Sterben vor Angst: Ist das möglich?

Panik ist eine sehr unangenehme Erfahrung, die uns prägt. Doch können wir vor Angst wirklich sterben? Wir versuchen heute, diese Frage zu beantworten.

Geprüft und freigegeben von dem Psychologen Sergio De Dios González.

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 01. Februar 2023

In unserer Alltagssprache verwenden wir verschiedene Redewendungen wie “zu Tode erschrocken” oder “ich bin fast gestorben vor Angst”. Könnte das über eine Metapher hinausgehen und zu einer biologischen Realität werden? Können wir tatsächlich so große Angst empfinden, dass wir sterben? Wissenschaftler haben zu diesem Thema verschiedene Hypothesen entwickelt.

Eines Tages sterben wir alle, denn der Tod ist ein Teil des Lebens. Ein Gerichtsmediziner stellt die klinische Todesursache fest, er weiß jedoch nicht immer, welche Ursachen sich hinter dem Organversagen verbergen. Kann Angst zum Tod führen?

Verschiedene Experten glauben, dass das nicht möglich ist, wenn keine organischen Anomalien vorliegen, welche die betroffene Person verwundbar machen. Andere gehen davon aus, dass ein extremer Stresszustand, der zu Panik führt, den Tod auslösen könnte. Wir analysieren nachfolgend diese beiden Standpunkte.

Was sagt die Wissenschaft?

Viele Wissenschaftler haben sich gefragt, ob es möglich ist, vor Angst zu sterben. Die Theorie spricht dafür, doch es ist alles andere als einfach, Angst als Todesursache in der Praxis festzustellen. Trotzdem hat Dr. Mark Gillinov von der Cleveland Clinic das Thema in einer Studie mit gesunden und herzkranken Menschen erforscht.

Angst ist ein Schutzmechanismus, der in einer bedrohlichen Situation eine Kampf- oder Fluchtreaktion auslöst. Dieser körperliche und emotionale Stress kann Stress-Kardiomyopathie verursachen – eine akute Herzkrankheit, deren Anzeichen einem Herzinfarkt ähnlich sind. Betroffene leiden an Herzklopfen, Kurzatmigkeit, Müdigkeit und anderen Symptomen. In der Folge ist die Wahrscheinlichkeit einer eingeschränkten Herzfunktion größer und es könnte auch zum plötzlichen Herzstillstand kommen. Es handelt sich allerdings um ein extrem seltenes Phänomen.

Die Antwort lautet: Ja, wir können vor Angst sterben

Die meisten Kardiologen gehen davon aus, dass Angst zum Tod führen kann. Es gibt sogar Beweise dafür: Während eines Erdbebens in Los Angeles (USA), stieg die Zahl der plötzlichen Todesfälle durch Herzversagen um das Fünffache. In all diesen Fällen spürten die Menschen ein plötzliches Engegefühl in der Brust und fielen angesichts des hochgradig stressigen Ereignisses auf der Stelle tot um.

Offensichtlich ist es bei Menschen mit früheren Herzerkrankungen wahrscheinlicher, dass sie aufgrund einer extrem belastenden Situation durch  große Angst sterben. Doch auch gesunde Menschen können in Extremsituationen vor Angst sterben.

Ein weiterer interessanter Hinweis kommt von dem Physiologen Walter Bradford von der Universität Harvard. In seinem Artikel “Voodoo” Death spricht er über den Angsttod eines Menschen, der durch einen Geistheiler ausgelöst wurde. Auch andere Werke berichten von ähnlichen Fällen.

Der Organismus und die Angst

Es ist nicht überraschend, dass Angst tödlich sein kann. Wir dürfen nicht vergessen, dass Körper und Geist eine Einheit bilden und sich gegenseitig beeinflussen. Bei Angst setzt das Gehirn Adrenalin frei, um den Körper auf Kampf oder Flucht vorzubereiten. In einer lebensbedrohlichen Situation können stark erhöhte Adrenalinwerte die Herzfunktion beeinträchtigen.

Adrenalin bewirkt unter anderem, dass sich die Kalziumkanäle in den Zellen öffnen. Wenn die Zellen mehr Kalzium erhalten, verändern sie ihr elektrisches Potenzial – der Herzmuskel zieht sich infolge stärker zusammen, was zu Kammerflimmern führen kann – eine lebensgefährliche Herzrhythmusstörung, die in kürzester Zeit zur Bewusstlosigkeit führen kann. Wird dieser medizinische Notfall nicht sofort behandelt, folgt der Tod. Fazit: Ja, wir können vor Angst sterben.