Russ Harris: Wie eine Beziehung gut funktionieren kann
Russ Harris gehört zu einer Gruppe von Psychotherapeuten, die nach dem Ansatz der Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) tätig sind. Harris stammt aus Großbritannien und ist einer der bekanntesten ACT Spezialisten. Er führt Einzel- und Paartherapien durch, wenn die Emotionen hochgekocht und die Situationen herausfordernd sind. In unserem heutigen Artikel wollen wir dir mehr über seine Theorien darüber erzählen, wie eine Beziehung gut funktionieren kann.
Russ Harris ist der Autor eines der am meisten verkauften Selbsthilfebücher namens Raus aus der Glücksfalle. Aber er hat noch einige weitere sehr erfolgreiche Bücher geschrieben, darunter auch ACT der Liebe. Dieser Artikel wird sich auf die Schlüsselideen über Beziehungen und Konfliktmanagement unter Anwendung der Prinzipien der ACT konzentrieren.
Russ Harris über die Herausforderungen einer romantischen Partnerschaft
In Beziehungen gibt es immer wieder Höhen und Tiefen. An einem Tag fühlst du dich unglaublich gut mit deinem Partner und am darauffolgenden Tag scheint alles fürchterlich zu sein. Die größte Herausforderung besteht normalerweise darin, mit den Emotionen des anderen umzugehen.
Emotionen sind von Natur aus veränderlich. Zu Beginn einer Beziehung konzentrieren sich deine Emotionen vor allem auf die Fürsorge und das Halten deines Partners. Wenn sich die Beziehung dann etabliert hat, nimmt die Intensität, mit der du diese angenehmen Emotionen empfindest, jedoch etwas ab.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Beziehungen bestimmte unangenehme Emotionen erzeugen können, welche für dich überraschend sind, wenn du sie das erste Mal erlebst. Viele von uns sind mit der Vorstellung aufgewachsen, dass der eigene Partner jedes unserer Bedürfnisse und all unsere Erwartungen erfüllen wird.
Die Tatsache, dass er dies dann nicht tut, kann durchaus Angst machen. Dieser Teufelskreislauf führt dazu, dass ihr beide euch mehr darauf konzentriert, was ein Partner für den anderen tut, anstatt darüber nachzudenken, was er oder sie Positives zur Beziehung beiträgt.
Das führt dann dazu, dass du dich mehr auf die Bedürfnisse konzentrierst, die nicht erfüllt werden, anstatt auf die Erwartungen, die dein Partner tatsächlich erfüllt.
Darüber hinaus werden viele Paare auch durch einige von der Gesellschaft weiterhin aufrechterhaltene Mythen negativ beeinflusst. Es handelt sich um falsche Überzeugungen, die die Erwartungen von Menschen in Bezug auf ihre Partner beeinflussen. Außerdem können das bestimmte Rollenbilder sein, die angeblich jeder Mensch erfüllen sollte und auch Vorstellungen darüber, was du aus einer Beziehung bekommen solltest. Nachfolgend findest du einige der wichtigsten Mythen zu diesem Thema.
Der perfekte Partner
Es gibt die weitverbreitete Idee, dass du deinen “idealen” Partner finden wirst, wenn du nur lange genug danach suchst. Jene Person, die all deine Bedürfnisse auf eigene Kosten erfüllt. Diese Botschaft wird überall verbreitet: in Büchern, romantischen Filmen und sogar in Märchen. Wenn du diese Vorstellung verinnerlicht hast, wirst du Schwierigkeiten haben, eine gesunde Beziehung zu führen.
Wenn du dich zu sehr an die Vorstellung klammerst, dass dein Partner perfekt sein muss, wirst du deine Beziehung immer mit den Beziehungen anderer Menschen vergleichen. Allerdings ist das normalerweise weder hilfreich noch gesund.
Die Überzeugungen darüber, wie eine Beziehung sein sollte und wie sich dein Partner verhalten sollte, kollidieren sehr häufig mit der Realität. Daher können derartige unrealistische Erwartungshaltungen tatsächlich den gegenteiligen Effekt auf deine Beziehung haben und alle Fehler deines Partners ans Licht bringen.
Seelenverwandte
Eine weitere sehr populäre Idee ist die, dass wir nicht als Ganzes geboren wurden und unsere “andere Hälfte” sich irgendwo da draußen befindet und darauf wartet, gefunden zu werden. Wie viele Liebeslieder schmachten und klagen: “Ohne dich bin ich nichts”?
Allerdings ist das Problem bei dieser Vorstellung, dass dadurch die Verantwortung für die eigenen Bedürfnisse und das eigene Glück auf einen anderen Menschen übertragen wird. Darüber hinaus führt das auch dazu, dass manche Menschen glauben, es ginge in einer Beziehung darum, die Fehler des Partners auszugleichen. Aber auch diese Idee ist sehr kontraproduktiv, wenn du eine gute und funktionierende Beziehung haben möchtest.
Anstatt die Beziehung zu nähren, können derartige Ideen dazu führen, dass du abhängig wirst und Angst davor hast, alleine zu sein. Nichts von alledem ist eine Grundlage für eine solide Partnerschaft.
Liebe ist einfach und sie hält für immer
Zu Beginn einer Beziehung ist es immer einfach, eine Beziehung am Laufen zu halten. Aber im Laufe der Zeit treten die Unterschiede zwischen dir und deinem Partner zutage. Im modernen Sprachgebrauch wird dies als “Inkompatibilitäten” bezeichnet.
Aber diese Idee, mit dem Partner nicht kompatibel zu sein, führt uns wieder zu dem Konzept des “perfekten Partners”. Wenn du das Gefühl hast, mit deinem Partner nicht kompatibel zu sein, wird es sehr schwer werden, glücklich zu sein und sich zu engagieren.
Wenn du möchtest, dass eine Beziehung Bestand hat, dann brauchst du Verständnis, Komplizenschaft und Intimität. Außerdem musst du die Bereitschaft haben, Kompromisse einzugehen. Die Akzeptanz eurer Unterschiede ist von entscheidender Bedeutung, da sie ansonsten zu einer Waffe werden könnten, die du in Krisenzeiten gegen deinen Partner richtest.
Russ Harris: Für eine gute Beziehung bedarf es psychologischer Flexibilität
Russ Harris nutzt den Begriff “psychologische Flexibilität”, wenn er über romantische Beziehungen spricht. Dieser Begriff bezieht sich auf die erforderliche Offenheit, mit der du deinem Partner im alltäglichen Leben begegnen solltest. Darüber hinaus geht es auch darum, im gegenwärtigen Moment zu leben, damit du deine Partnerschaft wirksam und nachhaltig nähren kannst.
Größere psychologische Flexibilität wird dir bei vielen Konflikten helfen, die mit deinem Partner entstehen können. Hier findest du einige Beispiele:
- Erkennen und Akzeptieren individueller Unterschiede zwischen euch beiden.
- Du kannst dich besser von den Unterschieden distanzieren, die am wahrscheinlichsten zu Konflikten führen. Auf diese Weise kannst du bei Problemen aufgrund bestimmter Imkompatibilitäten die gemeinsame Entscheidungsfindung erleichtern.
- Darüber hinaus kannst du deine Erwartungen anpassen, die du an deinen Partner und die Beziehung hast, insbesondere jene Vorstellungen vom “perfekten Partner”, die in den meisten Fällen zu Streitigkeiten führen.
- Außerdem kannst du dich auf die Erfahrungen konzentrieren, die du im gegenwärtigen Augenblick hast. Du priorisiert die Interaktionen, die du im Hier und Jetzt hast. Höre auf damit, über Dinge nachzudenken, die bereits geschehen sind und mache dir nicht übermäßige Sorgen über die Zukunft
- Mit psychologischer Flexibilität kannst du auch die Auswirkungen negativer Gedanken und Emotionen reduzieren, die der Stärkung deiner Bindung mit deinem Partner im Wege stehen.
Für wen eignet sich das Buch von Russ Harris?
Nachfolgend findest du einige der potenziellen Leser, von denen Russ Harris glaubt, dass sie von seinem Buch profitieren können:
- Paare, die ihre Beziehung bereichern wollen.
- Menschen, denen es schwerfällt, Beziehungen aufzubauen, und die aus den Übungen des Buches lernen möchten.
- Diejenigen, die im Moment nicht in einer Beziehung sind, aber besser auf die Zukunft vorbereitet sein möchten.
- Professionelle Psychologen, die auf der Suche nach neuen Ideen für Paartherapiesitzungen sind.
Das Buch enthält eine Zusammenfassung der verschiedenen Einsatzbereiche der Akzeptanz- und Commitmenttherapie und gibt dir Hinweise, wie du diese in deine Beziehung integrieren kannst. Am Ende jedes Kapitels beschreibt Russ Harris eine Reihe von Aktivitäten für Paare und Therapeuten, die die Theorie in die Praxis umsetzen möchten.
Aber kein Buch ist ein Allheilmittel. Russ Harris schreibt über theoretische Konzepte und Techniken, mit denen sich romantische Beziehungen verbessern lassen. Einige dieser Strategien können für dich hilfreich sein, während andere nicht für dich funktionieren werden. Das alles hängt sehr stark von der Qualität deiner Beziehung ab und in welcher Phase du dich mit deinem Partner befindest.
Daher betrachtet Harris eine Trennung auch einfach nur als einen weiteren Prozess in Beziehungen. Dies ist ein weiterer Grund, warum wir empfehlen, dass jede Art von Intervention von einem erfahrenen Spezialisten überwacht und begleitet werden sollte.