Schulmassaker: Was geht in den Tätern vor?
Schulmassaker sind ein trauriges Phänomen, insbesondere wenn man bedenkt, wie oft sie vorkommen. Nur in 5 % der Fälle leidet der Täter an einer psychischen Erkrankung. Die restlichen Fällen können auf andere auslösende Faktoren, wie körperliche oder psychische Misshandlung, familiäre Probleme und Mobbing in der Schule zurückgeführt werden. Auch der Zugang zu Schusswaffen und die damit verbundene Kultur sind ein Faktor, der berücksichtigt werden muss.
Nach dem Schulmassaker von Parkland am 14. Februar 2018 twitterte US-Präsident Trump: „So viele Anzeichen, dass der Florida-Schütze psychisch gestört war, wurde sogar wegen schlechten und unberechenbaren Verhaltens aus der Schule verwiesen. Nachbarn und Klassenkameraden wussten, dass er ein großes Problem war. Solche Fälle müssen den Behörden gemeldet werden, immer wieder und wieder!“
In amerikanischen Schulen sind gewalttätige Reize im Zusammenhang mit der Waffenkultur und Rassismus ein sehr verbreitetes Phänomen.
Es ist richtig, dass Nikolas Cruz, der Täter des Parkland Amoklaufs, perfekt in die Risikogruppe passte: ein Außenseiter und Einzelgänger, der eine Faszination für Schusswaffen hatte. Aber es gibt noch einen anderen Faktor, der nicht so offensichtlich ist. Etwas, das über die psychischen Probleme hinausgeht. Etwas, das jeden sozialen Organismus aus der US-amerikanischen Gesellschaft mit einbezieht. Schauen wir uns das genauer an.
Schulmassaker als ein gesellschaftliches Problem
Der 19-jährige Nikolas Cruz hat 17 Schulkameraden das Leben genommen und ein weiteres Dutzend Menschen verwundet. Nun reiht sich sein Name in eine lange Liste von Tätern ein, die frustriert und wütend waren, von der Gesellschaft verachtet wurden und einen tödlichen Plan entwickelten. Gnadenlos zielten diese Täter mit ihren Waffen auf Lehrer und Mitschüler. Diese Antwort auf ihre Probleme fanden sie, während sie sich von ihrer Faszination für Waffen inspirieren ließen.
Jeden Monat kommt es in US-Schulen zu einem bewaffneten Delikt, und das ist eine ungewöhnlich hohe Zahl, wenn wir an europäische Verhältnisse denken. Tatsächlich gab es seit 2012, als Adam Lanza 27 Menschen (20 Erstklässler, sechs Mitarbeiterinnen der Schule und seine Mutter) tötete, 239 Schießereien an Schulen. All dies führt in den letzten sechs Jahren zu 438 Verletzten und 138 Toten.
Senatoren und Stars, die sich gegen den Einsatz von Schusswaffen aussprechen, bestehen ebenso wie die Teilnehmer der massiven Proteste auf einer konkreten Tatsache: Die Massaker nehmen von Jahr zu Jahr zu. Das geschieht nicht zufällig, ist kein Unglück und nicht die Folge einer steigenden Prävalenz von psychischen Erkrankungen in der Gesellschaft. Schulmassaker, die in den Vereinigten Staaten stattfinden, sind das Ergebnis der (teilweisen) Untätigkeit einer Gesellschaft. Täter von Schulmassakern haben nicht nur die Möglichkeit, sondern vor allem auch die Mittel, diese Amokläufe auszuführen.
Es geht nicht nur darum, über die Notwendigkeit zu debattieren, ob der Einsatz von Waffen verboten oder reguliert werden soll. Das ist zwar auch relevant, es hat aber vor eine höhere Priorität, sich mit den Motiven der Täter zu beschäftigen. Warum greifen diese jungen Menschen zu Waffen und Gewehren, um ihre Wut zu kanalisieren und Probleme zu lösen?
Das Täterprofil von Schulschützen
Das Massaker vom 20. April 1999 an der Columbine High School war tragisch. Es hat ein Bewusstsein für die Ausmaße der Gewalt in den Vereinigten Staaten geschaffen. Schulen ergriffen daraufhin Maßnahmen, wie zum Beispiel Drills, um zu vermitteln, wie man bei einem Schulmassaker reagieren sollte. Geheimdienste nahmen diese Art von Massaker und ihre Auslöser nun auch ernster.
Im Jahr 2000 erstellten Experten ein psychologisches Profil, um die Psyche der Schulschützen besser zu verstehen. Dies sind die Hauptmerkmale, die Experten feststellten:
- Die Schützen planen ihre Angriffe akribisch. Diese Angriffe geschehen nicht zufällig oder aus einem Impuls heraus, unter dem die Täter von Emotionen überwältigt werden.
- 80 % der Täter haben unter Mobbing gelitten. Sie litten in ihrer Vergangenheit zudem an Misshandlungen, sexueller Belästigung und waren hoher emotionaler Belastung ausgesetzt, die durch ihr Umfeld verursacht wurde.
- Ein hoher Prozentsatz der Täter kommt aus zerrütteten Familienverhältnissen, bei denen ein Elternteil vorbestraft ist.
- 95 % der Täter leiden nicht an einer psychischen Erkrankung. Das heißt, psychische Erkrankungen wie Schizophrenie sind nicht die Ursache von Gewalt an Schulen.
- In 100 % der Fälle besteht eine Faszination für Waffen. Im Allgemeinen sprechen Täter offen über diese Faszination, in ihrem Umfeld oder in den sozialen Netzwerken.
- Die gewalttätigen Taten der jungen Menschen, von denen einige sogar noch Kinder sind, werden nicht spontan ausgeführt. In Wirklichkeit liegt dem Amoklauf ein komplexer und langsamer Prozess zugrunde, der sich über einen bestimmten Zeitraum hinweg gestaltet.
- Die gewalttätigen Reize, die die Täter umgeben können, verbunden mit Stress und wirren Gedanken, lassen den Schützen ein Schutzschild errichten, das sie für menschliche Emotionen unempfänglich macht. Schließlich lässt diese emotionale Kälte Täter Mord als lohnenden und gerechtfertigten Weg zur Problemlösung erscheinen.
Was sind präventive Maßnahmen, um Kinder vor Schulmassakern zu schützen?
Ein republikanischer Senator beharrte darauf, dass es eine einfache Lösung für das Problem der Schulmassaker gebe: Die “Guten” zu bewaffnen, damit diese die “bösen jungen Männer” ausschalten können, die ihren Klassenkameraden Schaden zufügen wollen. Wenn man “gute Männer” bewaffnet, wird jedoch nur weiter an der Gewaltspirale gedreht. Feuer wird hier nur mit Feuer bekämpft.
Es ist aber die Gewaltkultur, die die Gewalt speist. Weitere Probleme sind institutionelle, pädagogische und soziale Vernachlässigung und ein Land, das den Einsatz von Waffen zum Kern seiner Identität macht. An dieser Stelle sollten präventive Maßnahmen ansetzen. Psychologen und Pädagogen weisen daher auf die Notwendigkeit hin, in den Schulen mehr psychologische Angebote für die Schüler zu schaffen. Dadurch ließen sich zumindest einige Massaker schon im Vorfeld vermeiden.
Mithilfe von Psychologen und Sozialarbeitern könnten junge Menschen, die der Risikogruppe zugehören, besser versorgt werden. Denn diese jungen Menschen geben oft Warnzeichen, die von geschultem Personal rechtzeitig erkannt werden können, um weitere Schießereien in Schulen zu vermeiden.