Stark ist, wer Hilfe annimmt!

Du glaubst, stark zu sein, weil du dich um alles selbst kümmerst und niemanden brauchst? Vielleicht ist es an der Zeit, Hilfe zuzulassen, um deine wahre Stärke zu erkennen.
Stark ist, wer Hilfe annimmt!
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 23. März 2023

Wir lernen bereits in der Kindheit, dass wir stark und tapfer sein müssen: Mutige Menschen weinen nicht, beschweren sich nicht und halten durch. Sie zeigen keine Angst und keine Schwäche. Doch die Realität sieht anders aus: Stark ist, wer Hilfe annimmt, wenn er sie braucht. Jene Personen, die ihre Verletzlichkeit hinter einer starken Fassade verbergen, brechen irgendwann zusammen und wissen nicht mehr weiter. Wir alle brauchen Fürsorge und Unterstützung, zwei wichtige Säulen, die das Miteinander fördern und ein Zeichen von Liebe darstellen.

“Was diese Welt braucht, ist eine neue Art von Armee, die Armee der Freundlichkeit.”

Leveland Amory

Hände mit Herzen symbolisieren: Stark ist, wer Hilfe annimmt!
Um dich herum gibt es viele Hände, die dir gerne helfen: Akzeptiere ihre Unterstützung.

Stark zu sein bedeutet nicht, sich selbst zu genügen

Selbstständigkeit, Unabhängigkeit und Eigenverantwortung sind wichtige Tugenden. Der übertriebene Selbstkult schadet jedoch jedem Einzelnen und auch unserer Gesellschaft als Gesamtheit. Wir sind keine einsamen Inseln, sondern soziale Wesen, die gegenseitige Unterstützung benötigen. Stark ist, wer Hilfe annimmt und anderen hilft. Denn damit schaffen wir bereichernde Bindungen und fördern das gegenseitige Wohlbefinden.

Du bist kein Held, weil du selbstgenügsam bist, sondern weil du Hilfe akzeptierst, wenn du sie brauchst. 

Warum fällt es manchen Menschen so schwer, Hilfe zu akzeptieren?

Manche Menschen verbergen ihre Verletzlichkeit hinter einem Schutzschild. Es fällt ihnen schwer, um Hilfe zu bitten oder Unterstützung zu akzeptieren. Warum ist das so?

Die Bindung

In der Kindheit entwickelt sich ein Bindungstyp, der auch im Erwachsenenalter viele unserer Verhaltensmuster bestimmt. Hinter der Unfähigkeit, Hilfe anzunehmen, verbirgt sich häufig eine unsicher-vermeidende Bindung. Dazu kommt es, wenn das Kind zurückgewiesen wird und nicht ausreichend Aufmerksamkeit, Sicherheit und Zuneigung erhält. Es entwickelt Misstrauen, da seine emotionalen Bedürfnisse nicht anerkannt werden.

Die Ärzte Mario Mikulincer und Phillip R. Shaver beleuchten verschiedene Bindungstypen in ihrem Buch Attachment in Adulthood¹. Personen, die eine unsicher-vermeidende Bindung entwickeln, lernen früh, dass sie für sich selbst sorgen müssen und sich von anderen nichts erwarten können. Sie haben nie Zuneigung und Fürsorge erhalten und sind deshalb nicht in der Lage, Hilfe anzunehmen.

Manche Menschen fühlen großes Unbehagen, wenn sie Hilfe von anderen benötigen.

Mann fällt es schwer, Hilfe zu akzeptieren
Um Hilfe bitten, ist kein Zeichen von Schwäche. 

Lerne, Hilfe zu akzeptieren, um deine emotionale Stärke zu entdecken

Sich anderen gegenüber zu öffnen, Ängste, Bedürfnisse oder Befürchtungen zu teilen, ist für manche sehr schwierig. Sie glauben, damit ihre Fehlbarkeit und Schwäche zu zeigen. Wenn du dich mit dieser Beschreibung identifizierst, können dir folgende Tipps helfen:

  • Sei mutig und mach den ersten Schritt. Niemand wird dich verurteilen, wenn du die Wahrheit sagst und Nähe suchst.
  • Verändere deinen inneren Dialog, der dich seit deiner Kindheit begleitet. Wir alle benötigen andere Menschen in unserem Leben, die uns unterstützen. Akzeptiere Hilfe und Fürsorge.
  • Gib zu, dass du dich danach sehnst, in den Arm genommen zu werden. Lass dich umsorgen, um deine wahre Stärke zu entdecken, die durch Zuneigung und aufrichtige Liebe entsteht.

Brené Brown erinnert uns daran, dass Verletzlichkeit die Geburtsstätte der Verbundenheit und der Weg zu einem Gefühl der Würde ist. Öffne dich, lass dir helfen und unterstütze auch andere.

Literaturempfehlung

  1. Attachment in Adulthood: Structure, Dynamics, and Change, Mario Mikulincer, Phillip R. Shaver, Guilford Publications 2017

Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • Lee A, Hankin BL. Insecure attachment, dysfunctional attitudes, and low self-esteem predicting prospective symptoms of depression and anxiety during adolescence. J Clin Child Adolesc Psychol. 2009 Mar;38(2):219-31. doi: 10.1080/15374410802698396. PMID: 19283600; PMCID: PMC2741157.
  • Sheinbaum T, Kwapil TR, Ballespí S, Mitjavila M, Chun CA, Silvia PJ, Barrantes-Vidal N. Attachment style predicts affect, cognitive appraisals, and social functioning in daily life. Front Psychol. 2015 Mar 18;6:296. doi: 10.3389/fpsyg.2015.00296. PMID: 25852613; PMCID: PMC4364085.
  • Mikulincer M, Shaver P. Attachment in adulthood: Structure, dynamics, and change. New York: Guilford; 2007.

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