Verlust der Sehkraft durch Stress und psychische Belastung
Chronischer Stress versetzt den Körper bekanntlich in einen dauerhaften Aktivierungszustand. Die psychischen Konsequenzen der ständigen Belastung sind weitreichend: Wir wissen, dass häufige Folgen ein erhöhtes Risiko für Depressionen, Angst- und Panikzustände sind. Es können allerdings auch psychosomatische Krankheiten entstehen. Deshalb sprechen wir heute darüber, wie sich Stress und psychische Belastungen auf die Sehkraft auswirken können.
Die psychosomatische Ophthalmologie untersucht die Zusammenhänge zwischen psychischen Belastungen und Augenkrankheiten.
Bereits vor einigen Jahren stellte das Forschungsteam von Bernhard Sabel am Institut für Medizinische Psychologie der Universität Magdeburg fest, dass sich Stress negativ auf die Sehkraft auswirkt. Er kann unter anderem Krankheiten wie Glaukom oder Optikusneuropathie fördern oder verursachen. Das Forscherteam erzielte in einer im EPMA Journal veröffentlichten Studie aufschlussreiche Ergebnisse, die wir heute zusammen mit anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen genauer betrachten.
Wie Stress die Sehkraft beeinträchtigt
Eine der Auswirkungen von Stress ist die Abschwächung des Sehvermögens auf einem oder auf beiden Augen. Typische Anzeichen nach stressigen Tagen und langen Bildschirmzeiten sind trockene oder überanstrengte Augen, Doppelsicht, verschwommenes Sehen oder Augenzucken. Wissenschaftler weisen jedoch darauf hin, dass Dauerstress und psychische Belastung auch ernstere Augenkrankheiten zur Folge haben können.
Erweiterte Pupillen bei erhöhtem Stresslevel
Bei Stress, Angst oder emotionaler Erregung aktiviert das sympathische Nervensystem die Pupillen – wir kennen beispielsweise den durch den Schreck geweiteten Blick aus Comics. Gleichzeitig führen stressige Situationen zur vorübergehenden Abflachung der Augenlinsen. Die Augen verraten also, ob eine Person gestresst ist. Ein Forscherteam der University of Missouri-Columbia konnte in einer Studie unter der Leitung von Jung Hyup Kim einen Zusammenhang zwischen Pupillenerweiterung und Stresslevel feststellen. Dies zeigt uns unter anderem, wie sehr sich Augen und Stress gegenseitig beeinflussen.
Erhöhter Blutdruck wirkt sich auch auf die Augen aus
Chronischer Stress erhöht jedoch auch den Cortisol- und den Adrenalinspiegel und wirkt sich negativ auf die Blutgefäße aus. Wenn sich dadurch der Augeninnendruck erhöht, führt dies zur Abflussbehinderung. Deshalb kann Dauerstress auch bei Krankheiten wie Glaukom oder Optikusneuropathie eine wichtige Rolle spielen. Ein stressbedingt erhöhter Blutdruck könnte außerdem zu einer Netzhautablösung führen.
Der Sehverlust wiederum kann eine Ursache für Stress sein und diesen zusätzlich fördern. Das beschleunigt den Prozess und führt in einen Kreislauf, der unterbrochen werden muss, um den betroffenen Personen zu helfen.
Zu den psychosomatisch relevanten Augenkrankheiten zählen unter anderem: Glaukom, Uveitis, Netz- und Bindehauterkrankungen, einige Formen der Myopie, Strabismus oder Akkomodationsstörungen.
Was tun?
Beim Verlust der Sehkraft führt der erste Schritt immer zum Augenarzt, der eine entsprechende Diagnose stellt. Wenn es sich um einen stressbedingten Sehverlust handelt, können in vielen Fällen Brillen oder Kontaktlinsen Abhilfe schaffen und den Alltag erleichtern. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass sie das ursächliche Problem nicht beheben.
In bestimmten Fällen kann der Augenarzt ein Funktionstraining oder Maßnahmen zur besseren Durchblutung des Auges empfehlen.
Anders schaut es aus, wenn sich bereits eine Augenkrankheit entwickelt hat. In diesem Fall bestimmt der Arzt die nötigen Maßnahmen, die sehr unterschiedlich sein können und von der pharmakologischen Behandlung bis zur Operation reichen.
Wenn Stress zu den Auslösern zählt, sind stressreduzierende Maßnahmen nötig:
- Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder Meditation helfen beim Stressabbau.
- Auch Bewegungsformen wie Yoga und Pilates sind hilfreich.
- Zudem kann ein spezifisches Stressbewältigungstraining, sowohl in der Prävention als auch als ergänzende Behandlung, vorteilhaft sein.
- Des Weiteren sind verhaltenstherapeutische Maßnahmen hilfreich, denn sie geben dir Strategien für einen besseren Umgang mit Stress an die Hand.
- Eine weitere Methode zur Stressbewältigung ist Biofeedback.
- Wenn Konflikte, Angst, Mobbing, Gewalt oder emotionale Blockaden vorliegen, die den Stress auslösen, empfiehlt sich eine Psychotherapie, um das Übel an der Wurzel zu packen.
- Im Allgemeinen ist die Psychohygiene zur Verbesserung der Lebensqualität empfehlenswert. In diesem Zusammenhang möchten wir erwähnen, dass sich eine positive und motivierende Einstellung der behandelnden Fachkraft auch entsprechend auf die Patientin oder den Patienten auswirkt.
Bei der Diagnose “Low Vision” (Makuladegeneration, Glaukom, Katarakt, diabetische Retinopathie …) sollten unbedingt die psychischen Auswirkungen in der Intervention berücksichtigt werden, um das Fortschreiten der Krankheit aufgrund von Stress zu verhindern. Das Ziel ist, den Kreislauf zu unterbrechen, damit sich Stress und Sehverlust nicht gegenseitig nähren.
“Du kannst dich nicht auf deine Augen verlassen, wenn deine Vorstellungen unscharf sind.”
Mark Twain
Prävention und ganzheitliche Behandlung für eine bessere Sehkraft
Das Forschungsteam von Bernhard Sabel weist darauf hin, dass der ganzheitliche Ansatz sowohl in der Prävention als auch in der Behandlung vermehrt zum Einsatz kommen sollte. Noch gibt es wenig wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema. Deshalb sind weitere Forschungen und klinische Studien nötig, um den Zusammenhang von Stress und dem Verlust der Sehkraft besser zu verstehen.
Wir dürfen nicht vergessen, dass die Anforderungen an die Augen durch lange Bildschirmzeiten immer höher werden. Solange keine Beschwerden auftreten, sind wir uns allerdings kaum darüber bewusst, wie wichtig die Stressbewältigung, die Psychohygiene und die Augenpflege in der Vorsorge sind.