Die Ökonomie der Aufmerksamkeit oder wie uns Bildschirmgeräte süchtig machen

Irreführende Inhalte erzielen unsere Aufmerksamkeit im Internet, Serien machen uns süchtig. Die Aufmerksamkeitsökonomie verdient ihr Geld damit, unsere Aufmerksamkeit zu fesseln.
Die Ökonomie der Aufmerksamkeit oder wie uns Bildschirmgeräte süchtig machen
Fátima Servián Franco

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Fátima Servián Franco.

Letzte Aktualisierung: 18. Oktober 2022

In ihrem Buch “El enemigo conoce el sistema” (dt. Der Feind kennt das System) denkt die Autorin Marta Peirano über die Ökonomie der Aufmerksamkeit nach. Sie spricht von der Aufmerksamkeit, die Online-Inhalte auf sich ziehen, die monetarisiert werden und Praktiken wie Clickbait oder Cyberbait fördern. Sensationslüsterne und irreführende Überschriften wecken das Interesse von Nutzerinnen und Nutzern, um durch möglichst viele Klicks Werbeeinnahmen zu generieren.

Clickbaiting fesselt das Gehirn und nimmt uns gefangen: Du erwartest dir sensationelle Inhalte und wirst enttäuscht, da der Text nicht hält, was die Überschrift verspricht. Interessante Storys werden zu Lügengebäuden, es handelt sich um “Fake”, doch trotzdem nehmen uns diese Nachrichten gefangen. Immer mehr Experten warnen vor dem Einfluss, die sie auf uns ausüben, wobei Kinder besonders gefährdet sind. Es mangelt ihnen nicht an Willenskraft, doch sie verstehen nicht, dass diese Inhalte für sie schlecht sein könnten.

Wir lassen unsere Kinder keine Coca Cola trinken und keine Gummibärchen essen, weil wir wissen, dass Zucker nicht das Beste für sie ist. Aber wir geben ihnen Bildschirme, um sich zu unterhalten, ohne zu wissen, in welche Welten sie eintauchen.

Die besten Gehirne der Welt arbeiten daran, unsere Willenskraft zu entwerten, unser Gehirn zu fesseln und unsere Aufmerksamkeit gefangenzunehmen. Die Ökonomie der Aufmerksamkeit gewinnt an Relevanz, da der Zugang zu Informationen nicht mehr begrenzt ist. Allerdings ist die Aufmerksamkeit zu einem kostbaren, knappen Gut geworden, zu einem begehrten Einkommen, das gleichzeitig eine soziale Währung und eine finanzielle Ressource darstellt.

Die Ökonomie der Aufmerksamkeit: Wie wir uns von Inhalten fesseln lassen

Von der Revolution zur potenziellen digitalen Diktatur

Seit den 1990er-Jahren sind gerade einmal drei Jahrzehnte vergangen, doch die digitale Welt hat sich sprunghaft weiterentwickelt, ohne uns über die Ausmaße voll bewusst zu sein. Die Aufmerksamkeitsökonomie (oder der Überwachungskapitalismus) verdient ihr Geld damit, unsere Aufmerksamkeit zu fesseln. Es ist ein Geschäftsmodell, das davon abhängt, dass wir bestimmte Apps installieren oder Websites besuchen. Smart-TV, Handy & Co sowie Netflix, Apple oder Google machen dies möglich.

Je länger wir vor dem Bildschirm sitzen, desto mehr Geld produzieren wir für andere. Je mehr Interaktionen in ihren Räumen stattfinden, desto wertvoller wird ihre Datenbank.

Diese Plattformen verfügen über viele Ressourcen, um sicherzustellen, dass du dir nicht nur eine Folge pro Woche ansiehst, wie wir es früher getan haben, sondern die ganze Staffel in einem Marathon. Ihr eigenes Überwachungssystem weiß, wie viel Zeit wir mit dem Fernsehen verbringen, wann wir unterbrechen, um auf die Toilette zu gehen, wann wir essen und wie viele Episoden wir sehen, bevor wir einschlafen. Sie nutzen unsere eigenen Daten, um ein zunehmend süchtig machendes, attraktives Produkt herzustellen.

Soziale Netzwerke sind wie ein Markt, auf dem die Aufmerksamkeit und die Zeit des Publikums versteigert wird. Mächtige psychologische Strategien, wie die variable Verstärkung, machen dies möglich.

Die Ökonomie der Aufmerksamkeit: Apps mit Suchtpotenzial

In der Spieleindustrie gilt: Je höher die Frequenz, desto schneller wird man süchtig, da dies eine Dopaminschleife erzeugt. Dies ist bekannt als Ereignisfrequenz. Beim Glücksspiel an Spielautomaten zum Beispiel produziert dieses System so viele unerwartete kleine Ereignisse wie möglich in kürzester Zeit.

Jedes Mal, wenn es ein neues Ereignis im Netz gibt, kommt es zu einem Dopaminrausch im Gehirn. Und je mehr Ereignisse es in einer Stunde gibt, desto größer ist der Dopaminrausch, der zur Sucht führt. In der Psychologie der Konditionierung gibt es außerdem die variable Intervallkonditionierung, bei der du nicht weißt, was passieren wird. Du öffnest Twitter und weißt nicht, was passiert: Wird dein Kommentar zum Trending Topic?

Die Tatsache, dass wir nicht wissen, ob wir eine Belohnung, eine Strafe oder gar nichts bekommen, lässt uns schneller süchtig werden.

Ökonomie der Aufmerksamkeit: am Handy süchtig

Erwachsene können das verstehen (sich jedoch oft nicht kontrollieren). Aber was ist mit Kindern, die unter Entzug leiden, wenn sie nicht in Instagram, YouTube, Snapchat oder Tik Tok sind? Wir sind nicht süchtig nach Technologie, sondern nach dem Dopamin, das bestimmte Technologien in ihre Plattformen eingeschleust haben.

Das ist kein Zufall, sondern Absicht. Da wir wissen, dass das Internet süchtig macht, müssen wir die Bevölkerung auf die Sucht aufmerksam machen, die durch die Apps entsteht, mit denen wir täglich leben. Es liegt nicht an mangelnder Willenskraft, sondern an der sofortigen Befriedigung in einer komplizierten Gesellschaft.


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  • Peirano, M. (2019). El enemigo conoce el sistema: Manipulación de ideas, personas e influencias después de la economía de la atención. Debate.

Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.