5 Techniken zur Distanzierung aus der Schematherapie

Wenn dich deine Gedankenfabrik in negativen Denkmustern festhält, können dir diese Techniken helfen, deine Probleme aus einer neuen Perspektive zu betrachten, um Lösungen zu finden.
5 Techniken zur Distanzierung aus der Schematherapie
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 24. April 2023

Jede Überlegung, die in unserer Denkfabrik entsteht, beeinflusst uns positiv oder negativ. In manchen Zeiten sind wir pessimistisch, es mangelt uns an Motivation und wir lassen uns von unseren negativen Gedanken treiben. In dieser Situation ist es schwierig, Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen. Wir stellen dir heute fünf Techniken zur Distanzierung vor, die in der Schematherapie zur Anwendung kommen. Sie werden dir helfen, dich von deinen pessimistischen Gedanken zu distanzieren.

Ethan Kross, ein Neurowissenschaftler, der an der Universität von Michigan lehrt, erinnert uns in seinem Buch Chatter: Die Stimme in deinem Kopf¹ daran, dass wir chaotische und verzerrte Gedanken erziehen müssen. Der erste Schritt besteht darin, sich von ihnen zu distanzieren. Erfahre anschließend, wie du das erreichst.

“Der Verstand ist flexibel, wenn wir wissen, wie wir ihn beugen können. Wenn du Fieber hast, kannst du etwas einnehmen, um es zu senken. Genauso verfügt unser Geist über ein psychologisches Immunsystem: Wir können unsere Gedanken nutzen, um Negativität zu verändern und Abstand zu gewinnen.”

Ethan Kross

Bild mit Frau und Faden, der das Gehirn darstellt, symbolisiert Techniken zur Distanzierung aus der Schematherapie
Die Techniken zur Distanzierung ermöglichen es dir, die Last negativer Gedanken zu lindern, um besser mit ihnen umgehen zu können.

Was ist die Schematherapie?

Die Schematherapie ist ein Modell, das Techniken aus dem kognitiven Verhaltensansatz mit Ressourcen aus der zwischenmenschlichen Psychologie, der Psychodynamik und der Erfahrungspsychologie verbindet. Sie wurde in den 1990er-Jahren von Jeffrey E. Young entwickelt und zielt darauf ab, unangepasste Denkmuster, die zu Unbehagen und ungesunden Verhaltensweisen führen, zu erkennen und zu bearbeiten.

Die meisten schädlichen Denkmuster entstehen bereits in der Kindheit. Dazu gehören neben verzerrten Überzeugungen oft auch schwierige Emotionen und Körperempfindungen.

Die Schematherapie wurde ursprünglich zur Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung entwickelt. Nachdem sie sich bei dieser Erkrankung als wirksam erwiesen hat, kommt sie heute auch bei anderen psychischen Problemen zum Einsatz. Eine Forschungsarbeit der Medizinischen Hochschule Athen und der Universität Maastricht in den Niederlanden sowie andere Forschungen zeigen, dass sie auch bei der Behandlung chronischer Depressionen nützlich ist.

Es gibt Gedanken, die großes innerpsychisches Leid verursachen und die wir aktivieren, ohne uns dessen bewusst zu sein.

Wozu die negative innere Stimme behandeln?

Ethan Kross bestätigt in seinem bereits zitierten Buch die positive Wirkung der Schematherapie bei negativen Gedanken und Überzeugungen. Du kannst diese mit verschiedenen Techniken identifizieren und transformieren, um dein Wohlbefinden zu fördern. Dabei werden in der Regel folgende Aspekte berücksichtigt:

  • Missmanagement der persönlichen Grenzen
  • Priorisierung der Bedürfnisse anderer Menschen vor den eigenen
  • Abkopplung von deinem Selbst und deinen Bedürfnissen
  • Der Gedanke, dass du zum Scheitern verurteilt bist und keine Kontrolle über deine Realität hast
  • Hypervigilanz und Hemmungen. Du rechnest immer mit dem Schlimmsten und hältst dich emotional stark zurück.

Um die Distanzierung von deinen Gedanken zu erreichen, kannst du mit dir selbst in der dritten Person sprechen. Das hilft dir, mehr Kontrolle über deinen inneren Dialog zu erlangen.

Techniken zur Distanzierung

Diese Techniken zielen darauf ab, den inneren Dialog besser zu kontrollieren und positivere Einstellungen zu entwickeln. Zum besseren Verständnis ein Beispiel: Du befindest dich inmitten einer Gruppe von Menschen und beobachtest, dass sie miteinander streiten und immer lauter werden. Du verstehst nicht, was genau vor sich geht. Deshalb beschließt du, dich zu distanzieren, um die Szene aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Aus einer entfernten, erhöhten Position wirst du die Dynamik besser verstehen.

1. Innerer Dialog in der dritten Person

Der innere Dialog in der dritten Person ermöglicht es dir, eine angemessene Distanz zu deinem Verstand und darüber hinaus eine Machtposition einzunehmen. Ein Beispiel: “Anna muss handeln. Sie denkt jetzt, dass sie im Vorstellungsgespräch nicht gut abschneiden wird. Sie muss mehr Selbstvertrauen entwickeln und Mut beweisen. Anna kann dabei nichts verlieren.”

2. Leinwand-Technik

Was bedrückt dich gerade? Welche Gedanken produziert dein Gehirn? Mit der Leinwand-Technik kannst du deinen inneren Dialog aus einer gewissen Distanz beobachten. Stelle dir eine große Leinwand vor, auf der deine Sorgen bildhaft zu sehen sind. Betrachte sie aus der Entfernung. Entsprechen sie der Realität? Haben sie einen Nutzen? Wenn die Antworten negativ sind, visualisiere auf der Leinwand realistischer und hoffnungsvollere Szenarien.

3. Drei Stühle

Nehmen wir an, dass deine innere Stimme seit einigen Tagen immer fordernder und rücksichtsloser wird. Sie lässt dir keine Ruhe und bestraft alles, was du tust. Das Drei-Stühle-Tool versucht, dysfunktionale Gedanken durch einen mitfühlenden, skeptischen und realistischen Dialog zu deaktivieren.

Gehe wie folgt vor: Denke an einen negativen Gedanken, der dir mehrmals am Tag in den Sinn kommt. Zum Beispiel: “Ich bin ein Versager.” Lade dann deinen Verstand ein, sich auf diese drei Stühle zu setzen:

  • Skeptischer Stuhl: Welche Beweise hast du dafür, dass du ein Versager bist?
  • Realistischer Stuhl: Du hast in deinem Leben schon viel erreicht, deshalb kannst du diesen negativen Gedanken nicht akzeptieren.
  • Mitfühlender Stuhl: Du musst dich mehr wertschätzen, du hast es verdient, das zu erreichen, wovon du träumst.

4. Substitution

Eine weitere Technik zur Distanzierung ist die der Substitution. Wenn du in einem schmerzhaften Bild feststeckst und deshalb nicht vorwärtskommst, ersetzt du es durch ein gegensätzliches Bild. Ein Beispiel: Der Streit mit deinem Partner oder deiner Partnerin geht dir nicht aus dem Kopf. Denke in dieser Situation an einen glücklichen Moment, den ihr zusammen genießen konntet.

Dieses innere Bild kann dich ermutigen und sorgt für mentale Entspannung.

5. Flucht und Zuflucht

Wenn du nicht in der Lage bist, unangenehme Erinnerungen loszulassen, versuche es mit dieser Technik zur Distanzierung: Friere die Gedanken oder das Bild des Unbehagens ein und suche in anderen Gedanken Zuflucht. 

Ein Beispiel: Du denkst ständig über einen Fehler nach, den du bei deiner Arbeit gemacht hast. In diesem Fall stelle dir vor, auf den “Pauseknopf” zu drücken und zu einem anderen Szenario überzugehen. Denke an eine Person, die du liebst: Was würde diese Person jetzt zu dir sagen? Vermutlich würde sie dich ermutigen, damit du die negative Erfahrung überwinden kannst.

Distanzierung vom eigenen Geist
Manchmal musst du dich von außen betrachten, um durch Distanz einen Überblick zu erhalten, der dir hilft, Lösungen zu finden.

Schlussfolgerung

Der innere Dialog ist ein automatisches Echo unseres Verstandes. Es ist nicht einfach, ihn zu kontrollieren, da viele unbewusste Prozesse dabei eine wesentliche Rolle spielen. Die beschriebenen Techniken können dir helfen, dich zu distanzieren und alternative Lösungen zu finden. Probiere sie aus!

▶ Lese-Tipp

  1. Chatter – Die Stimme in deinem Kopf: Wie wir unseren inneren Kritiker in einen inneren Coach verwandeln, Ethan Kross, btb 2022

Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • Kross, Ethan (2022) Tu diálogo interno: ¿qué es esa voz de tu mente? Oceáno
  • Malogiannis, I. A., Arntz, A., Spyropoulou, A., Tsartsara, E., Aggeli, A., Karveli, S., Vlavianou, M., Pehlivanidis, A., Papadimitriou, G. N., & Zervas, I. (2014). Schema therapy for patients with chronic depression: a single case series study. Journal of behavior therapy and experimental psychiatry45(3), 319–329. https://doi.org/10.1016/j.jbtep.2014.02.003
  • Roediger, E., Stevens, B., Brockman, R. (2018) Contextual Schema Therapy. Oakland, CA: Context Press.
  • Taylor, C. D. J., Bee, P., & Haddock, G. (2017). Does schema therapy change schemas and symptoms? A systematic review across mental health disorders. Psychology and psychotherapy90(3), 456–479. https://doi.org/10.1111/papt.12112

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