Über das Zeitbewusstsein und das chronologische Ordnungsvermögen

Das Chronobewusstsein ist wie eine Uhr, die die Stunden der Menschheit anzeigt. Jeder von uns ist Teil dieser universellen Zeit, aber viele haben sich entschieden, dies nicht zu erkennen. Es wird angenommen, dass der Augenblick wichtiger ist als die historische Linie.
Über das Zeitbewusstsein und das chronologische Ordnungsvermögen
Sergio De Dios González

Geprüft und freigegeben von dem Psychologen Sergio De Dios González.

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 30. April 2023

Das Zeitbewusstsein bezieht sich auf das subjektive Erleben der Gegenwart, die Interpretation der Vergangenheit und die Reflexion über die Zukunft. Doch nicht nur die eigenen Erfahrungen spielen dabei eine Rolle, auch der kollektive Kontext ist maßgeblich.

Wir versuchen, im Hier und Jetzt zu leben, unsere Gedanken nicht in die Vergangenheit abschweifen zu lassen oder in der Zukunft zu verlieren. Vielleicht wären wir oft gerne woanders, doch wir werden immer wieder daran erinnert, dass nur die Gegenwart zählt. Wo bleiben Nostalgie, Wehmut, Vorfreude oder die Sehnsucht nach vergangenen oder zukünftigen Zeiten? Ist es tatsächlich besser, heute zu leben und alles andere zu verdrängen?

Das okkasionale Zeitbewusstsein konzentriert sich auf den gegenwärtigen Augenblick: Nur was jetzt passiert, ist wichtig. Doch wo bleiben unsere persönlichen und unsere kollektiven Erfahrungen? Sollten wir der Vergangenheit nicht auch einen wichtigen Raum zugestehen? Schließlich bestimmt sie unsere Gegenwart und die zukünftigen Gestaltungsmöglichkeiten. Wir dürfen das historische Bewusstsein nicht vergessen, das eine Verbindung zwischen dem individuellen und dem kollektiven Handeln herstellt.

Das ganzheitliche Bewusstsein der Zeit, also der Vergangenheit, ermöglicht es ihm, die Phänomene der Gegenwart zu relativieren, einschließlich des eigenen Handelns oder Verhaltens. Das gibt ihm ein Bewusstsein für die Rhythmen der verschiedenen Prozesse und für die relative Bedeutung der Gegenwart.”

Víctor M. Toledo

Uhr über einem Mann, der über das Zeitbewusstsein nachdenkt
Zeit spielt im Alltag eine wesentliche Rolle, doch das Zeitempfinden ist individuell und hängt unter anderem von den jeweiligen Tätigkeiten ab.

Das Zeitbewusstsein

Das Konzept der Zeit ist sehr komplex und unsere eigene Zeitwahrnehmung ist ebenfalls ein sehr vielschichtiger Prozess. Unser Zeitbewusstsein ermöglicht es uns, zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu unterscheiden und Erfahrungen zeitlich einzuordnen. Dieses angeborene Verständnis ist nicht nur eine wesentliche Voraussetzung für unser Geschichtsbewusstsein und die Einordnung kollektiver Ereignisse, es handelt sich um eine überlebenswichtige Fähigkeit.

Die Zeitwahrnehmung ist allerdings stark subjektiv: Wenn wir in Gefahr sind, uns langweilen oder unsicher fühlen, scheint die Zeit langsamer zu vergehen. Konzentrieren wir uns jedoch auf eine Tätigkeit, die uns Spaß macht und uns interessiert, vergehen die Stunden wie im Flug.

Biologisch gesehen unterscheiden wir nur zwischen Tag und Nacht, denn wir orientieren uns am Licht. Da unser Zeitbewusstsein schwach und irreführend ist, haben wir Zeitmesser entwickelt, die uns im Alltag helfen. Wir verfügen jedoch vermutlich über mehrere biologische Uhren, die miteinander synchronisiert sind. Es handelt sich um komplexe Mechanismen, die mit dem Bewusstsein in Verbindung stehen.

Das chronologische Ordnungsvermögen

Das Bewusstsein über die chronologische Ordnung ermöglicht es uns, Handlungen zeitlich einzuordnen und zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu unterscheiden. Wir verfügen über ein historisches Bewusstsein, das uns über soziale und politische Prozesse, die in einem bestimmten Kontext stattfinden, informiert. Deshalb sind wir fähig, in einem gewissen Kontext zu handeln und unsere Rolle darin zu verstehen oder zu definieren.

Wir konzentrieren uns jedoch zunehmend auf die Gegenwart und betrachten Ereignisse, die wir erleben oder beobachten, isoliert, anstatt unser chronologisches Ordnungsvermögen zu nutzen und zusammenhängende Erklärungen zu finden, die sich aus der Vergangenheit ableiten lassen und auf zukünftige Geschehnisse hinweisen könnten.

Wir haben das Gefühl, dass unsere Verbindung zu diesem Kontext unmittelbar und unbedeutend ist. Das lässt sich am besten mit ein paar Beispielen verdeutlichen: Eine Person wirft eine Plastikflasche ins Meer und fragt nicht, woher sie kommt oder was sie bewirken wird. Oder sie beteiligt sich nie an politischen Aktivitäten und fragt sich nicht, worauf diese Nichtbeteiligung zurückzuführen ist und welche Konsequenzen sie hat.

Mann denkt über Zeitbewusstsein nach

Wir sind das Ergebnis und die Schreiber der Geschichte

Die Realität, die wir erleben, ist das Ergebnis unserer Handlungen und Unterlassungen. Der Kontext hat einen realen Einfluss auf jeden von uns, unabhängig davon, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Jede Handlung hat Auswirkungen auf die Realität anderer, nicht nur auf die eigene. Das Zeitbewusstsein wird durch Aussagen gehemmt, die das individuelle Handeln im Kollektiv herunterspielen. Persönliche Handlungen sind immer von Bedeutung, auch wenn wir glauben, damit nichts erreichen zu können. Wir alle sind das Ergebnis der Geschichte und schreiben Geschichte.

Wir sind Teil einer Familie, einer Nachbarschaft, einer Gemeinschaft, eines Landes und der Welt. So zu tun, als ob nichts davon existieren würde, bedeutet, dass nichts existiert. Wir sind das Ergebnis der Evolution und prägen die zukünftige Geschichte. Wir sollten uns darüber bewusst sein und entsprechend handeln, um die Realität zu verbessern.


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