Slow Living: Ein anderer Weg zum Glücklichsein
Wie oft warst du schon inmitten des Chaos und der Hektik des modernen Lebens gefangen? Vermutlich sehr viel häufiger, als dir lieb ist. Wenn du dein Leben in Höchstgeschwindigkeit lebst, hat dies zur Folge, dass du viele kleine Momente, Nuancen, Empfindungen und Details verpasst, die das Leben erst lebenswert machen. Slow Living ist eine Möglichkeit, diesen Zustand zu verändern.
Slow Living ist eine Bewegung, die bereits in den 1980er Jahren entstand. Seither haben sich immer mehr Menschen für diesen Lebensstil entschieden. Aber worum genau geht es hierbei eigentlich? Und welche Vorzüge kann dir ein “langsameres Leben” bieten? In unserem heutigen Artikel werden wir dir alles Wissenswerte darüber erzählen.
In unserer heutigen Welt hat das Wort “langsam” oftmals negative Konnotationen und wird mit Begriffen wie “faul” oder “untätig” assoziiert. Aber jetzt ist die Zeit gekommen, all das zu verändern! Slow Living bedeutet nicht, schlecht oder verantwortungslos zu leben. Es bedeutet vielmehr, dass du deine Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment konzentrierst und jeden Augenblick genießt.
Das moderne Leben bewegt sich heute in einem unglaublichen Tempo, ohne dass wir dies überhaupt bemerken. Daher ist es auch kein Zufall, dass beinahe 18 % der US-amerikanischen Bevölkerung an chronischen Angststörungen leidet. Darüber hinaus entwickelt der Großteil der Menschen, die unter permanentem Stress leiden, im Laufe der Zeit psychische Störungen wie Angststörungen oder Depressionen. Das liegt daran, dass zahlreiche Menschen erst viel zu spät erkennen, wie dramatisch ihre Situation tatsächlich ist.
“In unserer Umwelt gibt es keine Ordnung. Daher müssen wir uns stattdessen an die Erfordernisse des Chaos anpassen.”
-Kurt Vonnegut-
Ein Leben in Höchstgeschwindigkeit fordert seinen Preis
Schon früh im Leben lernen wir die Bedeutung von Hast und Eile und akzeptieren sie als eine Norm. Als Kinder mussten wir uns beeilen, um rechtzeitig in die Schule zu kommen und nach der Pause wieder pünktlich zur nächsten Schulstunde im Klassenzimmer anwesend zu sein. Danach hetzten wir nach Hause, um die Hausaufgaben zu erledigen und an verschiedenen außerschulischen Aktivitäten teilzunehmen. Das Leben verlangsamt sich nie. Abends nimmst du noch ein kurzes Bad, isst hastig dein Abendessen und dann ist es schon wieder Zeit zum Schlafengehen. Und am nächsten Tag wiederholt sich alles von Neuem.
Wenn du eine Ausbildung oder ein Studium beginnst und danach in das Berufsleben eintrittst, geht es genauso weiter. Du bereitest dich auf ein Leben vor, dass du am Schreibtisch verbringen wirst. Du hetzt morgens zur Arbeit und abends eilst du nach Hause, wo unweigerlich schon die nächsten Aufgaben auf dich warten. Familie, Hausarbeit, der Papierkram, den du erledigen musst oder sonstige Verpflichtungen, denen du nachgehen musst.
Das Boiling-Frog-Syndrom
Hast du jemals vom Boiling-Frog-Syndrom gehört? Diese Fabel ist hilfreich, um zu erklären, warum du glaubst, dass es normal sei, ein derart stressiges Leben zu führen.
Wenn du einen Frosch in einen Topf mit kochendem Wasser setzt, wird er sofort versuchen, herauszuspringen und zu entkommen. Aber wenn du den Frosch in einen Topf mit kaltem Wasser setzt und dieses allmählich erhitzt, wird er stattdessen fortwährend seine Körpertemperatur verändern, um sie der Wassertemperatur anzugleichen. In diesem Fall ist der Frosch so sehr damit beschäftigt, sich an die Temperaturveränderungen anzupassen, dass er gar nicht bemerkt, dass er bei lebendigem Leibe gekocht wird.
Obwohl sich dies ziemlich grausam anhören mag, passiert dennoch etwas sehr Ähnliches auch mit uns. Wir werden in eine Welt und eine Gesellschaft geboren, in der alles in “unnatürlicher” Geschwindigkeit vor sich geht. Und genau wie der Frosch passen wir uns im Laufe der Jahre daran an und lernen, dass diese Art zu leben normal ist.
Die besorgniserregendste Tatsache daran ist die, dass die meisten Menschen glauben, dass gestresst zu sein etwas Positives ist und sie ohne Stress gelangweilt wären. Kommt dir das bekannt vor? Und wenn man dann im Laufe der Zeit realisiert, welchen Einfluss dieser Lebensstil auf das eigene Wohlbefinden hat, ist es häufig schon zu spät. Der Schaden ist bereits entstanden.
“Das Leben ist das, was uns passiert, während wir andere Pläne schmieden.”
Slow Living und die damit verbundenen Vorzüge
Die Slow-Living-Bewegung kann auf beinahe jeden Aspekt des Lebens angewendet werden: auf die Ernährung (beispielsweise Slow Food, der Ursprung der gesamten Bewegung), Sex, Bildung bis zu Dingen wie Sport, Freizeit, Reisen, Mode und natürlich auch auf die Arbeit.
Dieser Lebensstil lädt dich dazu ein, natürliche Produkte zu essen und “achtsames Essen” zu praktizieren, Technologie auf rationale und praktische Weise zu nutzen, die kleinen lokalen Einzelhändler in deiner Umgebung zu unterstützen und den ungesunden Zyklus der Wegwerfkultur zu durchbrechen, um dadurch den Schäden entgegenzuwirken, die all dies in anderen Ländern verursacht.
Slow Living wirbt für einen entspannteren Ansatz. Dieser Lebensstil erlaubt es dir, dich an den kleinen Dingen zu erfreuen und ihnen die Beachtung zu schenken, die sie verdienen. Was wäre für dich von größerem Wert? Etwas Schnelles und Alltägliches oder etwas, für das du Zeit und Mühe investiert hast?
Das hört sich auf dem Papier ganz einfach an, nicht wahr? Aus diesem Grund gibt die Slow-Living-Bewegung eine Reihe von Empfehlungen, wie du mit dem “langsamen Leben” beginnen kannst. Die erste Regel lautet: Geduld. Du kannst deine bisherigen Lebensgewohnheiten nicht über Nacht verändern.
Tauche in die Welt des Slow Living ein
1. Die morgendliche Slow-Living-Routine
Stehe jeden Morgen einige Minuten früher auf als bisher. Es wird sich auf jeden Fall lohnen! Nach deiner morgendlichen Dusche nimmst du ein gutes Frühstück zu dir, ohne dich von deiner Arbeit oder anderen Aufgaben ablenken zu lassen. Wenn du kannst, gehe ein wenig spazieren und achte dabei genau auf deine Umwelt. Wenn dir das nicht möglich ist, solltest du zumindest dein Mobiltelefon weglegen, während du dich auf dem Weg zur Arbeit befindest.
2. Lebe mit weniger
Verzichte auf unnötigen Konsum und kaufe nur das, was du wirklich benötigst. Wenn du für einen Moment innehältst und dich umsiehst, wirst du sehr schnell erkennen, dass du weniger und nicht mehr brauchst. Bei der Umsetzung kann dir die Sieben-Tage-Regel helfen: Wenn du entscheidest, dass du etwas brauchst, musst du erst eine Woche abwarten, bevor du es kaufst. Wenn du es nach Ablauf dieser sieben Tage immer noch benötigst, kannst du es kaufen. Diese Zeit verschafft dir außerdem die Gelegenheit, andere Optionen abzuwägen und verschiedene Preise miteinander zu vergleichen.
3. Lebe gut und genieße den Moment
Dein Leben wird häufig von vergangenen Erfahrungen beeinträchtigt, die du nicht ändern kannst und von Ängsten vor einer Zukunft bestimmt, die sich möglicherweise ganz anders entwickeln wird, als du dir vorstellst. Alles, was du hast, ist der gegenwärtige Moment. Daher solltest du alles in deiner Macht stehende unternehmen, um in diesem Moment bewusst zu leben. Slow Living lädt dich dazu ein, zu meditieren und Yoga und andere Disziplinen zu praktizieren, die es dir erlauben, dich wieder mit deinem Körper, Geist und deiner Seele zu verbinden. Es geht darum, im Hier und Jetzt zu leben.
4. Versuche, jeden Tag eine gute Tat zu vollbringen
Im Gegensatz zu dem, was du möglicherweise glauben könntest, kann diese Praxis tatsächlich noch mehr Vorzüge für dich selbst bieten, als für den Menschen, dem du hilfst. Denn allmählich wird sie dir helfen, dich aus deinem Autopilot-Modus zu befreien.
5. Werde Teil einer Gruppe oder Gemeinschaft
Du könntest alles Mögliche tun, beispielsweise eine ehrenamtliche Tätigkeit übernehmen, Mannschaftssport betreiben oder reisen. Menschen sind soziale Wesen, und wie Tajfel sagte, trägt die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe dazu bei, unsere soziale Identität zu formen. Darüber hinaus wird unser Selbstkonzept durch die emotionale Bedeutung und den Wert, den wir der Zugehörigkeit zu einer Gruppe beimessen, bestimmt.
6. Führe ein Dankbarkeits-Tagebuch
Außerdem solltest du jeden Tag ein wenig Zeit darauf verwenden, drei positive Dinge aufzuschreiben, die dir widerfahren sind. Dabei könnte es sich um Gesten, Gedanken, Gefühle oder Ereignisse handeln. Wenn du damit beginnst, wirst du vermutlich erstaunt feststellen, dass du Schwierigkeiten damit hast, drei derartige Beispiele zu benennen. Aber mit ein wenig Übung wirst du lernen, die kleinen Dinge zu schätzen und dir selber solche positiven Momente zu erschaffen.
Obwohl es sich trivial anhören mag, ist es dennoch sehr empfehlenswert, dies niederzuschreiben. Viele deiner Gedanken werden von Dingen überlagert, die du für wichtiger erachtest. Das Schreiben ist eine großartige Möglichkeit, dir diese Dinge im Gedächtnis zu behalten. Darüber hinaus kannst du diese Liste zu einem späteren Punkt erneut durchlesen, beispielsweise wenn du dich niedergeschlagen fühlst und einen kleinen positiven Impuls benötigst. Diese Technik funktioniert auch sehr gut bei Menschen, die an Depressionen leiden. Außerdem kann sie eine gute Option sein, um deine Denkweise zu verändern. Probiere es doch einmal aus!
7. Schalte deine elektronischen Geräte ab
Dieser Aspekt ist vermutlich der schwierigste Teil des Slow Living. Stelle dein Mobiltelefon stumm, lasse es einmal zuhause liegen oder schalte es komplett aus, wenn du kannst. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie gut es sich anfühlt, nicht länger ein Sklave der Technologie zu sein! Selbst wenn es nur für einige Stunden ist.
“Glück, nicht an einem anderen Ort, sondern an diesem Ort; nicht zu einer anderen Stunde, sondern zu dieser Stunde.”
-Walt Whitman-
Wie kannst du Slow Living praktizieren, wenn du in einer Stadt wohnst?
Wie du siehst, lassen sich diese Empfehlungen ziemlich einfach in die Tat umsetzen, unabhängig davon, wo du dich aufhältst. Aber das muss nicht das Ende sein. So unglaublich sich das anhören mag, aber es gibt auf der ganzen Welt tatsächlich verschiedene “langsame Städte” (Cittàslow).
Dies sind Städte, in denen die Menschen gerne spazieren gehen und sich entspannt mit Freunden unterhalten können. In Deutschland gibt es bereits über 20 Städte und Gemeinden, die eine Akkreditierung von der Cittàslow-Organisation erhalten haben.
Wie ist diese Bewegung entstanden?
Diese Bewegung entstand im Jahr 1986 in Italien. Sie wurde von Carlo Petrini initiiert und gefördert. Die Idee entstand, nachdem er völlig schockiert festgestellt hatte, dass sich sogar auf der Piazza de Spagna in Rom ein McDonald’s-Restaurant befindet.
Er führte die Bewegung in dem Bemühen, die weitere Zunahme des Fast Food zu bekämpfen. So entwickelte er die Slow-Food-Philosphie, um einen Beitrag dazu zu leisten, lokale kulinarische Traditionen und Produkte zu erhalten und die Freude an guter Gastronomie im Allgemeinen zu fördern. Der Rest der Bewegung drehte sich ebenfalls um die Idee des Slow Food, bis sich schließlich eine ganze Lebensphilosophie daraus entwickelte.
Einige persönliche Gedanken zum Schluss
Vielleicht hattest du auch schon einmal die Gelegenheit, einige größere Städte in Südostasien zu besuchen. Eines der ersten Dinge, die du dort bemerken wirst, ist die entspannte Lebenseinstellung dieser Menschen. Beinahe überall wirst du jemanden entdecken können, der mitten am Tag ein kleines Nickerchen macht. Auf seinem Motorrad, einer öffentlichen Treppe, im Park oder sogar auf dem Rücken einer Kuh.
Das Leben beginnt sehr früh am Morgen. Die meisten Menschen leben bescheiden und sind immer bereit, dir ein Lächeln zu schenken oder dir eine helfende Hand zu reichen. Insbesondere in den überwiegend buddhistisch geprägten Regionen gehört Meditation zum täglichen Leben. Diese Menschen sind wahre Experten in der Kunst des Slow Living!