Transpersonales Bewusstsein
Die transpersonale Psychologie ist die einzige Schule der Psychologie, welche die Prozesse untersucht, die die individuelle Identität und die Bewusstseinszustände übersteigen. In diesem Rahmen studieren die Menschen das transpersonale Bewusstsein anhand von drei breiten Entwicklungskategorien: der vor-egoischen, der egoischen und der transpersonalen bzw. trans-egoischen Entwicklungskategorie. Letztere gilt als die höchste Kategorie des menschlichen Potenzials.
Der Psychologe Ken Wilber entwickelte dieses Modell des transpersonalen Bewusstseins. Er beschrieb es als einen Prozess der inneren Entwicklung, welcher zu einem transpersonalen Bewusstsein führe. Kurz gesagt, das transpersonale Bewusstsein ist ein Geisteszustand, in dem Menschen mit ihrer Umgebung verbunden und vereint werden können.
Anhand von Wilbers Arbeit untersuchen auch viele andere transpersonale Psychologen Psychopathologien in Bezug auf das transpersonale Bewusstsein des Patienten, und zwar vor-egoisch oder trans-egoisch. Die herkömmliche Psychiatrie berücksichtigt es nicht, wenn es um die Behandlung von Patienten geht.
Was ist transpersonales Bewusstsein?
Dieses Unterfeld der Psychologie argumentiert, dass unser normaler Bewusstseinszustand, in dem wir uns befinden, wenn wir wach seien, nur eine der Ebenen menschlichen Bewusstseins darstelle. Die transpersonale Psychologie besagt also, dass es mehrere Bewusstseinszustände gebe, die auf sehr subtile Weise voneinander getrennt seien.
„Es ist, als wäre unser alltägliches Bewusstsein nur eine unbedeutende Insel, umgeben von einem riesigen Ozean eines unerwarteten und unbekannten Bewusstseins, dessen Wellen ständig auf die Barrierenriffe unseres normalen Bewusstseins schlagen, bis sie – ganz spontan – durchbrechen und die Ufer unseres Inselbewusstseins mit Wasser überfluten. Wasser, dass wie das Wissen über ein weites, weitgehend unerforschtes, aber sehr reales Gebiet des Bewusstseins der neuen Welt ist.“
Ken Wilber
Wilber nannte dieses Bewusstsein und Verständnis „Einheitsbewusstsein“. Tatsächlich gibt es dieses Konzept schon seit Jahrhunderten, wenngleich es im Laufe der Zeit verschiedene Namen erhielt. Einige nennen es Erleuchtung, Nirvana oder Satori. In diesem Geisteszustand erleben die Subjekte sich jenseits der rationalen, transpersonalen Identität und fühlen sich eins mit dem Universum. Sie befinden sich in einem Zustand des Einheitsbewusstseins.
Das Modell des transpersonalen Bewusstseins
Wilbers Modell des Bewusstseins ist ein hierarchisches Modell. Jede der drei Kategorien hat ihre eigenen Stufen:
- Die vor-egoische Ebene ist durch somatische Instinkte und Impulse gekennzeichnet. Dies sind emotionale und sexuelle Impulse, die auf einfachen Wahrnehmungen und Gefühlen basieren. Schüler des transpersonalen Bewusstseins bezeichnen diese Ebene auch als “vorpersönlich” und sie hat drei Ebenen oder Stufen:
- Sensorisch-physisch
- Fantasmatisch-emotional
- Repräsentativer Geist
- Die Egoische Ebene. Du erreichst die egoische Ebene, nachdem du die vor-egoische Ebene überwunden hast, hauptsächlich durch Internalisierung. Piaget nannte das “abnehmenden Ego-Zentrismus”. Mit anderen Worten: Wenn du ein höheres Entwicklungsniveau erreichst, hast du die Möglichkeit, deinen eigenen Standpunkt zu überwinden und einen höheren zu finden. Diese Ebene, auch persönliche Ebene genannt, umfasst drei hierarchisch gegliederte Unterebenen:
- Die Rolle des Verstandes
- Das formale Reflexiv
- Die logische Vision (oder Zentaur)
- Der Trans-egoische Zustand. Dieser Zustand entwickelt sich ebenfalls über drei Stufen.
- Die psychische Ebene: Dies ist der Höhepunkt der persönlichen Ebene der logischen Vision. Sie zeichnet sich durch eine gesteigerte Wahrnehmung und die Fähigkeiten des normalen Geistes aus.
- Die subtile Ebene: Dies ist eine Zwischenstufe der spirituellen Entwicklung. Sie impliziert die Entwicklung eines persönlichen Gottes, Archetypen und echter Mystik.
- Die kausale Ebene: Wilber beschreibt diesen Zustand als das universelle formlose Selbst, wo das Einheitsbewusstsein ohne Grenzen alles durchdringt. Es kennzeichne jenes Wesen, das im Wesentlichen eins ist mit dem höchsten Selbst.
Der psychiatrische Fokus
Im Allgemeinen verwendet die konventionelle Psychiatrie keine Konzepte aus der transpersonalen Psychologie, um Patienten mit psychischen Störungen zu behandeln. Aus der Sicht der transpersonalen Psychologie seien Pathologien, die sich auf präpersönlicher Ebene manifestieren, auch nicht dieselben, die sich auf transpersonaler Ebene zeigen.
Die transpersonale Psychologie entstand Ende der 60er Jahre. Sie hat jedoch uralte Vorgänger in den östlichen Philosophien. Sie war Teil von Postgraduiertenprogrammen und zahllosen Forschungsprojekten einiger der renommiertesten Universitäten der Welt. Trotzdem ist diese interessante Schule der Psychologie vielen Fachleuten in der Psychologie immer noch nicht bekannt.