichen. Das Wissen um die Wertschätzung dessen, was wir tun, und die Wertschätzung der Selbstwirksamkeit sind ebenfalls wichtig.

Ein gutes Leben ist kein Zustand, es ist ein Prozess

Der Psychotherapeut Carl Rogers erklärte in seinem 1961 erschienenen Buch “On Becoming a Person”, dass das gute Leben kein Ergebnis ist, kein Ziel, das erreicht und dann bewahrt werden muss, als wäre es magisch wie ein Heiliger Gral. Vielmehr sollten wir es als einen Prozess begreifen, an dem wir jeden Tag teilnehmen.

Glück kommt manchmal und manchmal geht es. Aber “gut zu sein” ist eine Aufgabe, in die wir viele Anstrengungen und psychologische Prozesse investieren müssen, um sie zu erreichen.

Was ist ein gutes Leben? Die Wissenschaft antwortet auf diese Frage

Wohlbefinden ist psychische Gesundheit

Die Gesellschaft für Psychologie hat 2009 eine Studie über das, was wir als gutes Leben bezeichnen, durchgeführt. Tatsächlich ist es aus psychologischer Sicht ziemlich schwierig zu definieren, was diese Dimension wirklich ist. Denn ein solches Streben setzt sich aus verschiedenen Zuständen zusammen, die alle geistige Gesundheit erfordern.

Die Psychologen Nansook Park und Christopher Peterson (University of Michigan) stellten fest, dass ein gutes Leben mehr positive als negative Emotionen erfordert. Es geht darum zu wissen, wie wir unsere Talente und Stärken angesichts von Widrigkeiten einsetzen können. Es geht auch darum, gute Beziehungen zu haben, sich in der Arbeit wohlzufühlen und hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken.

All diese Dimensionen zeichnen eine sehr vollständige Leinwand dessen, wie sich Wohlbefinden anfühlt. Doch es ist nicht immer einfach, es zu erreichen…


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  • Rogers, C. R. (1961). On becoming a person. Boston, MA: Houghton Mifflin.
  • Emmons, R. A., & McCullough, M. E. (2003). Counting blessings versus burdens: an experimental investigation of gratitude and subjective well-being in daily life. Journal of Personality and Social Psychology, 84(2), 377
  • Inglehart, R., & Klingemann, H.-D. (2000). Genes, culture, democracy and happiness. Culture and Subjective Well-being. MIT Press, Cambridge
  • Park et al. Achieving and Sustaining a Good Life. Perspectives on Psychological Science, 2009; 4 (4): 422 DOI: 10.1111/j.1745-6924.2009.01149.x

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