Warum sich müde Kinder schlecht benehmen

Müde Kinder sind reizbar, nervös und oft auch trotzig. Erfahre, warum das so ist.
Warum sich müde Kinder schlecht benehmen
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 12. Oktober 2023

Müde Kinder sind oft schlechter Laune und benehmen sich entsprechend, was wiederum die Geduld ihrer Eltern auf die Probe stellt. Auch wenn sie gelangweilt oder hungrig sind, ist schlechtes Benehmen häufig. Wir müssen verstehen, warum das so ist, um in diesen Situationen richtig reagieren zu können.

Das kindliche Gehirn befindet sich im Entwicklungsstadium, deshalb hat es noch wenige Ressourcen zur Selbstkontrolle. Wenn es müde, gelangweilt oder hungrig ist, reagiert das Kind mit Nervosität. Weisen es seine Eltern zurecht, steigt das Unbehagen des Kindes zusätzlich. Mit ihrem Fehlverhalten suchen Kinder zwar oft auch mehr Aufmerksamkeit oder wollen Grenzen austesten, doch in vielen Fällen handelt es sich um schlecht regulierte Emotionen.

Kleine Kinder haben oft noch nicht die sprachlichen Fähigkeiten, um auszudrücken, was mit ihnen passiert: Hunger, Müdigkeit usw. Stattdessen reagieren sie mit schlechtem Verhalten.

Warum sich müde Kinder schlecht benehmen
Müde Kinder sind oft schlechter Laune und zeigen Trotzverhalten.

Müde Kinder, Hyperaktivität und Fehlverhalten

Nicht nur kleine Kinder, auch Teenager tun sich oft schwer, über ihre Gefühle zu sprechen, was zu einer Herausforderung werden kann. Sie lassen sich vom Chaos der Emotionen mitreißen und reagieren oft mit schlechtem Verhalten. Müde Kinder bekommen häufig Wutanfälle, sind schlechter Laune oder meckern über alles. Nach einem anstrengenden Tag im Kindergarten oder in der Schule, Förderunterricht, Sport und anderen außerschulischen Aktivitäten sind sie überfordert und das hat Folgen.

Nicht nur körperliche Anstrengung, auch Langeweile, Überdruss, Hunger und Frustration machen müde, was häufig zu schlechtem Verhalten führt.

Müdigkeit, mangelnde Selbstkontrolle und schlechte emotionale Regulierung

Das menschliche Gehirn reift erst nach dem 20. Lebensjahr. Zu diesem Zeitpunkt bilden sich wichtige Bereiche wie der präfrontale Kortex aus. Bis dahin sind gewisse Probleme bei der Regulierung von Impulsen normal, überlegtes Verhalten ist schwieriger. Doch auch andere Faktoren spielen dabei eine Rolle.

Neben der mangelnden Selbstkontrolle tun sich Kinder auch schwer damit, ihre Gefühle zu verstehen. Müdigkeit, Frustration und Hunger können sie reizbarer machen. Es kann ihnen auch schwerfallen, ihre Aufmerksamkeit zu fokussieren und zu gehorchen.

Die University of North Carolina weist in einer Studie auf die Wichtigkeit hin, Kinder in der Emotionsregulierung zu fördern. Diese Kompetenz hilft ihnen, exekutive Funktionen wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Reflexion, Problemlösung usw. zu entwickeln.

Gelangweilte, einsame oder müde Kinder = wütende Kinder

Wir wissen, dass Kinder, wenn sie müde sind, jähzorniger und weniger geduldig sind. Es gibt jedoch noch mehr Variablen zu berücksichtigen. In vielen Fällen ist Fehlverhalten auch auf Langeweile oder Gefühle der Einsamkeit zurückzuführen. Wir dürfen nicht übersehen, dass Eltern aus beruflichen Gründen nicht so viel Zeit mit ihren Kindern verbringen können, wie sie gerne möchten.

Kinder vermissen ihre Aufmerksamkeit und das führt oft zu Frustration und dysreguliertem Verhalten. Sie fühlen sich gelangweilt, traurig und enttäuscht. Sie wissen nicht, wie sie mit diesem Juckreiz, dieser inneren Leere umgehen sollen, die sie oft auf die denkbar schlechteste Art und Weise füllen, nämlich mit Bildschirmen oder Videospielen.

müde Kinder sind oft reizbar
Kinder brauchen die Aufmerksamkeit ihrer Eltern, um eine emotionale Bindung aufbauen zu können, die ihnen Halt gibt.

Was tun?

Erwachsene, insbesondere natürlich die Eltern, müssen sich darum bemühen, die Bedürfnisse der Kinder zu verstehen. Wir müssen ihre emotionale Entwicklung unterstützen, damit sie lernen, auf eine gesunde Weise mit ihren Gefühlen umzugehen. Ferner sollten wir nicht vergessen, dass Kinder Freiräume zu Spielen und Ausruhen benötigen.

Überlastungen durch Schule und Freizeitaktivitäten machen Kinder reizbar und nervös. Handy & Co. sind keine Lösung, Kinder benötigen Aufmerksamkeit und kreative Beschäftigungen, die sie zu Hause, in einer sicheren und entspannten Umgebung, ausüben können: zeichnen, lesen, singen, basteln, lachen… Sie sind in der Lage, Langeweile in Kreativität zu verwandeln.

Wir dürfen nicht vergessen, dass sich hinter dem Fehlverhalten Realitäten verbergen, die Aufmerksamkeit und Verständnis erfordern.


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