Psychische Belastungen am Arbeitsplatz: Wenn die Arbeit krank macht
Die Arbeitsbelastung ist für viele sehr groß: Praktisch jeder Berufstätige erlebt Stress am Arbeitsplatz. In den meisten Fällen ist der Zeitdruck der auslösende Faktor, doch auch die Arbeitsatmosphäre, der Leistungsdruck, Angst um den Arbeitsplatz oder die ständige Erreichbarkeit führen zu Stress. 2021 erreichten die Krankheitsunfähigkeitstage aufgrund von psychischen Problemen einen Höchststand: Im DAK-Gesundheitsreport wurden 276 Fehltagen je 100 Versicherte gemeldet. Die höchsten Steigerungsraten sind bei Frauen ab 55 Jahren zu verzeichnen. Psychische Belastungen durchdringen alle Lebensbereiche und haben weitreichende Folgen.
Das ADP Research Institute veröffentlichte in seinem Bericht “People at Work 2022: A global workforce view” Daten aus 17 Ländern, die einen überraschenden Wandel am Arbeitsplatz aufzeigen: Arbeitskräfte denken immer mehr darüber nach, was sie sich vom Arbeitsplatz und von ihrem Leben erwarten. Bessere Bezahlung, größere Flexibilität, Unterstützung bei Herausforderungen, mehr Anerkennung oder bessere Aussichten sind Faktoren, die dabei eine entscheidende Rolle spielen. Erfüllende und flexible Arbeitsplätze sowie die Work-Life-Balance sind immer wichtiger.
Deutlich spürbar ist außerdem, dass die emotionalen Folgen der letzten Jahre und die aktuelle Wirtschaftslage die psychische Gesundheit zunehmend belasten. Rund ein Drittel der Erwachsenen gibt an, dass sich ihre Gesundheit seit März 2020 signifikant verschlechtert hat. Nicht nur gesundheitliche Ängste spielen dabei eine Rolle, auch die Ungewissheit belastet die Psyche stark.
“Managerkrankheit: eine Epidemie, die durch den Uhrzeiger hervorgerufen und durch den Terminkalender übertragen wird.”
John Steinbeck
Psychische Belastungen am Arbeitsplatz
Psychische Belastungen im beruflichen Umfeld reichen von Angststörungen und Depressionen bis zu posttraumatischen Belastungsstörungen und Süchten. Laut einer systematischen Überprüfung der Literatur, die in der Zeitschrift Occupational Medicine veröffentlicht wurde, sind Angststörungen und Depressionen die häufigsten psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz (Garety et al… 2017).
Angststörungen machen sich durch Symptome wie Herzklopfen, Schweißausbrüche und Zwangsgedanken bemerkbar, Depressionen werden unter anderem von Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Desinteresse und Erschöpfung begleitet. Eine im Journal of Occupational Health Psychology veröffentlichte Studie weist darauf hin, dass diese Probleme erhebliche Auswirkungen auf die Produktivität und das emotionale Wohlbefinden der Beschäftigten haben (Ferguson, 2015).
Auch Suchtverhalten ist häufig zu beobachten. Aus einer systematischen Übersichtsarbeit, die in der Fachzeitschrift Drug and Alcohol Dependence veröffentlicht wurde, geht hervor, dass Drogenmissbrauch die Produktivität, die Sicherheit am Arbeitsplatz und die psychische Gesundheit von Arbeitskräften gefährdet (Frone, 2016).
Stress, das große Übel der Zeit
Aus dem bereits zitierten Bericht “People at Work 2022: A global workforce view” geht hervor, dass Stress am Arbeitsplatz ein kritisches Niveau erreicht hat: 67 Prozent der Arbeitskräfte bestätigen, dass sie mindestens einmal pro Woche Stress erleben, in Deutschland sind es sogar 77 Prozent. Etwa 15 Prozent geben an, jeden Tag an Stress zu leiden. Die Folgen können tiefgreifend sein, da nicht nur berufliche, sondern auch andere Sorgen und Unsicherheiten psychisch sehr belastend sind. 53 Prozent der Befragten sind davon überzeugt, dass ihre Arbeit aufgrund ihrer schlechten psychischen Gesundheit leidet, wobei jüngere Arbeitskräfte am stärksten betroffen sind.
“Der größte Feind der Qualität ist die Eile.”
Henry Ford
Den Bedürfnissen der Arbeitskräfte eine Stimme geben
Einkommen und Arbeitszeit sind nicht mehr die einzigen Faktoren, die Arbeitende schätzen. Um die Zufriedenheit am Arbeitsplatz zu fördern, sind viele weitere Elemente nötig: Work-Life-Balance, persönliche Identifikation mit den Unternehmenswerten, Flexibilität, vielfältige Arbeitsaufgaben, Sicherheit, Offenheit für Ideen, Entwicklungsperspektiven, Fortbildungsmöglichkeiten oder ehrliche und offene Kommunikation sind insbesondere für junge Arbeitnehmer entscheidende Voraussetzungen.
Sicherheit, Freude an der Arbeit und persönliche Zufriedenheit am Arbeitsplatz spielen insbesondere für jüngere Arbeitnehmer eine wesentliche Rolle.
Vermehrte psychische Belastungen verlangen von den Arbeitgebern außerdem Initiativen wie Wohlfühltage, Pausen und Techniken zur Stressbewältigung, Beratung sowie andere Maßnahmen, um die psychische und die physische Gesundheit ihrer Arbeitskräfte zu begünstigen. Ein gesundes Betriebsklima ist eine wesentliche Voraussetzung – es trägt signifikant zum Erfolg eines Unternehmens bei. Viele größere Unternehmen haben deshalb einen Feel Good Manager, der sich um optimale Arbeitsbedingungen, eine positive Atmosphäre und den Zusammenhalt der Belegschaft kümmert.
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Gil Peñaranda, A. J. (2023). Estrés laboral: Impacto sobre la salud mental de los trabajadores durante la pandemia por Covid-19. https://repository.unicatolica.edu.co/handle/20.500.12237/2416
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People at Work 2022: A Global Workforce View. (2022, 29 abril). ADP Research Institute. https://www.adpri.org/assets/people-at-work-2022-a-global-workforce-view/
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Consejo General de la Psicología en España. (s. f.-b). Un informe pone de relieve el impacto negativo de los problemas de salud mental en el rendimiento laboral. www.infocoponline.es. https://www.infocop.es/view_article.asp?id=22704
- Ferguson, E. (2015). The effects of depression and anxiety on productivity: An evaluation using the Work Productivity and Activity Impairment questionnaire. Journal of Occupational Health Psychology, 20(2), 204-210.
- Frone, M. R. (2016). Prevalence and distribution of illicit drug use in the workforce and in the workplace: Findings and implications from a U.S. national survey. Drug and Alcohol Dependence, 165, 177-190.
- Garety, P. A., Freeman, D., Jolley, S., Dunn, G., Bebbington, P. E., Fowler, D. G., & Kuipers, E. (2017). Reasoning, emotions, and delusional conviction in psychosis. Journal of Abnormal Psychology, 126(1), 87-95.
- Vogt, D., Smith, B., & King, L. (2019). Chronic diseases and primary care: A coordinated care approach to improve health and wellness. Traumatology, 25(2), 85-90.