Sind bipolare Menschen manipulativ?
Die Annahme, dass bipolare Patienten manipulativ sind, beruht auf einem weitverbreiteten Irrtum, der auf Stereotypen zurückzuführen ist. In Wirklichkeit ist jede Person mit dieser Störung einzigartig, deshalb muss unbedingt die große Vielfalt an klinischen Erfahrungen berücksichtigt werden.
Ein Faktor, der zur Verwirrung beiträgt, sind bestimmte Verhaltensweisen, die während manischer Episoden auftreten, gekennzeichnet durch Impulsivität, Exaltiertheit und fehlende Hemmungen. Wir sehen uns dieses Thema anschließend etwas genauer an.
Bipolarität und emotionale Manipulation
Bevor wir die Beziehung zwischen Bipolarität und psychologischer Manipulation untersuchen, definieren wir diese Begriffe, damit es einfacher ist, die Zusammenhänge zu verstehen.
Was ist Bipolarität?
Bipolarität ist eine psychische Störung, von der nach Angaben der WHO schätzungsweise 40 Millionen Menschen betroffen sind. Sie ist gekennzeichnet durch extreme Stimmungsschwankungen mit abwechselnden Episoden von Manie oder Hypomanie und Depression.
Während der manischen Phasen zeigen die Betroffenen in der Regel impulsives Verhalten, Euphorie, Reizbarkeit, erhöhte Energie und ein verringertes Schlafbedürfnis. Depressive Phasen hingegen zeichnen sich unter anderem durch tiefe Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit aus.
Wenn euphorische und depressive Symptome in Kombination auftreten, spricht man von einer gemischten Episode. Ein Bericht in CNS Drugs zeigt, dass 40 % der Menschen mit bipolarer Störung gemischte Episoden haben und der Schweregrad der Erkrankung im Vergleich zu denen, die keine gemischten Episoden haben, höher ist.
Was ist psychologische Manipulation?
Psychologische Manipulation ist der Versuch, die Gedanken, Wahrnehmungen, Emotionen oder Handlungen einer Person zum eigenen Vorteil zu verändern. Die angewandten Techniken reichen von offenen Strategien bis zu eher verdeckten Methoden.
Wir alle üben mehr oder weniger stark Kontrolle und Einfluss auf andere aus. In manchen Fällen erfolgt die Manipulation unbeabsichtigt oder ohne Vorsatz; sie kann den Beteiligten jedoch schaden. Jedoch gibt es auch klassische Manipulatoren, die nicht zögern, Täuschung und emotionale Erpressung als Hauptwerkzeuge einzusetzen, um das Selbstwertgefühl und die Autonomie des Opfers zu untergraben.
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Sind bipolare Menschen manipulativ?
Die Vorstellung, dass bipolare Personen manipulativ sind, hat ihre Wurzeln in der Stigmatisierung und der Fehlinterpretation ihrer Symptome. Während der manischen Episoden kann das Urteilsvermögen beeinträchtigt sein und die Hemmschwelle sinken, was zu impulsiven Handlungen, Stimmungsschwankungen, erhöhtem Energielevel und Aggression führen kann.
Sie können von einem euphorischen und geselligen Zustand zu einem reizbaren und überschwänglichen übergehen und damit ihre Umgebung verunsichern. Aufgrund des übersteigerten Selbstbewusstseins während dieser Trancezustände ist es auch möglich, große Versprechungen zu machen, die dann nur schwer einzuhalten sind.
Diese Symptome, die Teil der Krankheit sind, werden oft als Manipulation fehlinterpretiert, da sie als bewusste Handlungen erscheinen können, um andere zu beeinflussen.
Natürlich können bipolare Menschen wie alle anderen manipulativ sein. Die Verhaltensweisen, die mit manischen Episoden einhergehen, sind jedoch keine bewussten Manipulationsstrategien, sondern mögliche Erscheinungsformen der Krankheit, welche die emotionalen und kognitiven Herausforderungen widerspiegeln, mit denen sie konfrontiert sind. Es sind keine böswilligen Handlungen.
Was tun, wenn bipolare Symptome manipulativ erscheinen?
Zunächst solltest du auf die Anzeichen achten, die darauf hinweisen, dass sich die Person mit bipolarer Störung in einer euphorischen Phase befindet:
- Unnötige Risikobereitschaft
- Übertriebenes und unglaubliches Lob
- Außergewöhnliche Versprechungen, die nicht eingehalten werden können
- Unerwartete Änderungen im Verhalten oder in der Meinung
- Übermäßiges Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und externer Bestätigung
Wenn du dieses Szenario erkannt hast, ist es möglich, praktische Werkzeuge einzusetzen, um in der Interaktion klare und gesunde Grenzen zu setzen. Folgende Tipps können dir dabei helfen:
1. Denke daran, dieses Verhalten Teil der Symptomatik ist
Vergiss nicht, dass sich die bipolare Person nicht bewusst oder absichtlich so verhält. Wenn sie zum Beispiel ehrgeizige Geschäftsvorschläge macht und dir versichert, dass sie in kurzer Zeit ein Millionengeschäft machen wird, denke daran, dass sie nicht versucht, dich auszutricksen oder zu betrügen. Vielmehr hat sich die bipolare Person aufgrund ihrer Störung nicht vollständig unter Kontrolle.
2. Vermeide Diskussionen in kritischen Momenten
Während der Episoden kann die Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten und sich an rationalen Diskussionen zu beteiligen, beeinträchtigt sein. Anstatt zu versuchen, Dinge logisch zu erklären oder sich auf einen Konflikt einzulassen, konzentriere dich darauf, ruhig und unterstützend zu bleiben. Warte, bis die Person ihre emotionale Stabilität wiedererlangt hat, damit du die Situation auf klare und logische Weise angehen kannst.
3. Fachliche Unterstützung
Jemanden mit dieser Störung durch seine kritischen Phasen zu begleiten, ist eine Herausforderung. Zögere also nicht daran, andere Familienmitglieder, Freunde und/oder Fachkräfte, die an der Behandlung beteiligt sind, um Hilfe zu bitten.
4. Selbstfürsorge
Denke auch daran, dass Selbstfürsorge der Schlüssel ist, um das Wohlbefinden zu erhalten und gleichzeitig in der Lage zu sein, andere in schwierigen Zeiten zu begleiten und zu unterstützen.
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Fazit
Wir sprechen über ein komplexes Krankheitsbild, das Millionen von Menschen auf der ganzen Welt betrifft. Um Missverständnisse über die bipolare Störung auszuräumen, ist es wichtig, sie genau zu verstehen. In diesem Artikel haben wir gelernt, dass bipolare Patienten nicht von Natur aus manipulativ sind oder absichtlich Konflikte herbeiführen. Dieses Wissen hilft uns, die Inklusion zu fördern und diesen Menschen mit mehr Empathie und Geduld zu begegnen.
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